Man nennt sie «das Land der tausend Seen» oder «die grüne Lunge Europas»: Die Masuren, der Landstrich im Nordosten Polens, sind einzigartig in Europa. Fast ein Drittel der Region ist mit Wald bedeckt. Rund 4000 Seen laden ein zum Schwimmen, Segeln oder Tauchen. Die Landschaft ist ursprünglich, unverbraucht und nur dünn besiedelt. Denn der Schutz der Umwelt hat in den Masuren höchste Priorität; grosse Teile der Region sind daher als Natur- oder Nationalparks ausgewiesen.
Viele seltene Tiere und Pflanzen haben sich hier angesiedelt – im Gegensatz zu Touristen. «Diese Region ist von westlichen Touristen noch fast nicht entdeckt. Es ist bisher nur ein Erholungsgebiet für Polen», sagt Silvia Paffrath, die mehrere für die Region typische Holz-Bungalows in der Nähe von Augustow besitzt und diese an Urlauber vermietet. «Dabei ist es extrem günstig, hier den Urlaub zu verbringen oder sogar ein Ferienhaus zu kaufen», so die Polin, die mit einem Deutschen verheiratet ist.
Schon für 25 000 Franken kann man hier ein Holzhaus auf einem bis zu 600 Quadratmeter grossen Grundstück erwerben – selbstverständlich nur einen kurzen Fussmarsch vom nächsten See entfernt. Neben den typischen Blockhäusern gibt es auch zahlreiche Angebote für alte Guts- und Bauernhöfe. Diese sind zwar oft renovierungsbedürftig, aber dafür werden ganze Gebäudekomplexe mit mehreren Hektaren Land bereits für 200 000 Franken zum Kauf angeboten.
Weiter im Westen, direkt an der deutschen Grenze, liegt der Regierungsbezirk Westpommern mit der Hauptstadt Stettin. Kilometerweit ziehen sich hier breite Sandstrände an der Ostseeküste entlang. In den mondänen Strandbädern wie Sopot wurde bereits vieles restauriert und neu erbaut, was zu Zeiten des Sozialismus heruntergekommen war. Die Nachfrage nach Appartements direkt am Strand ist enorm, obwohl der Quadratmeter dort fast 2500 Franken kostet. Doch nicht nur die polnische Highsociety hat hier ihre Sommerresidenz, auch mehr und mehr Ausländer kaufen in Sopot Immobilien.
Noch weniger teuer sind Ferienwohnungen ausserhalb der nostalgischen Seebäder und weiter im Landesinneren. Teilweise zahlt man hier nur 10 bis 20 Prozent dessen, was man für eine vergleichbare Urlaubsresidenz in der Schweiz zahlen müsste. «Der Markt ist noch stark in Bewegung. Das erklärt die erheblichen Preisunterschiede», sagt Jürgen Heid vom Service-Center Görlitz-Zgorzelec. Das Unternehmen umfasst ein Maklerbüro, eine Unternehmensberatung und ein Reisebüro mit Schwerpunkt Polen und Tschechien.
Der Beitritt Polens zur Europäischen Union hat die Preise für Immobilien bisher nicht weiter in die Höhe getrieben, wie Heid beobachtet: «Einige Anbieter hatten versucht, nach dem Beitritt höhere Preise zu fordern. Doch als sie merkten, dass die Nachfrage geringer als erwartet war, gingen sie mit ihren Preisen wieder runter.»
Der Grund für die zurückhaltende Nachfrage könnte sein, dass sich hartnäckig das Gerücht hält, Ausländer dürften in Polen gar keine Immobilien erwerben. Das ist so nicht der Fall: Für Wohnungen gibt es überhaupt keine Einschränkungen mehr, für Häuser und Grundstücke ist eine Sondergenehmigung des Innenministeriums nötig.
Zwar kann es bis zu drei Monate dauern, bis man eine solche Genehmigung erhält, aber in fast allen Fällen wird eine Genehmigung nicht verweigert. Mit dem Genehmigungsvorbehalt wollte die polnische Regierung zum einen das Land vor Spekulationsgeschäften mit Immobilien schützen. Zum anderen befürchtet man einen Ausverkauf des Landes durch finanzkräftige Ausländer nach dem EU-Beitritt. «Doch der befürchtete Run auf polnische Immobilien blieb aus, und so werden auch die Reglemente gelockert. Es ist leichter, hier ein Haus zu kaufen, als man denkt», sagt Polen-Experte Heid.
Vielleicht halten sich Ausländer mit Immobilienkäufen auch deswegen noch zurück, weil Polen der Ruf anhängt, eine besonders hohe Kriminalitätsrate aufzuweisen. Zwar sollten – wie in vielen anderen Reiseländern auch – wertvoller Schmuck, Kameras und Brieftaschen in den grossen Städten möglichst nicht sichtbar getragen werden. Doch auf dem Land spiele Kriminalität keine grosse Rolle, wie auch Silvia Paffrath berichten kann: «Mein Auto habe ich hier zum Beispiel noch nie abgeschlossen.»
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