Das ist echt nervend, erklärt aber gut, weshalb immer weniger Anleger Aktien halten. Alleine in diesem Jahr ist der SMI bereits viermal ganz schnell innerhalb weniger Tage oder Wochen um fünf bis zehn Prozent nach unten weggerutscht. Und in den letzten fünf Jahren gab es rund zwei Dutzend solcher Rückschläge. Solche Korrekturen vertreiben jedes Mal weitere Aktionäre für immer oder zumindest für längere Zeit von der Börse. Zwar haben sich die Kurse von solchen Verlusten dann immer auch wieder mehr oder weniger schnell erholt, doch viele Anleger haben einfach keine Lust mehr auf diesen Schwankungs-Stress.
Börsen- und Aktienabstinenz muss aber gar nicht sein! Anleger, die weniger Aufregung aber trotzdem die Chancen von Aktien und damit schöne Kursgewinne wollen, sollten sich einmal den Kursverlauf von ausserbörslichen Titel ansehen.
Ausserbörsliche Aktien – geringe Kursrückschläge…
So erkennt man im Chart des All Share Index der Berner Kantonalbank (BEKB) in diesem Jahr nur einen einzigen nennenswerten Kursrückgang. Dieser lag allerdings bisher auch nur bei rund 3,5 Prozent. Und in den letzten fünf Jahren gab es nur ein einziges Mal einen Kurseinbruch um mehr als fünf Prozent. Das war Anfang 2015 als die Schweizerische Nationalbank SNB den Mindestkurs zum Euro aufgehoben hatte und der Franken vorübergehend sehr stark wurde.
Aus Angst vor einem Einbruch der Exporte wegen der starken heimischen Währung und damit verbunden entsprechenden Konjunktursorgen ging der BEKB All Share damals tatsächlich um knapp 200 Punkte nach unten. Das war ein Kursverlust von etwa fünf Prozent. Zum Vergleich: Der SMI büsste damals in kürzester Zeit 15 Prozent an Wert ein.
… und dennoch eine enorme Outperformance zum SMI
Die fehlenden Kurseinbrüche im ausserbörslichen Handel sind damit ein Indiz für geringe Kursausschläge und entsprechend auch geringere Risiken. Börsianer sagen aber: Geringere Risiken sind in der Regel aber auch mit geringeren Chancen verbunden!
Nicht aber so im schweizerischen OTC-Markt. Während der SMI in den letzten fünf Jahren nur ein kleines Plus von kaum mehr als zehn Prozent bringt, schafften die Titel im BEKB All Share Zuwächse um 50 Prozent. Und in den letzten zehn Jahren gingen die etwa 350 Mitglieder im All Share um rund 75 Prozent nach oben. Der SMI lieferte im selben Zeitraum nur ein Plus von 20 Prozent.
Treue Aktionäre bringen stabilen Kursverlauf
«Ein Grund für die im Vergleich zum SMI relativ geringen Kursrückgänge der nicht kotierten Nebenwerten in schwachen Marktphasen liegt am Aktionariat der Firmen», weiss Björn Zern, Experte des auf Schweizer Nebenwerte und den OTC-Markt spezialisierten Infodienstes www.schweizeraktien.net.
«Im ausserbörslichen Handel sind wegen der meist vergleichsweise geringen Marktkapitalisierung der Titel dort internationale oder auch institutionelle Investoren eher die Ausnahme», erklärt Zern. Wie der OTC-Spezialist weiss, liegen diese Aktien stattdessen überwiegend in der Hand von Anlegern aus der Region des Unternehmens oder aber die Anleger kommen aus der ganzen Schweiz.
150000 Franken für eine Aktie – der schwergewichtigste Wert in der Schweiz
Die Absenz von institutionellen Investoren bringt einen grossen Vorteil: In Krisenzeiten wird das Kapital nicht panisch ins Ausland umgeschichtet. Die nicht kotierten Titel bleiben deshalb vor nennenswerten Kursrückschlägen in der Regel verschont. Obendrein sind ausserbörsliche Unternehmen sogar an einem stabilen Aktionariat interessiert. «Im ausserbörslichen Handel gibt es viele schwere Aktien mit Kursen von über 1000 Franken», berichtet Zern.
Tatsächlich hat im BEKB-All-Share rund ein Viertel aller Indexmitglieder einen Kurs zumindest im vierstelligen Bereich, 20 Titel kosten sogar mehr als 10000 Franken. Mit weitem Abstand am schwersten ist übrigens die «Aktie der Gesellschaft für Erstellung billiger Wohnhäuser in Winterthur». Diese kostet nach einer Kursverdreifachung in den letzten drei Jahren inzwischen bereits knapp 150000 Franken und dürfte damit wohl die mit Abstand kostspieligste Aktie im Lande sein.
Hohe Substanz
Wie die Erfahrung zeigt, ist die Liquidität bei besonders schweren Aktien vergleichsweise gering, da die fehlende Teilbarkeit solcher Titel in kleine Einheiten die Handelbarkeit beeinträchtigt. «Viele Anleger im ausserbörslichen Segment denken wie ein Unternehmer mit mittel- bis langfristigem Zeithorizont und nicht hektisch wie kurzfristig orientierte Trader», erklärt Experten Zern. Entsprechend halten Anleger ihren OTC-Titeln auch in Crashphasen die Treue.
Stabilisierend auf die Kurse wirkt auch ein anderer Punkt: die Substanz. «Viele nicht kotierte Unternehmen verfügen über viel Eigenkapital, hohe Substanz etwa in Form von betriebseigenen Liegenschaften und oft hohe stille Reserven», sagt Zern. Gerade Abschläge zum Vermögen eröffnen dann nicht selten schöne Kurschancen.
Bondspartner und Biella – hohe Dividende, hoher Discount zum Buchwert
Interessant scheint da beispielsweise Bondspartners (ISIN: CH0006227414). Der Finanzdienstleister konnte nicht nur seinen Gewinn im vergangenen Jahr deutlich steigern, sondern verwöhnt seine Aktionäre mit hohen Dividenden im Bereich von vier Prozent. Zudem notiert die Aktie rund 40 Prozent unter Buchwert.
Operativ war bei Biella (ISIN: CH0001519484) zwar im vergangenen Jahr Stagnation angesagt, doch auch der Anbieter von Büroartikeln zahlt hohe Dividenden um vier Prozent und die Aktie notiert sogar etwa 50 Prozent unter Buchwert. Für Anleger, die auf Substanz setzen, ist auch der grosse Bestand an Immobilien interessant. Dort könnten hohe stille Reserven schlummern.
Rapid Holding – der Dividendenstar!
Aus Dividendenaspekten sollten sich Anleger unbedingt auch noch Rapid Holding (ISIN: CH0030333360) ansehen. Der Hersteller von Maschinen für die Land- und Kommunaltechnik wie etwa von Mähmaschinen für extreme Hanglagen zahlt seit Jahren eine Dividende von 50 Franken je Aktie. Beim aktuellen Kurs errechnet sich daraus eine Dividendenrendite von 7,7 Prozent. Da das Unternehmen auf einem gewaltigen Cashberg sitzt – rund ein Drittel des Börsenwerts ist mit Liquidität unterlegt – ist auch in den nächsten Jahren mit ähnlich hohen Zahlungen zu rechnen.
Grundsätzlich gilt für Investments im ausserbörslichen Bereich: Anleger sollten immer mit Limit ordern. Denn die Handelsumsätze bei vielen Aktien des OTC-Markts sind gering, die Kursspanne zwischen Geld- und Briefkurs dann nicht selten relativ hoch. Geduldige Anleger sammeln entsprechende Aktien deshalb meist über einen längeren Zeitraum ein.