Mit dem Börsengang der Sneaker-Marke On Running steigt das Interesse an international kotierten Schweizer Unternehmen.
On, das die in der Schweiz schon allgegenwärtigen Laufschuhe mit den «rigatoni-förmigen» Sohlensegmenten herstellt, will ab nächstem Mittwoch über das Parkett der New Yorker Börse tippeln – unterstützt vom prominenten Mitaktionär Roger Federer.
Auch die St. Galler Sportdatenfirma Sportradar steht unmittelbar vor ihrem US-Börsengang.
An ausländischen Börsen werden mittlerweile die Aktien einiger Firmen gehandelt, deren Wurzeln in der Schweiz liegen. Häufig sind dies Biotechfirmen, die vor allem in den USA ein auf die Branche zugeschnittenes Umfeld suchen. Auch Tech-Start-ups suchen sich öfter ein Listing im Ausland.
Vor dem On-Börsengang gibt es kontroverse Meinungen zu Bewertung und Marktchancen des Unternehmens. Start-ups, Biotech-Firmen und Tech-Spin-Offs von Hochschulen sind in aller Regel zunächst spekulative Investments. Sie wachsen stark, müssen ihre Geschäftsmodelle oft noch ausbalancieren, und Gewinn kommt meistens noch keiner herein. Auch so etwas wie Dividende sollte man zunächst nicht erwarten.
Ein oft beobachtetes Muster ist zudem: Das Interesse an der Zeichnung ist beim Börsengang sehr hoch und der Kurs schnellt nach oben. Dann setzen Gewinnmitnahmen ein, gefolgt von einer langen Phase einer relativ gedämpften Kursentwicklung.
Nur: Zukunftstechnologien als Börseninvestment von vornherein zu verschmähen, kann sich heute renditetechnisch als sträfliche Unterlassung erweisen. Und Einsteige machen ja vor allem auch mittel- und langfristig Sinn. Daher stellt cash.ch vier international kotierte Schweizer Unternehmen vor, die für Anlegerinnen und Anleger mindestens einen Blick wert sind.
Schafe beobachten mit Nano-Satelliten: Astrocast
Astrocast, ein Spin-Off der ETH Lausanne (EPFL), will die Abdeckung mit Funknetzen auf der Erdoberfläche dramatisch verbessern: Diese beträgt mit den gängigen Mobilstandards im Moment nur 10 Prozent.
Dazu hat Astrocast bereits erste Nano-Satelliten ins All schiessen lassen. Kunden, die Tierherden, Ölpipelines oder Logistikrouten überwachen wollen, sollen von Stationen überall auf der Welt über diese Satelliten ihre Assets überwachen und steuern können. Astrocast ist gewissermassen ein Telekomunternehmen im All, das mit Gebühren Umsatz erwirtschaftet.
Der Astocast-Schirm in der Umlaufbahn ist Teil des Internet of Things (IoT) und soll bis in etwa drei Jahren 100 Satelliten umfassen. Dann soll auch der Break-Even beim Ebitda erreicht sein.
Astrocast ist bereits deutlich gewachsen. Von sieben Mitarbeitern 2017 ist deren Zahl auf 71 angestiegen. Seit 25. August handeln die Astrocast-Aktien an der Börse Euronext Growth in Oslo - in Skandinavien sitzen einige der Firmen, die sich bereits für Astrocast interessieren. Den Kurs der Aktie katapultierte es nach dem Direct Listing auf über 100 Norwegische Kronen. Inzwischen wird die Aktie für die Hälfte davon gehandelt.
Wer in die Astrocast-Aktie investieren will, muss von der Wachstumsstory überzeugt sein. Faszinierend ist sie auf jeden Fall. Mit an Bord als Investoren der ersten Stunde sind der Datenkonzern Palantir und die Risikokapitalgesellschaft Airbus Ventures.
Mehr als nur Virenschutz: HeiQ
Corona hat HeiQ bekannter gemacht. Das 2005 gegründete ETH-Spin-Off forscht in der Anti-Viren-Technologie und bot bald nach dem Ausbruch der Pandemiekrise Gesichtsmasken mit antiviral wirkenden Textilien an. HeiQ steht in Konkurrenz mit grossen Chemiekonzernen und versieht Kleidung, Schutzausrüstung oder textile Oberflächen neben Virenschutz mit Eigenschaften wie Wärmemanagement oder Geruchsdämmung. Die HeiQ-Technologien sind breit einsetzbar.
HeiQ nutzte im Dezember 2020 den etwas umstrittenen Weg über einen SPAC-Mantel, um in London an die Börse zu kommen. Der Kurs schnellte sehr schnell auf 250 Pence hoch, spürte danach Gewinnmitnahmen und hat seitdem deutlich verloren. Die Aktie handelt derzeit für 135 Pence. Glaubt man zwei Analysten kleinerer britischer Broker, die Ratings ausstehen haben, wird sich der Kurs innerhalb von zwölf Monaten auf den bisherigen Höchststand zurückentwickeln.
Wirkstoffe gegen neurodegenative Erkrankungen: AC Immune
Die Aktie von AC Immune aus Lausanne erlebte Ende August an der biotechlastigen US-Börse Nasdaq einen Spike von kurzzeitig 75 Prozent. Grund war eine erfolgreiche Phase-II-Studie mit dem Wirkstoff Semorinemab zur Bekämpfung von Alzheimer. Dort arbeitet AC Immune übrigens auch mit Roche zusammen.
Dass der Kurs kurz danach wieder auf sein vorheriges Niveau zurückfiel, zeigt einmal mehr, wie unsicher Biotech-Unternehmen an der Börse sind. Ein nächster, notwendiger Schritt in der Alzheimer-Forschung von AC Immune wäre ein primärer Endpunkt mit Semorinemab. Es lässt sich schwer voraussagen, ob dies eintreffen wird: AC Immune ist etwas für Anlegerinnen und Anleger, die bewusst spekulieren wollen.
Das Gebiet, nämlich Wirkstoffe, welche die Rückbildung von Nervenzellen bei Menschen bekämpfen, ist allerdings hochinteressant. Die bei Bloomberg aufgeführten Kursziele suggerieren eine Verdoppelung des Kurses von aktuell 7,15 Dollar.
Mit Medtech gegen Massenleiden: Implantica
Das aus Zug stammende Medtech-Unternehmen Implantica hat ein smartes Implantat für die Speiseröhre entwickelt, das Reflux-Probleme bekämpft. Dieses wird auch bereits von Spitälern eingesetzt. Der Börsengang bei der Nasdaq-Zweigstelle in Stockholm vor einem Jahr sollte dazu dienen, auch zwei weitere Produktentwicklungen bei Harninkontinenz und Übergewicht zu finanzieren.
Im Aktionariat von Implantica finden sich mehrere grosse skandinavische Banken. Wie immer bestehen bei sehr spezialisierten Medtech-Unternehmen Risiken. Ein wichtiger Punkt ist: Implantica zielt auf Leiden, die es breit in der Bevölkerung gibt. Nachdem der Kurs bis Mai auf 172,10 Schwedische Kronen angestiegen war, ist er seitdem auf etwas über 100 Kronen gesunken. Für Risikofreudige ist dies durchaus eine Einstiegsgelegenheit.
Dieser Artikel erschien zuerst bei cash.ch mit dem Titel «Mehr als nur On: Vier Schweizer Zukunfts-Unternehmen, die im Ausland kotiert sind»