Horst Edenhofer, Generaldirektor Cartier Schweiz, erzählt die Geschichte genüsslich: Ein Kunde, der in der edlen Boutique an Zürichs Bahnhofstrasse schnell beim Vorbeigehen seinen Lieblingsduft Pasha shoppen wollte, hat sich von der gleichnamigen Uhrenmarke so begeistern lassen, dass er statt des Parfums die Pasha Tourbillon, Kostenpunkt: 250 000 Franken, orderte. Ein Glücksfall, der selbst bei Cartier nicht ganz alltäglich ist, wie Edenhofer lächelnd zugibt, ihm aber bestätigt, dass man sich über die Marke identifiziert und so zur Familie gehört. Dieses Gefühl für Zusammengehörigkeit wird seit 1981 auch olfaktorisch promotet: Mit Must de Cartier für Damen und Santos für Herren hatte der damalige Cartier-Präsident Alain-Dominique Perrin zwei Duftmarken lanciert, die noch immer in der Liga der weltweiten Topsellers figurieren. Indes: Nicht alleiniges Marketingdenken hat den Pariser Juwelier und Uhrenhersteller zur Parfum-kreation animiert, auch ganz pragmatische, juristische Aspekte wie etwa die des Markenschutzes waren dafür mitbestimmend. «Es genügt nicht, eine Marke nur rechtlich schützen zu lassen, in vielen Ländern läuft der Schutz nach einer gewissen Zeit ab und er kann nur aufrechterhalten werden, wenn man selbst ein Produkt in diesem Bereich herausgibt», erklärt Horst Edenhofer. Abwegig ist für ihn die Parfumproduktion aber keineswegs: «Cartier hat eine historische Beziehung zu exklusiven Düften: Bereits in den Zwanzigerjahren sind in unseren Ateliers die legendären Onyx-Flaçons entstanden.»

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trend multibranding

Zum Revival der Dufttradition mag auch Audrey Hepburn in ihrer zauberhaften Rolle als Holly Golightly bei Breakfast at Tiffany’s beigetragen haben: «Der Film hat uns weit über die amerikanischen Grenzen hinaus bekannt gemacht», sagt Othmar Stadler, Schweizer Direktor des Juwelierunternehmens mit eigener Uhrenmarke. Doch der Duft, der den Trägerinnen die Aura des Glamours vermittelte, ist nur noch Insidern vorbehalten: Uneins mit der Marketingphilosophie des Lizenznehmers räumte Tiffany in vornehmer Zurückhaltung ihr gleichnamiges Produkt von den Regalen der Parfumerien und ist jetzt ausschliesslich in den eigenen Uhren- und Schmuck-Boutiques käuflich. Diese Noblesse geht für Stadler auf: «Jeder, der bei uns die Schwellenangst verliert, wird zum potenziellen Kunden.» Freilich, sehr lukrativ ist das Geschäft mit den aromatischen Düften nicht: Bei Tiffany nimmt sich der weltweite Parfumumsatz mit rund 100 Millionen Dollar, das sind 4 Prozent des Gesamtumsatzes von 2,5 Milliarden Dollar, vergleichsweise gering aus. Doch das soll sich ändern: Künftig will man sich 10 Prozent vom Kuchen abschneiden, und Othmar Stadler ist überzeugt, mit der Marken-Neueinführung Pure Tiffany auf absolut gutem Weg zu sein.

Zu den Big Three gehört auch Bulgari. Mit der Einführung von Eau Parfumée Thé Vert haben die Juweliere aus Rom mit dem beachtenswerten Uhrenprogramm weltweit den Zeitgeist getroffen. Das so genannte parfümierte Wasser, das sowohl von Damen wie auch von Herren benützt wird, ist eine raffinierte Mischung aus Bergamotte, Kardamom, Pfeffer, Koreander, Jasmin und, die trendigste Zugabe, Green Tea. Zusammen mit dem edlen, mattgrünen Packaging ist der Wellness-Duft in den USA und in Frankreich mit Preisen ausgezeichnet worden.

Gemäss den Kalkulationen von Marc Roesti, anerkannter Consultant bei Duft-Neulancierungen, kassiert der Lizenzgeber zwischen 4 und 7 Prozent des Händlerumsatzes. Streitpunkte sind jedoch oftmals nicht die Tantiemen, sondern der Marktauftritt: Lizenzverträge sind hochkomplexe Werke. «Meistens entwickelt der Lizenznehmer Design und Strategie und ist dann frustriert, wenn der Lizenzgeber am Schluss doch noch sein Veto einlegt.» Doch viel wichtiger als das Klingeln der Kasse sind für Roesti
die Marketingsynergien zwischen den Brands: «Da muss die Musik spielen». Bei Chopard zum Beispiel war der Wiedererkennungseffekt von Anfang an wichtig: Vom traditionsreichen Genfer Familienunternehmen für Uhren und Schmuck ist zu vernehmen, dass der typische Chopard-Stil seit fünfzehn Jahren auch das Styling der Duftkreationen prägt und international durchaus erfolgreich ist.

Coco Chanel soll als Grund für die Erfindung ihres berühmten Chanel Nr. 5 angegeben haben: «Meine Mode ist für die meisten Leute unerschwinglich, doch möchte ich allen Leuten ermöglichen, ein Stück von Chanel zu tragen.» Damit war die Doyenne der Pariser Couture bereits Anfang der Zwanzigerjahre Wegbereiterin für einen neuen Trend, dem so genannten Multibranding.

Bekannt für die Gewinn bringende Mehrfachnutzung seines Namens ist Calvin Klein. Mit Eternity hat sich der Amerikaner in die Top Ten der internationalen Verkaufslisten katapultiert und damit den Bekanntheitsgrad seiner verschiedenen Labels sichergestellt. «Von der enormen Medienpräsenz profitiert auch unsere Uhrenmarke», betont François Nunez, Vice-President Marketing bei CK, die zur Swatch Group gehört. Der Bezug zur Mode und zum Parfum ist für ihn eindeutig: «Wir sind ein Fashion-Label, das sechs neue Kollektionen pro Jahr auf den Markt bringt und das sich klar nach den gängigen Trends richtet.» Mindestens alle sechs Wochen reist Nunez nach New York, um vom Meister himself aktuelle Visionen zu erfahren, die dann in den Bieler Uhrenateliers umgesetzt werden.

Zum Konkurrenzkampf rüsten die Montres Christian Dior der mächtigen LVMH-Gruppe. Seit dem Neustart mit Chris 47 vor gut zwei Jahren ist der Marke absatzmässig ein Quantensprung gelungen. Verantwortlich für das geglückte Comeback ist laut Brand Manager Sabina Siber Stardesigner John Galliano, der mit seiner einzigartigen Handschrift Fashion, Parfums, Kosmetik und Uhren verkopple. Sibers ehrgeiziges Ziel: «Wir wollen in den nächsten zwei Jahren zur Nummer 1 der Modeuhren in der Schweiz avancieren.» Zahlen will sie aus Konkurrenzgründen keine nennen, aber geplant sind hochtourige PR- und Werbemassnahmen. Einen Boom hat sie bereits seit letztem Herbst festgestellt, als sie Nadine Vinzens zur Botschafterin der Dior-Uhren kürte: «Die derzeitige Miss Schweiz ist eine Attraktion. Zu den 15 organisierten Events sind viermal mehr Gäste als erwartet erschienen», kommentiert Sabina Siber.

Synergien ausreizen

Marketingmässig ausreizen will man die Synergien auch beim Nobel-Label Hermès und zeigt die Gemeinsamkeiten mit einer Hommage an das jedes Jahr neu definierte Thema, das diesmal poetisch einem Jardin en Méditerranée gewidmet ist und das den Parfumeur Jean-Claude Ellena dazu inspirierte, den etwas milchigen Duft der Mastixsträucher mit Rosen, Tulpen und weissem Oleander zu vermischen und mit der bitteren Frische der Bergamotten zu betonen. Verpackt ist der Duft in einem blauschattierten Flaçon, dem Bleu Thalassa, dem auch die neueste Uhrenkollektion angepasst ist: Das Zifferblatt der Montre Tandem präsentiert sich in Griechenlands Mittelmeerblau.

Was in Asien und dem Mittleren Osten erfolgreich ist, soll erstmals auch bei den Schweizerinnen ankommen: «Das Uhren-Label Nina Ricci ist für Frauen geschaffen, die den Chic à la Parisienne lieben», sagt Dimitra Frechélin. Für die Marketingverantwortliche beim Westschweizer Uhrenhersteller Time Avenue ist das rosarote Zifferblatt eine zarte Anlehnung an den würzigen Ricci-Longseller L’Air du Temps. Die stilvollen Uhren bezeichnet Fritz Brühlmann, Direktor Puig Schweiz, dem das Label Nina Ricci untergeordnet ist, als perfekte Ergänzung zum neuen Auftritt von Nina Ricci, deren ganzes Umfeld neu überarbeitet wurde.

Dass Luxus-Labels eine hohe Zug-, sprich Kaufkraft haben, betont auch Cartier-Chef Horst Edenhofer: «Eine grosse Marke bedeutet Exklusivität und Eleganz und ist eine Garantie für erlesenen Geschmack.» Er ist zudem überzeugt, dass ein Parfumgeschenk immer persönlicher ist als ein Blumenstrauss. Und günstiger – vorausgesetzt, die Lust wird nicht zum Must have.

Monique Henrich ist freie Journalistin in Zürich.

Die aktuellen Duft-Trends

Parfum-Experte Marc Roesti prophezeit eine neue Ära von orientalischen Düften.

Allerdings in der Light-Version: So soll beispielsweise das Parfum Mademoiselle von Chanel mit einer frischeren Note auch bei 16- bis 25-Jährigen ankommen. Den derzeitigen Erfolg von Dior Addict sieht er in der raffinierten orientalischen Note, und auch der neuste Duft Cabaret aus dem Traditionshaus Grès mit den blumig-holzigen Akkorden dürfte bald eine Spitzenposition einnehmen. Die passenden Uhr sollten sich leicht finden lassen.