Nach auffälligen Kurssprüngen bei Börsenneulingen aus China hat die US-Börse Nasdaq geplante Vorhaben von vier anderen Firmen aus der Volksrepublik gestoppt. Der Wertpapier-Experte Douglas Ellenoff sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er sei von der Nasdaq informiert worden, dass bestimmte Börsengänge nicht zugelassen würden, bis klar sei, was hinter den Vorgängen bei einigen chinesischen Emittenten zu Jahresbeginn stecke. Damals hatten die Kurse von Börsen-Neulingen beim Debüt um bis zu 2000 Prozent zugelegt und waren dann wieder abgeschmiert. Dabei ging es um eher kleine Börsengänge (IPOs, Initial Public Offerings) mit einem Emissionswert von 50 Millionen Dollar oder weniger.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Der Finanzmarktplattform Dealogic zufolge gab es in diesem Jahr bei chinesische IPOs in den USA an deren ersten Handelstag einen durchschnittliche Kursanstieg von mehr als 400 Prozent - verglichen mit 68 Prozent für alle anderen Börsengänge. Zudem habe die Zahl kleinerer chinesischer IPOs in den USA deutlich zugelegt: In den letzten fünf Jahren habe es 57 davon gegeben, nach 17 in den fünf Jahren davor.

Verdacht auf «Pump and Dump»

Ein Banken-Insider sagte Reuters, die Nasdaq habe im September damit begonnen, Beratern kleiner chinesischer IPO-Kandidaten Fragen zu stellen. Dabei sei es um die Identität der Aktionäre, deren Wohnort, ihrem Investitionsvolumen und um die Frage gegangen, ob ihnen zinslose Kredite für eine Beteiligung angeboten worden seien. Welche Massnahmen die Nasdaq am Ende ergreifen werde, sei unklar. Auch sei offen, ob alle oder einige der jetzt gestoppten Börsengänge fortgesetzt werden dürften. Ein Sprecher der Nasdaq wollte sich dazu nicht äussern.

Mehrere Insider sagten Reuters, hinter den Kurssprüngen bei den IPOs zu Jahresbeginn stünden einige wenige Investoren aus Übersee, die ihre Identität verborgen hätten. Sie hätten die meisten Aktien aufgekauft und damit den Eindruck erweckt, dass die Papiere gefragt seien. Die US-Wertpapieraufsicht SEC und andere US-Behörden hätten aber bislang noch nicht von einer erfolgreichen Verfolgung eines solchen «Pump-and-Dump»-Falles berichtet, weil chinesische Unternehmen und ihre ausländischen Banker sie bisher im Geheimen durchgeführt hätten.

Grosse Versprechen chinesischer Firmen

Das Eingreifen der Nasdaq zeigt, dass die Standards noch Schlupflöcher haben, die die US-Börse in den vergangenen Jahren zur Abwehr von Manipulationen bei kleinen IPOs eingeführt hat. Danach muss ein Unternehmen, das an die Börse gehen will, mindestens 300 Investoren haben, die jeweils mindestens 100 Aktien halten, die zusammen mindestens 2500 Dollar wert sind.

Kleine chinesische Firmen streben Beobachtern zufolge an die Nasdaq und nicht an die New Yorker Börse, weil die Nasdaq traditionell als Handelsplatz für innovativer Tech-Startups gilt - und sich die Unternehmen damit schmücken möchten. Laut Jay Ritter, Börsenexperte und Professor an der University of Florida, sind fast alle dieser Microcap-Börsengänge Story-Aktien, bei denen versucht wird, unbedarfte Kleinanleger davon zu überzeugen, dass das neue Unternehmen ein Überflieger sei «und das nächste Facebook sein könnte». Welchen vier chinesischen Unternehmen die Nasdaq den Börsengang derzeit verwehrt, wollten die Insider nicht sagen.

Die Entwicklung zeigt laut Dan McClory, Chef des Bereichs Aktienmärkte beim Handelshaus Boustead Securities, die im Vergleich zu China lockeren IPO-Regeln in den USA. Den hier in Frage kommenden Unternehmen wäre es demnach «praktisch unmöglich, in China an die Börse zu gehen».

(reuters/gku)