Novartis-Aktionäre haben derzeit wenig zu lachen. Abgesehen von kurzen Erholungsphasen hat der Valor des Pharmariesen mit Sitz in Basel in den vergangenen Monaten einen stetigen Kursverlust verzeichnet: In den zurückliegenden vier Wochen ging es um 8,5 Prozent abwärts, über ein Jahr betrachtet sackte der Kurs gar um 24 Prozent nach unten. Die fortwährende Talfahrt des Titels belastete zuletzt immer wieder auch den Schweizer Gesamt-Aktienmarkt. Novartis zählt zu den Schwergewichten des Leitindex SMI.
Grund für das Desinteresse der Anleger dürfte die Unsicherheit rund um die Zukunft des Pharmakonzerns sein. Nicht nur mässige Quartalszahlen wirken abschreckend. Bei Novartis zeichnet sich auch ein einschneidender Konzernumbau ab, dessen Folgen noch niemand abschätzen kann. Immerhin: Analysten sind überwiegend positiv gestimmt: Viele empfehlen die Aktie zum Kauf oder raten zum Halten des Titels.
Erwartungen übertroffen mit rückgehenden Zahlen
Vor gut vier Wochen hat Novartis seinen Zahlenkranz für das dritte Quartal 2016 vorgelegt. Zwar gelang es, die Erwartungen der Analysten sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn zu übertreffen – beide sanken aber. Schlimmeres verhinderte wohl hauptsächlich das Geschäft mit dem Krebsmedikament Glivec. Andere Schlüsselpräparate konnten dagegen nicht überzeugen. Gleiches gilt für die Firmentöchter Alcon und Sandoz. Insgesamt ging der Reingewinn im Kerngeschäft im dritten Quartal um vier Prozent auf 2,94 Milliarden US-Dollar zurück. Analysten hatten mit einem noch schlechteren Ergebnis gerechnet.
Unklar ist, wie der Gesamtkonzern Novartis künftig aufgestellt sein wird: Der jüngste Kurswechsel des Unternehmens liegt gerade einmal etwas mehr als zwei Jahre zurück, nun kursieren erneut Gerüchte über mögliche Verkaufskandidaten im Novartis-Portfolio. So schliesst der Konzern einen Verkauf der im Jahr 2010 von Nestlé übernommenen Augenheilsparte Alcon nicht aus. Zudem prüft Novartis den Verkauf der Medikamente Ritalin, Clozaril und Exelon. Mit den Präparaten lassen sich Aufmerksamkeitsdefizite und Hyperaktivität, Schizophrenie beziehungsweise die Alzheimer-Krankheit behandeln.
Novartis will das Geschäft mit solchen Arzneien verkleinern, um an anderer Stelle zuzukaufen. Etwa im Hämatologie-Geschäft mit Medikamenten gegen Blutkrankheiten: Novartis übernimmt die US-Biotechnologiefirma Selexys Pharmaceuticals. Schon in der Vergangenheit veräusserte Novartis die kleinen und renditeschwachen Sparten Impfstoffe, rezeptfreie Medikamente und Tiermedizin an die Konkurrenten GlaxoSmithKline und Eli Lilly.
Bewährungsprobe für neue Arzneien
Noch ist über den Verkauf von Alcon nicht entschieden. Würde Novartis die Sparte tatsächlich veräussern, würde der Konzern sich noch stärker auf das renditestarke Pharmageschäft konzentrieren. Indes drohen bei etablierten Novartis-Arzneien Umsatzeinbussen, weil Patente ablaufen. Neue Arzneien, die die Verluste auffangen könnten, müssen sich erst noch bewähren.
Analysten gehen davon aus, dass das langfristig gelingen wird: So rät etwa Richard Vosser, Analyst der US-Investmentbank J.P. Morgan, weiterhin zum Kauf der Novartis-Aktie. Vor allem positive Studiendaten für das Migräne-Medikament Erenumab stimmen ihn optimistisch. Novartis und sein US-Partner Amgen wollen im kommenden Jahr den Antrag auf Zulassung für das Medikament stellen.
Optimismus ist gefragt
Auch Lorenzo Biasio, Analyst der Credit Suisse, hält den Valor für einen Kauf. «Uns gefallen weiter die mittelfristigen Wachstumsprognosen der Novartis-Medikamente Cosentyx und Entresto», sagt Biasio. Die Vorsicht des Managements für die Erträge des Jahres 2017 sei jedoch «enttäuschend». Der Analyst sieht ein Kursziel von 92 Franken. Aktuell besteht gemäss Biasio demnach ein Aufwärtspotenzial von 25 Prozent (Stand 24.11.).
Wer davon ausgeht, dass Novartis nach den Umbauten wieder in die Spur kommt, kann den Valor jetzt also vergleichsweise günstig erwerben. Er sollte aber Geduld mitbringen – und eine gute Portion Optimismus.
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