Bilanz: Die UBS hat sich unlängst eine neue Struktur verpasst. Welche Auswirkungen hat das aufs Fondsgeschäft?
Heinz Hämmerli:
Das Fondsgeschäft wurde in der neuen Struktur vom Privatebanking ins Asset-Management überführt. Durch die Zusammenführung aller Vermögensverwaltungsaktivitäten unter einem Dach erwarten wir für den Bereich Anlagefonds interessante Synergien. Ich bin überzeugt, dass diese Lösung gut ist und dass wir uns als Servicedienstleister für die ganze Gruppe etablieren können. Wir wollen klar bevorzugter Anbieter für den Unternehmensbereich Schweiz bleiben und arbeiten in der Produkte- und Dienstleistungsentwicklung eng mit dem Vertriebskanal zusammen.

Auch bei der UBS besteht die Absicht, Drittfonds ins Angebot aufzunehmen. Damit erwächst Ihren Fonds im eigenen Vertriebskanal Konkurrenz.
Dafür fühlen wir uns gut gerüstet. Die paneuropäische E-Services-Initiative zielt darauf ab, auch Drittfonds in die Palette aufzunehmen. In der Schweiz verwaltet die UBS bereits heute Drittfonds im Wert von über zehn Milliarden Franken. Diese wurden allerdings nicht aktiv verkauft, weil uns bislang für die gute Beratung unserer Kunden über die Drittfonds nicht genügend Informationen und Transparenz zur Verfügung standen. Mittlerweile ist das anders. Die Fondsanbieter sind heute viel transparenter und bieten Wiederverkäufern einen besseren Service.

Die UBS-Fondspalette ist auch nach den jüngsten Bereinigungen noch sehr umfassend. Wo sehen Sie denn die Stärken dieser Palette?
International gibt es nur wenige Anbieter, die eine derart grosse Sortimentsbreite und -tiefe anbieten. Für mich ist aber nicht die Anzahl der Fonds entscheidend, sondern ob es gelingt, jedem Kundensegment eine massgeschneiderte Produkteauswahl zur Verfügung zu stellen. Die heute rund 160 Fonds sind längst nicht für alle Kundengruppen geeignet. Im Rahmen der paneuropäischen Expansion werden wir auf unsere gut etablierte Marke setzen können. Untersuchungen zeigen, dass wir in Europa über eine der stärksten Brands verfügen. Darauf müssen wir bauen.

Heute wird für die Kunden eine gute Performance immer wichtiger. Insbesondere im Bereich der Strategiefonds waren die Leistungen der UBS-Fonds in den letzten beiden Jahren wenig berauschend. Kriegen Sie dieses Problem in den Griff?
Es stimmt, dass wir bei den Strategiefonds schlechter abgeschnitten haben, weil unsere Strategen – nicht zu Unrecht übrigens – von überbewerteten Aktienmärkten ausgegangen sind. In diesem Zusammenhang wurden die boomenden Technologietitel nicht genügend berücksichtigt. Das hat uns im Vergleich zur Konkurrenz Performance gekostet. Wir haben die nötigen Massnahmen eingeleitet, und diese tragen schon erste Früchte. Es wäre allerdings im gegenwärtig sehr schwankungsanfälligen Umfeld voreilig, die neutrale Aktienquote in der Anlagestrategie heraufzufahren. Bei Aktien- und Obligationenfonds sind wir zufrieden mit der Leistung. Das zeigen auch die Preisauszeichnungen, die wir eingeheimst haben.

Die Kunden werden nicht nur performanceorientierter, sondern auch aktiver. In Ihrem eigenen Haus macht UBS Warburg Tempo und reagiert mit strukturierten Kapitalmarktprodukten wie Indexzertifikaten schnell auf Trends; sie buhlt damit um die gleichen Kunden wie Sie. Können Sie da angesichts der vielen Auflagen im Fondsgeschäft überhaupt mit den Kundenbedürfnissen mithalten?
Wir und die Kollegen von UBS Warburg bemühen uns gleichermassen darum, den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden. Aber die Zertifikate richten sich nicht unbedingt an die gleichen Anleger wie die Fonds. Es ist die Aufgabe des Kundenberaters, dem Kunden die richtigen Instrumente zu empfehlen.

Die dynamischere Produktentwicklung wird allerdings auch das Fondsgeschäft unter Druck setzen.
Das Fondsgeschäft befindet sich in einem Innovationsschub. So könnten zum Beispiel so genannte Exchange Traded Funds (ETF) sowohl für strukturierte Kapitalmarktprodukte als auch für die herkömmlichen Fonds dereinst eine grosse Herausforderung werden. Solche Fonds gibt es in den USA seit 1994. ETF basieren auf Fonds, die im Rahmen einer globalen Zertifizierung als Aktien verbucht werden, die zu jederzeit transparenten Preisen an der Börse gehandelt werden können. Das entspricht eigentlich der besten aller Welten, nämlich einer Kombination des etablierten Fondsgedankens mit neuesten technischen Errungenschaften sowie allen Vorteilen des Börsenhandels. Diese Entwicklung spiegelt den Trend zu einer fortschrittlichen Aktienkultur in der Anlegerschaft. Wir schauen uns diese Entwicklung sehr genau an.

Angesichts der Produktevielfalt ist Innovation ein wichtiges Merkmal für die Fondsgesellschaften geworden. Viele Privatbanken haben in den letzten Monaten Themen- und Branchenfonds lanciert. Um die UBS war es diesbezüglich eher still.
Wir haben schon vor drei, vier Jahren die ersten Sektorfonds aufgelegt und insofern als Trendsetter agiert. Allerdings muss man sich bei den Neulancierungen immer auch fragen, inwieweit diese nicht nur Marketing- sondern auch langfristigen Anlageüberlegungen standhalten.

Derzeit werden zuhauf so genannte E-Fonds lanciert. Bleiben Ihnen diese Instrumente auf Grund des Substanzwertansatzes, der im Hause UBS gepflegt wird, verwehrt?
Nein, diese Entwicklung ist eine Tatsache, an der man nicht vorbeikommt. In eine ähnliche Richtung zielt ja unser bereits 1997 lancierter Technologiefonds. Ausserdem kamen wir soeben mit einem Fonds auf den Markt, der in die Aktien der neuen Märkte, vorwiegend in Deutschland, investiert. Innerhalb der Zeichnungsfrist flossen über eine Milliarde Franken Anlagegelder in diesen Fonds. Das erachten wir als Riesenerfolg. Daraus erwächst uns aber angesichts der Turbulenzen an solchen Märkten auch eine grosse Verantwortung. Wir sind jedoch überzeugt, dass sich dieses Segment langfristig als attraktive Portfolioergänzung etablieren wird. Zentral bleibt für uns beim Entscheid für Neulancierungen immer, ob das neue Produkt sinnvoll in eine bestehende oder zukünftige Anlagestrategie einfliessen kann.

Sie haben den Marketingaspekt angesprochen. Kommt da nicht eine neue Überforderung auf die Anleger zu?
Das Fondsgeschäft hat naturgemäss eine starke emotionale Komponente. Die Anleger fühlen sich deshalb von attraktiven Themen und Trends angesprochen, und das wird seitens der Fondsgesellschaften zu weiteren Initiativen führen. Neben Themen- und Sektorenfonds werden wir auch konzentrierte Fonds sehen, die nur noch in wenige, ausgewählte Titel investieren und damit ein ganz klares Profil erhalten. Damit kommen wir der Kritik entgegen, Fonds seien anonyme Vehikel.

Die moderne Informationstechnologie sollte es doch längst möglich machen, aus standardisierten Produkten massgeschneiderte Lösungen für die einzelnen Kundenbedürfnisse und Lebenszyklen zu entwickeln.
Auf der Herstellungsseite müssen wir sicherstellen, dass wir möglichst flexible Produkte gestalten können. Als Vision kann ich mir vorstellen, dass alle Anlegertypen über eine eigene Fondsgestaltung befinden können.

Im UBS-Fondskonto kann der Anleger schon heute sein eigenes Paket schnüren. Das müsste generell möglich sein.
Ja, das stimmt. Ich bin sicher, dass wir noch weiter in diese Richtung gehen werden. So arbeiten wir gegenwärtig an Produkten mit Lebenszykluscharakter. Allerdings gibt es dort noch einige Knackpunkte. Ob nämlich ein älterer Anleger tatsächlich weniger Aktien im Depot halten sollte, wie dies meist empfohlen wird, ist wissenschaftlich umstritten. Es gibt durchaus Situationen, in denen sich auch bei älteren Menschen ein hoher Aktienanteil aufdrängt. Möglicherweise können wir schon im laufenden Jahr mit der Lösung solcher Fragestellungen aufwarten.

Die Konkurrenz wird immer grösser. Plant die UBS angesichts der doch erheblichen Marktanteilsverluste in der Schweiz die Erschliessung neuer Vertriebskanäle?
Zweifellos haben wir in der Schweiz Marktanteile verloren. Allerdings sind die statistischen Erhebungsprobleme erheblich. Wir haben übrigens nach der Fusion – angesichts eines Marktanteils von 55 Prozent – nie etwas anderes erwartet. Gleichzeitig propagieren heute immer mehr Banken Anlagefonds als vermögensbildende Instrumente, und zahlreiche neue in- und ausländische Anbieter sind auf den Markt gekommen. Wir setzen deshalb nicht nur auf den hauseigenen Vertriebskanal, sondern – im Rahmen einer diversifizierten Vertriebsstrategie – auch auf ausgewählte externe Partner. Da wird uns unsere breite Palette und der gut eingeführte Name zum Vorteil gereichen. Im Übrigen konnten wir unseren Marktanteil in Europa in den letzten fünf Jahren steigern und sind der führende Anbieter.

Die neue UBS-Struktur müsste Ihnen dabei helfen.
Während die UBS unser wichtigster Kunde bleibt und intensiv betreut wird, erleichtert die Positionierung innerhalb des UBS Asset-Managements die Erschliessung zusätzlicher Vertriebspartner.

In der Fondslandschaft zeichnet sich mit dem Markteintritt neuer Anbieter und dem Internet eine Fragmentierung ab. Wird die Qualität der Beratung inskünftig entscheiden, zu welchem Anbieter der Kunde geht?
Die Kommunikationsbedürfnisse der Kunden werden sicher zunehmen und dürften auch individueller werden. Beratungstools werden deshalb an Bedeutung gewinnen. Und dies auf den drei Schienen persönliche Beratung, Telefon und Internet. Die Wahl trifft der Kunde.

Im Internet-Zeitalter ist jetzt auch der Kampf um die unabhängigen Vermögensverwalter entbrannt. Wie sehen Sie die Rolle der UBS im Business-to-Business-Bereich?
Das ist unser eigentliches Kerngeschäft. Wir werden noch in diesem Jahr mit einer Internetplattform für eigene und fremde Vermittler an den Markt treten. Da gibt es noch viel Fantasie und Gestaltungsraum. So gibt es zahlreiche Unternehmen, die einen riesigen Kundenstamm haben, den sie eigentlich auch mit Finanzprodukten bedienen könnten. Für solche Firmen wird unsere Plattform eine grosse Einstiegshilfe sein.

Das klingt immer noch stark nach Wachstumsgeschäft. Experten erwarten aber eine Konsolidierung in der Branche.
In der Abwicklung und Verarbeitung wird es zwangsläufig zu einer Konsolidierungswelle kommen. An den etablierten Fondsadministrationszentren kann der Trend zu vermehrter Auslagerung bereits beobachtet werden. Die Fondsgesellschaften kümmern sich vermehrt nur noch um die Entwicklung, die Vermarktung und den Vertrieb von Fonds. An der Kundenfront hingegen werden sich auch inskünftig noch neue Anbieter einen Platz suchen. Deshalb bauen wir unser Business-to-Business-Geschäft weiter aus.

Damit wird der Dschungel an Anbietern und Produkten also noch grösser.
Ja. Das Kundenverhalten wird sich aber ändern. Dank Internet sind die Kunden heute zumindest theoretisch auf dem gleichen Informationsstand wie die Kundenberater und stellen zunehmend höhere Anforderungen. Das wird uns sicher auf Trab halten und die interne Innovation weiter fördern. Der Kunde wird in den nächsten Jahren ganz klar König sein.
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