Nach jahrelangem Hin und Her hat Novartis ihre Augenheilsparte Alcon abgespaltet und an die Börse gebracht. Nicht nur die Aktionäre, auch das Duo an der Spitze des Basler Pharmakonzerns, CEO Vasant Narasimhan (43) und VR-Präsident Jörg Reinhardt (63), ist erleichtert. Doch während Alcon sich in den ersten Handelstagen gut schlugen, gerieten Novartis unter Abgabedruck – nach der Kursbereinigung des Alcon-Abgangs, wohlgemerkt.
Dabei ist für das Unternehmen ein neues Zeitalter angebrochen. Novartis ist nun ausschliesslich ein Pharmakonzern. Dennoch sind viele Anleger verunsichert. Offen ist, was mit Sandoz geschieht. Die Generika-Tochter kämpft gegen erodierende Margen. Falls die dagegen ergriffenen Massnahmen wenig fruchten, droht auch hier die Abspaltung.
Noch mehr zu reden geben auslaufende Patente. Unbegründete Ängste, denn die innovative Firma wird über die nächsten zwei Jahre bis zu zehn neue Medikamente mit Blockbusterpotenzial lancieren. Zudem will Narasimhan, der in seinem ersten Jahr als Chef kräftig umgebaut hat, die Fokussierung vorantreiben. Er kauft laufend für zig Milliarden Konkurrenten und damit Arzneien und neue Therapien ein.
Die Aktien sind mit einem für dieses Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15,7 günstig bewertet. Attraktiv ist ebenso die für einen Wachstumswert hohe Dividendenrendite von 3,5 Prozent. Und der CEO stellt weitere Erhöhungen in Aussicht. Für mich sind Novartis ein Must.
Wenig Spannung Landis + Gyr
Frohsinn unter den Aktionären verbreiten will Landis + Gyr. So wurden ambitiöse mittelfristige Umsatz- und Ertragsziele veröffentlicht, die von einem 100 Millionen Franken schweren Aktienrückkaufprogramm flankiert werden. Zudem soll die Dividendenpolitik sehr grosszügig gehalten werden. Zwar hat dies den Aktienkurs dieses Jahr um 25 Prozent in die Höhe getrieben. Dennoch notieren die Papiere des Anbieters von Energiemanagement-Lösungen immer noch deutlich unter dem Emissionspreis, der im Juli 2017 bei der Rückkehr an den Aktienmarkt kassiert wurde.
Der Zuger Konzern leidet unter schwachen Erträgen. Vor allem in Europa, Nahost und Afrika sind die Gewinne mickrig. Da läuft das Geschäft mit Stromzählern zwar relativ gut, die zukunftsträchtigen Gebiete Stromnetzmanagement sowie smarte Strominfrastruktur dagegen lassen zu wünschen übrig. Und genau diese Umstellung, von simplen Messgeräten hin zum Energiemanagement, ist entscheidend für die Zukunft von Landis + Gyr. Doch bis dahin wird noch viel Strom durch die Zähler fliessen. Vorderhand lasse ich die Aktien links liegen.
Santhera – ein heisser Ritt
Ein Leser schreibt mir: «Ein Kollege aus der Bankenszene hat mir von Santhera Pharmaceuticals erzählt. Nach einigen Recherchen finde ich die Firma interessant. Wie schätzen Sie diesen wohl heissen Ritt ein?» Genau so: ein heisser Ritt. Die Aktien des auf neuromuskuläre Erkrankungen spezialisierten Pharmaunternehmens machen durch heftigste Kursausschläge auf sich aufmerksam. Waren die Titel 2015 noch auf ein Höchst von 134 Franken geklettert, sackten sie bis Februar dieses Jahres auf unter 6 Franken ab. Als die Firma bekannt gab, eine Studie habe die Langzeitwirksamkeit von Idebenone erwiesen, explodierten die Valoren innert zweier Handelstage um über 200 Prozent.
Allerdings ist der Weg bis zur Marktreife des Mittels gegen die Muskelschwund-Erkrankung DMD noch lang – und teuer. Immerhin hat sich Santhera, die hohe Verluste schreibt, über diverse Aktionen wieder etwas finanziellen Spielraum verschafft. Bald schon will CEO Thomas Meier (56) in Europa die Zulassung für Puldysa einreichen, ein Medikament gegen Atemprobleme bei DMD-Patienten. Derselbe Wirkstoff wird unter dem Markennamen Raxone bereits gegen Augenleiden eingesetzt. Ausserdem sind weitere Ergebnisse von Studien zu erwarten.
Ein Engagement ist eine interessante, aber heisse Spekulation: Sind die Medikamente gegen die seltene Krankheit DMD erfolgreich, winken riesige Kursgewinne – falls nicht, gibt es gegen unten kein Halten.
Hohe Dynamik bei Straumann
Eines der wachstumsstärksten Schweizer Unternehmen ist fraglos Straumann. Alleine über die letzten drei Jahre ist der Hersteller von Zahnimplantaten im Durchschnitt um gegen 20 Prozent gewachsen – notabene primär aus eigener Kraft. Dabei konnten die Margen gehalten werden.
Marco Gadola, der erfolgreiche Chef des Dentalkonzerns Straumann, gibt seinen Job freiwillig auf. Warum beschreibt Redaktor Dirk Ruschmann hier.
Auch der Ausblick ist erfreulich: Das von Marco Gadola (55) geleitete Unternehmen, das als Nummer eins der Branche nicht weniger als ein Viertel des Weltmarktes beherrscht, dürfte über die nächsten fünf Jahre organisch beim Umsatz zwischen 12 und 16 Prozent zulegen. Dafür sorgt nicht zuletzt die Strategie, eine breite Produktpalette rund um Dentalimplantate anzubieten. «Alles aus einer Hand» scheint beim Konsumenten Anklang zu finden.
Ertragsstarkes Wachstum gleich hohe Aktienkurse: Diese Gleichung stimmt gerade bei Straumann. Die Papiere notieren auf historischem Höchst. Das für 2019 geschätzte KGV von 39 ist denn auch extrem hoch. Mit 0,6 Prozent kann die Dividendenrendite ebenso wenig begeistern. Trotz saftiger Erträge schüttet Straumann gerade mal 30 Prozent des Reingewinns aus. So blendend die Zukunft ist: Die Aktien der Medtechfirma eignen sich nur für langfristig denkende Anleger.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch.