BILANZ: Heinz Hauser, wenn Sie die heutige Schweiz beurteilen mit Blick auf das, was Sie 1995 im Weissbuch geschrieben haben, was denken Sie dann?
Heinz Hauser: Die grundsätzlichen Probleme des Landes sind ähnlich wie vor zehn Jahren. In unserem Verhältnis zur EU ist mit den bilateralen Verträgen zwar einiges erreicht worden. Insgesamt ist aber wenig passiert. Unsere Analyse war offensichtlich über weite Strecken richtig angelegt.
Inwiefern?
Hauser: Für mich sind es die drei Hauptthemen Marktöffnung, nachhaltige Finanz- und Sozialpolitik sowie Sicherung eines Forschungs- und Wissensplatzes Schweiz, die damals wie heute anstehen. Bei der Marktöffnung Richtung EU hat sich die Schweiz bewegt. Was wir damals vergessen haben, ist die Einsicht, dass ein Abkommen mit der EU nicht ausreicht, solange wir im Inland zahlreiche Vorschriften haben, die den Warenaustausch verunmöglichen. Beispielsweise, weil eine Verpackung den gesetzlichen Vorgaben nicht entspricht. Da ist noch einiges zu tun. Bei der Finanz- und Sozialpolitik ist das Problembewusstsein heute vermutlich stärker als vor zehn Jahren. Damals hat man ja unsere These, dass die Sozialversicherung nicht nachhaltig finanzierbar sei, ernsthaft bestritten. Heute besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass Handlungsbedarf besteht.
Ernst Baltensperger, als Autor des Weissbuchs, Ausgabe 2005: Wie sehen Sie das?
Ernst Baltensperger: Es ist nicht so, dass im letzten Jahrzehnt überhaupt nichts passiert ist. Aber es ist zu wenig. Insofern herrscht schon Enttäuschung vor.
Wo existiert der grösste Handlungsbedarf?
Baltensperger: Eine Priorität betrifft die nachhaltige Sanierung der Staatsfinanzen. Davon hängen Konsum und Investitionsverhalten ab. Damit einhergehen muss die Reform des Steuersystems, wir müssen den Umfang der Staatsaktivitäten begrenzen. Es geht um die Frage, wie viel wir uns wo leisten wollen, und um die Effizienz der Massnahmen.
Ist das alles?
Baltensperger: Ein zweiter Bereich ist eng mit dem ersten verknüpft, die Sozialpolitik. Ihre grossen Programme, die AHV und das Pensionskassensystem, müssen langfristig abgesichert werden. Hinzu kommt das Gesundheitswesen, ein Bereich, der im Weissbuch erstaunlicherweise kaum thematisiert worden ist. Ein dritter Bereich betrifft, wie von Heinz Hauser erwähnt, die Marktöffnung, die zum Ziel haben muss, mehr Wettbewerb in den Schweizer Binnenmarkt hineinzutragen.
Herr Gaillard, wie sehen Sie das als Gewerkschafter?
Serge Gaillard: Ich habe seinerzeit zu den Kritikern des Weissbuchs gehört. Ich will das Werk nicht überbewerten, aber es hat damals eine reformfreudige Schweiz überrascht und verunsichert. Die neunziger Jahre waren in dieser Hinsicht wohl produktiver als das Jahrzehnt davor. Denken Sie etwa an die Einführung der Mehrwertsteuer, welche die alte Warenumsatzsteuer abgelöst hat, die Reform der Arbeitslosenversicherung, die Liberalisierung der Telekommunikation. Wir sind der WTO beigetreten, dem IMF, der Weltbank, der Uno, in der Gesellschaftspolitik wurde die Fristenlösung eingeführt, die Gesetzgebung wurde EU-kompatibel gemacht. Dies zeigt, die neunziger Jahre waren ein reformdichtes Jahrzehnt. Beunruhigend ist, dass der Reformeifer zum Erliegen gekommen ist.
Woran liegt das?
Gaillard: Die Ideologisierung der Strukturreformen hat deren Blockierung begünstigt. Die kamen plötzlich daher wie Glaubenssätze: Mehr Markt ist gut. Mehr Wettbewerb ist gut. Dass Wettbewerb etwas Gutes ist, weiss man seit hundert Jahren. Wo staatliche Einschränkungen eingebaut worden sind, haben sich unsere Vorfahren ja etwas überlegt. Bei Strukturreformen gilt es also, Vor- und Nachteile zu beurteilen. In dieser Hinsicht lief beim Weissbuch etwas schief.
Inwiefern?
Gaillard: Sagen wir es so: Es war nicht das Weissbuch. Wäre dieses von Ökonomieprofessoren geschrieben worden, hätte die Ideologisierung keinen erstaunt, weil in diesen Kreisen immer ein kleiner Überschuss an Marktgläubigkeit existiert. Aber es kam ja aus der Feder von Wirtschaftsführern. Früher war es so, dass der Vorort, die Vorgängerorganisation der Economiesuisse, das ordnungspolitische Gewissen der Nation darstellte und die Wirtschaftsführer die Pragmatiker waren, welche die Probleme zu lösen hatten. Plötzlich schien es so, dass die Wirtschaftsführer diese Rolle übernehmen wollten.
Die Analyse teilen Sie nicht?
Gaillard: Aus meiner Sicht war die Analyse falsch und wäre es auch heute noch. Wer das Weissbuch liest, könnte denken, er lese ein Pamphlet der Antiglobalisierungsbewegung. Es geht, leicht polemisch, etwa so: Die Welt verändert sich, der Standortwettbewerb nimmt zu, also müssen wir uns bewegen, sonst haben wir keine Arbeitsplätze mehr. Aus Sicht der Unternehmer stimmt das alles. Nur war die Schweiz im Strukturwandel traditionellerweise schnell. Wir haben relativ wenig Hürden für die Firmen, dies funktioniert alles gut. Das Problem war etwas anderes. Wir hatten erstens eine makroökonomische Fehlsteuerung in den neunziger Jahren. Zweitens haben wir eine Verschärfung des Wettbewerbs in Europa. Und drittens gilt es, bei der Lösung der Probleme Prioritäten zu setzen.
Herr Held, als die Reformen im Land stockten, wurde Avenir Suisse gegründet. Richtig?
Thomas Held: Nach der These Serge Gaillards wäre dann Avenir Suisse sozusagen schuld daran, dass es mit den Reformen nicht mehr weitergegangen ist. Richtig ist hingegen, dass der Frage der Prioritäten grosse Bedeutung zukommt. Wir haben von Avenir Suisse aus 35 bedeutende Ökonomen befragt, wie sie die Prioritäten setzen würden. Die Runde, die gewissermassen das ökonomische Wissen des Landes umfasst, hat folgende Prioritäten gesetzt: An erster Stelle steht die Sanierung der Bundesfinanzen inklusive der Sozialwerke, wo Ausgaben zurückgefahren werden müssen. An zweiter Stelle steht die Revision des Binnenmarktgesetzes, dann die Agrarpolitik, die im Weissbuch damals ausgeklammert worden ist. Der vierte Punkt betrifft die Ausweitung der Personenfreizügigkeit. Und dann die wettbewerbsorientierte KVG-Revision, auch ein Thema, das im Weissbuch zu kurz gekommen ist. Und dann als sechster Punkt die Unternehmenssteuerreform II. Auf diese sechs Punkte entfielen bei der Befragung der Ökonomen etwa 60 Prozent der Gewichte.
Die Analyse ist das eine, die Umsetzung der Reformen das andere.
Held: Wir sehen, dass bereits kleine Ansätze für Reformen in vielen dieser Bereiche scheitern. Sie scheitern, weil es Widerstand gibt. Etwa: Wenn man glaubt, dass niemand ernsthaft bestreitet, dass die Sozialwerke reformiert werden müssen, dann ist das meines Erachtens nicht so. Nehmen Sie die Sachbücher, die kürzlich zum Thema erschienen sind, die heissen «Der Irrsinn der Reformen» oder «Das Geschwätz vom Wachstum». Ich würde sagen, die Polemik und der Glaubensstreit kommen von Seiten der Reformer. Andere Buchtitel lauteten «Ökonomik der Reform» oder «Alleingang» über diese neunziger Jahre. Diese Diskussion findet nicht im politisch luftleeren Raum statt. Wir haben es hier mit einer fundamentalen Auseinandersetzung zu tun.
Die in der Schweiz mit dem Weissbuch begann?
Held: Damals haben sich Wirtschaftsexponenten zu Wort gemeldet, die gesehen haben, dass es einen fundamentalen Wechsel in der Weltwirtschaft gibt, in Richtung mehr Markt, mehr Wettbewerb und mit einem Zurückfahren des Wohlfahrtstaates, wie er in den siebziger und vor allem in den achtziger Jahren ausgebaut worden ist. Ausgebaut worden ist – das dünkt mich der wichtigste Unterschied zu heute – ohne Rücksicht auf die demografische Entwicklung, in der Hoffnung, dass die Schuldenlasten auf immer grössere Populationen künftiger aktiver Generationen verteilt werden können. Das glaubt heute niemand mehr. Das Positive ist, dass trotz dieser Entwicklung ein Grossteil der Schweizer Wirtschaft wettbewerbsfähig geblieben ist und sich über viele Hindernisse hinwegsetzen konnte. Wir verfügen über eine Exportindustrie, die bisher von einem liberalen und funktionierenden Arbeitsmarkt profitieren konnte, zu dem auch die Öffnung gehört. Wir sind heute daran, auch diesen unglaublichen Standortvorteil zu gefährden durch die Überregulierung im Innern.
Herr Gaillard: Sehen Sie das auch so, dass wir ein Wachstumproblem haben?
Gaillard: Man muss zwei Elemente unterscheiden. Damit eine Wirtschaft wächst, müssen sowohl Nachfrage als auch Angebot, das Produktionspotenzial, steigen. In Deutschland, Frankreich und der Schweiz hatten wir seit Beginn der neunziger Jahre eine miserable makroökonomische Steuerung. Ich erinnere etwa an die Hochzinsperiode in diesen drei Ländern und die scharfe Aufwertung bis 1996. In Deutschland und Frankreich kamen dann die Maastrichter Programme dazu, die vielleicht nötig waren, um die Eurokriterien zu erfüllen. Das hat die neunziger Jahren in diesen Ländern im Vergleich zu den USA und Grossbritannien, die aus diesem Krisenkartell 1993 ausgeschert sind, enorm gedrückt. Nach 1996 hatten wir vier Jahre Aufschwung. Dann kamen die Jahre 2000 bis 2003, ich bin der Ansicht, dass Deutschland eine ähnliche Politik betreibt wie wir in den neunziger Jahren. Ich würde nicht ausschliessen, dass das Land in eine Deflation fällt, wenn es so weitermacht.
Und das zweite Element?
Die zweite Ebene betrifft das Angebot. In der Schweiz wissen wir nicht einmal genau, wie stark unsere Produktivität wächst. Nehmen wir die Zahlen der Konjunkturforschungsstelle und die der Nationalbank, danach hatten wir in den neunziger Jahren eine Steigerung von 1,5 Prozent pro Arbeitsstunde und Jahr. Das ist nicht so schlecht. Mehr wäre besser. Wir nützen unsere Möglichkeiten nicht. Wir haben 300 000 Teilzeitbeschäftigte, die möchten mehr arbeiten. Wir haben gut ausgebildete Leute, wir haben die Personenfreizügigkeit. Wenn es an qualifizierten Fachkräften mangelt, können wir die in ganz Europa holen. Das gemeinsame Ziel müsste sein: drei Jahre lang drei Prozent Wachstum.
Und so wollen Sie auch die Staatsfinanzen und die Sozialversicherungen in den Griff bekommen?
Gaillard: Wir haben zwei gravierende Probleme bei den Sozialversicherungen: das Gesundheitswesen und die IV. Bei der IV nehmen die Defizite jedes Jahr um 400 Millionen zu. Das bedeutet alle vier Jahre ein Mehrwertsteuer-Prozent. In der AHV haben wir auch ein Problem, jedoch kein schlimmes: Wir werden älter. Das heisst alle zehn Jahre ein Mehrwertsteuer-Prozent. Das bezahlen die Leute gerne, denn sie müssen ohnehin fürs Alter vorsorgen. Bei den Staatsfinanzen bin ich überzeugt: drei Jahre Aufschwung, und wir haben die Defizite weg. Aber die Staatsquote ist stark gestiegen. Wir brauchen Wachstum, dann werden wir die Defizite beseitigen. Es gibt auch Gebiete wie die Landwirtschaftspolitik, wo wir sparen könnten.
Baltensperger: Diese Geschichte, dass die Wachstumsproblematik der Schweizer seit 1990 vor allem durch die Nachfragepolitik der Schweiz verursacht worden sei, können wir ad acta legen. Unsere Fiskalpolitik ist während dieser Zeit zum grossen Teil sehr expansiv gewesen, nicht restriktiv. Ich will nicht sagen, in der Geldpolitik seien keine Fehler gemacht worden. Der Hauptfehler der letzten 20 Jahre war die viel zu expansive Geldpolitik Ende der achtziger Jahre, die dann korrigiert werden musste.
Held: Das Problem ist, dass selbst dort, wo ein gewisser Konsens darüber besteht, wie Wirtschaftswachstum anzukurbeln wäre, die Prozesse zäh verlaufen. Nehmen Sie die Unternehmenssteuerreform II: Von den ersten Vorschlägen über die Vernehmlassung bis zu dem, was Bundesrat Hans-Rudolf Merz schliesslich präsentiert hat, kam es zu einer ständigen Minimalisierung der Vorlage, mit dem Effekt, dass am Schluss die Gegnerschaft immer noch gleich gross war wie am Anfang. Auch bei den Befürwortern war keine Begeisterung mehr da. Dann heisst es, man sei enttäuscht über Bundesrat Merz, so, als hätte der jetzt ein psychologisches Problem. Das hat aber nichts mit Mut oder Zuversicht zu tun. Der Prozess selbst führt zu minimalistischen Ergebnissen.
Ist das politische System schuld? Müssten hier radikalere Reformen her?
Gaillard: Ich war vor einem Jahr noch eher optimistisch als jetzt, was die Problemlösungsfähigkeit unseres Systems anbelangt. Ich dachte, dass die Probleme die Parteien und Verbände zu Lösungen zwingen würden. Ich dachte an IV, KVG und die erweiterte Personenfreizügigkeit, die wir ja durchbringen müssen, wollen wir unser bilaterales Vertragswerk mit der EU nicht in Frage stellen. Aber der Politbetrieb gibt derzeit wenig Anlass zum Optimismus.
Baltensperger: Ich habe aber keine grundsätzlichen Einwände gegen Reformen der Institutionen. Diese müssen reformierbar sein, und das muss diskussionsfähig sein. Es muss aber aus einer langfristigen, grundsätzlichen Optik heraus geschehen und nicht einfach deshalb, weil einem im Moment irgendein Ergebnis des politischen Systems nicht passt. Die derzeitige Diskussion darüber hat zu viel von Letzterem. Ich glaube aber nicht, dass die Institutionen unser wirkliches Problem sind. Man mag punktuell reformieren. Ich hätte zum Beispiel persönlich Verständnis dafür, die benötigten Unterschriften bei Referenden etwas anzupassen. Aus langfristiger Sicht sind wir aber mit unseren politischen Institutionen nicht schlecht gefahren.
Was dann?
Baltensperger: Ich bin überzeugt, dass es letztlich nichts gibt als die Kraft der Ideen. Das ist mühsam und braucht Kleinarbeit, um die Bürger davon zu überzeugen, dass bestimmte Änderungen langfristig in ihrem eigenen Interesse sind, auch wenn Besitzstände involviert sind. Vieles, was heute diskutiert wird, war vor zehn Jahren praktisch tabu. Anreize von Sozialversicherungen etwa oder Arbeitszeitmodelle und -verkürzung. Die Geldpolitik: Vor 30 Jahren, als ich zum ersten Mal bei der Nationalbank tätig war, wurde unter Ökonomen Inflation auf alles Mögliche zurückgeführt, nur nicht auf die Geldpolitik. Es gab psychologische und soziologische Inflationstheorien, alles Mögliche, nur nicht die Geldpolitik. Heute haben wir einen weit gehenden Konsens, dass die Geldpolitik für die Inflation verantwortlich ist.
Held: Wenn wir von institutionellen Fragen sprechen, geht es ja nicht darum, die direkte Demokratie abzuschaffen. Es geht um die Polarisierung, die Serge Gaillard beklagt. Die Konkordanz führt zur Polarisierung. Das ist ja das Paradox, vor dem wir heute stehen. Der Wähler, der heute umworben wird, steht politisch ja nicht in der Mitte, sondern aussen. Das ist eine Folge der medialisierten Politik. Es sind die Medien, welche die Politik kodieren, und mit der Personalisierung, die damit einhergeht, lohnt es sich nicht, konkordant zu handeln, weil man dafür bei den Wahlen bestraft wird. Daraus müsste man die Folgerung ziehen, dass es nichts bringt, für Problemlösung die Konkordanz zu haben. Das sehen wir ja jede Woche im Bundesrat.
Und was ist zu tun?
Held: Vielleicht müssen wir zumindest vorübergehend zu einer Regierung zurückkehren, die enger ist als die Konkordanz und ein gemeinsames politisches Programm hat. Wie es übrigens in den 150 Jahren des schweizerischen Bundesstaates während rund eines Jahrhunderts der Fall gewesen ist. Wir reden hier nicht von Umsturz. Aber zum Institutionellen gehört die Zahl der Vetospieler. In der Schweiz ist diese Zahl weit über das hinausgewachsen, was unsere Verfassung vorsieht; weit über das Recht der Kantone und der Stände hinaus ist der politische Raum immer stärker institutionalisiert worden. Wenn wir gegen das Verbandsbeschwerderecht wettern, tun wir das nicht wegen irregeleiteter grüner Ansichten. Sondern weil es staatsrechtlich von grosser Tragweite ist, wenn eben diese Vetospieler die Demokratie damit aushebeln können und Entscheidungen verunmöglicht werden.
Hauser: Was mich beschäftigt, ist eher eine Frage der Geisteshaltung. Ich komme immer mehr zur Überzeugung, dass in der Schweiz niemand dem Markt vertraut. Und zwar Politiker jeder Couleur inklusive der meisten Bürgerlichen. Im Zweifelsfall soll es der Staat richten. Was mich am meisten enttäuscht hat in der letzten Zeit, ist, wie sämtliche politischen Parteien, der Bundesrat, aber auch die Presse inklusive «NZZ» nicht haben zur Kenntnis nehmen wollen, dass vor der denkwürdigen Abstimmung im Nationalrat zur Swissair-Rettung praktisch alle Ökonomen deutlich gesagt haben, dies sei der falsche Weg. Man hat aktiv weggehört. Es stört mich, dass im Zweifelsfall nie jemand daran glaubt, dass der Markt ein Koordinationssystem ist, das zu vernünftigen Lösungen führt. Solange diese Grundhaltung in unserem Land breit verankert ist, können wir die Institutionen noch so reformieren, wir werden nichts erreichen. Wir sind in der Schweiz auch nicht in der Lage, zwischen einem Bekenntnis zum Markt und einem sozialpolitischen Credo zu unterscheiden. Man kann nämlich durchaus sehr liberal sein bezüglich der wirtschaftlichen Koordinationsmechanismen und im Vertrauen auf den Markt und trotzdem sehr sozial. Im linken Spektrum ist jede marktorientierte Reform unsozial, und auf der anderen Seite des Spektrums ist jede Sozialpolitik des Bösen. Ich denke, hier sollten die Zentrumsparteien den Weg suchen. Dann könnten wir auch viel freier über das Thema der marktwirtschaftlichen Reform sprechen.