Die Kryptowährung Bitcoin wird in manchen Kreisen gerne als «neues Gold» bezeichnet – wie das Edelmetall soll sich Bitcoin als sichere Anlage in der Krise eignen. Halten Sie den Vergleich für angebracht?
Digitale Zahlungssysteme, die auf Blockchains basieren, sind grundsätzlich interessant, weil sie auf lange Sicht die Möglichkeit bieten, den weltweiten Zahlungsverkehr sicherer, dezentraler und effizienter zu gestalten.

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Bis es so weit ist, müssen allerdings noch eine Reihe von technischen und regulatorischen Probleme gelöst werden und dies dürfte dauern. Der Bitcoin ist bis auf Weiteres ganz bestimmt keine sichere Anlage, sondern vielmehr ein extrem volatiles Spekulationsobjekt.

Diese extreme Volatilität macht den Bitcoin vorerst sowohl als Zahlungs- als auch als Wertaufbewahrungsmittel völlig ungeeignet.

Patrick Lang Julius Bär Börseninterview

Patrik Lang ist Leiter Aktien & globale Aktienstrategie bei der Bank Julius Bär.

Quelle: ZVG

Welche Haltung vertreten Sie gegenüber der Aktie von Apple? Der iPhone-Hersteller macht derzeit durch seine Pläne für einen Einstieg in den Automarkt von sich reden.
Wie fast alle Aktien, deren Geschäftsmodell auch im Lockdown ohne grössere Einschränkung funktioniert, ist die Apple-Aktie sportlich bewertet.

Das Wachstum, welches wir dieses Jahr und darüber hinaus erwarten, rechtfertigt diese Bewertung nur zum Teil. Von daher sehen wir für die Apple-Aktien derzeit nicht mehr viel Potenzial.

Das Autogeschäft hat für Apple wohl vor allem strategischen Charakter. Die Profitabilität und auch das Wachstum liegt im Autosektor deutlich unter dem Niveau, das Apple im Kerngeschäft erzielt.

Wir gehen nicht davon aus, dass sich der Einstieg von Apple ins Autogeschäft positiv auf die Bewertung der Aktie auswirkt. Apple dürfte aber vorerst nur ein kleiner Spieler im Automarkt bleiben und somit ist fraglich, ob das Geschäft überhaupt spürbare Auswirkung auf die Aktienkursentwicklung haben wird.

«Apple dürfte vorerst nur ein kleiner Spieler im Automarkt bleiben.»

Das Börsenjahr 2021 ist noch jung – welchen Schweizer Titeln trauen Sie heuer eine besonders starke Entwicklung zu?
Georg Fischer ist gut für einen Aufschwung positioniert und bietet ein attraktives Risiko-Chancenprofil. Die Gruppe ist gut auf strukturelle Wachstumsmärkte ausgerichtet.

Helvetia wurde 2020 wegen der ungewohnten Verbuchungsweise von Aktienanlagen und eines missratenen IT Projekts abgestraft. Hingegen ist das operative Geschäft grundsolide.

LafargeHolcim profitiert von einer robusten Bauindustrie. Zusätzlich wurde die Kostenbasis erfolgreich gesenkt und die Ertragskraft deutlich gesteigert.

Bei Roche hat die Umsatzentwicklung bei neuen und innovativen Medikamenten über die letzten Quartale hat gezeigt, dass der Konzern dem Konkurrenzdruck durch Biosimilars standhalten kann.

Ein anderer konjunktursensitiver Wert, den wir mögen, ist Schindler. Die Aufzugsbranche hat sich von der Covid-19-Krise erholt. Wir gehen für 2021 von einer weiteren Erholung aus.

Blicken wir auf das allgemeine Börsengeschehen: Wie stark beschäftigt die Corona-Krise die Finanzmärkte?
Die Pandemie ist weiterhin das beherrschende Thema an den Börsen. Nachdem im vergangenen Jahr lange die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdowns im Vordergrund standen, ist mittlerweile eindeutig die Perspektive einer starken wirtschaftlichen Erholung im Anschluss an die Pandemie in den Blickpunkt geraten.

Tatsächlich gibt es Anzeichen für eine sehr kräftige Erholung, die kurzfristig sogar in eine Überhitzung münden könnte. Die Notenbanken haben alle Schleusen geöffnet und die von den Regierungen aufgelegten Hilfsprogramme übersteigen alles bisher Dagewesene.

Gleichzeitig sind die Sparquoten in der Krise auf Rekordstände gestiegen. Eine kurzfristige konjunkturelle Überhitzung erscheint vor diesem Hintergrund nicht unwahrscheinlich.

Die Märkte haben begonnen, dieses Szenario in die Kurse einzuarbeiten. Die Inflationserwartungen haben deutlich angezogen, und an den Anleihemärkten steigen die Zinsen wieder.

Dieser Prozess wird wohl noch einige Monate andauern. Man muss die Entwicklung im Auge behalten, aber bisher würden wir diese Bewegungen als Normalisierung beschreiben.

Immer mehr Stimmen in den Wirtschaftswissenschaften warnen vor rasch ansteigender Inflation, falls die Weltwirtschaft nach dem Abklingen der Pandemie sehr stark wächst. Welche Sicht vertreten Sie – sollten sich Anlegerinnen und Anleger jetzt gegen Inflation wappnen?
Über die kommenden Monate sehen wir tatsächlich ein erhöhtes Risiko für einen überraschend starken Inflationsanstieg. Sowohl die Geldmengenentwicklung als auch die Kapazitätsauslastung der Unternehmen deuten darauf hin.

Die hohen Sparquoten der Privathaushalte können nach der Pandemie zu einem Run auf gewisse Produkte und Dienstleistungen führen. Dies wird vermutlich in einigen Bereichen zu kräftigen Preiserhöhungen führen. Denken sie etwa an Frisöre oder an Hotels.

Es wird weitere Branchen geben, die nicht zögern werden, Preiserhöhungsspielräume zu nutzen, sobald sie sich ergeben. Dabei sollte es sich aber insgesamt um einen temporären Effekt handeln.

Bis auf Weiteres bieten zyklische Qualitätsaktien durchaus Schutz für eine steigende Inflation von niedrigem Niveau. Vor allem die nach wie vor recht unbeliebten Finanzaktien haben in diesem Umfeld noch Potenzial.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Wir halten Aktien weiterhin für attraktiv, und das gilt grundsätzlich auch für Schweizer Aktien. In einem Umfeld, dass durch eine anziehende Konjunktur, steigende Inflationserwartungen und anziehenden Zinsen geprägt ist, sind allerdings vor allem konjunktursensitive Aktien gefragt.

Der SMI dürfte sich deshalb vorerst unterdurchschnittlich entwickeln, aber wir sehen auch in der Schweiz eine Reihe von Aktien mit überdurchschnittlichem Potenzial.

Wo steht der SMI in 12 Monaten?
Wir sehen den SMI in 12 Monaten bei 11'000 Punkten.

Das Interview wurde schriftlich geführt.