Die Uhrengeschäfte gleichen sich weltweit immer mehr. Weil die meisten Uhrenhersteller die Ladeninhaber mit Dekorationsmaterial versorgen, sehen die einzelnen Fenster und Lokale häufig eher wie eine Plattform der jeweiligen Uhrenmarke aus, statt die Identität des Ladens oder den persönlichen Geschmack des Inhabers widerzuspiegeln. Ausserdem entstehen zunehmend neue Geschäfte, die exklusiv von einer Marke betrieben werden, wie etwa der Omega Flagship Store an der Zürcher Bahnhofstrasse, die Piaget Boutique in Genf oder das Tourbillon-Geschäft der Swatch Group in Basel.

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Doch es gibt sie, die Schatzkästchen, die sich dem Diktat der grossen Marken widersetzen und zeigen, dass Individualität im Uhrengeschäft möglich und durchaus gefragt ist.

Keine grossen Konzerne

Einer dieser Läden befindet sich in der Berner Altstadt und nennt sich vorwitzig «Uhrsachen». Oliver Scherrer und sein Geschäftspartner Martin Pauli schmieden für ihr Geschäft ambitionierte Pläne. Über ihre Webseite www.newoldwatches.com wird es beispielsweise in Zukunft möglich sein, ungetragene alte Uhren zu erstehen, die aus den Lagern bestimmter Hersteller stammen.

«Uhrsachen» wurde vor etwa zehn Jahren von Pierre Nobs, dem Gründer und Besitzer der Uhrenmarke Ventura eröffnet und war damals ein früher Vorläufer der heute so beliebten Flagship-Stores, spezialisiert auf Uhrenmarken mit herausragendem Design. Mit zunehmendem Produktionsvolumen seiner Marke trennte sich Nobs vom Laden und verkaufte ihn weiter. Scherrer betreute fortan das Geschäft als Angestellter und führte weitere Marken ein, die seine eigenen hohen Ansprüche erfüllten. Darunter sind kaum Namen, die grossen Konzernen angehören. Seit kurzem ist Scherrer mit seinen Partnern Martin Pauli und Hans Erb Eigentümer des Ladens. Neben gutem Design legen Scherrer und Pauli grossen Wert auf hochwertiges Handwerk, ausgezeichnete Verarbeitung und nicht alltägliche Funktionen. Verkauft wird auch Paulis eigene Uhrenmarke «Angular Momentum» sowie sein exzentrischer Schmuck.

Ein hauch von galerie

Betritt man das noble Geschäft «Jim Gerber Fine Timepieces» an der Zürcher Rämistrasse, weht einem ein Hauch von Galerie entgegen. Ein Terracotta-Boden, dazu assortierte Design-Fauteuils und eine lange verglaste Wand, hinter der die Schätze des Hauses, ins beste Licht gerückt, wie schwerelos vor einem schwarzen Hintergrund schweben. Ganz nah und doch unberührbar. Die Abdrücke der Nasen, denn dazu kommt es unweigerlich, werden vom Galeristen selbst sofort entfernt. Will man mit der gebotenen Ehrfurcht etwas in die Hand nehmen, klacken die unsichtbaren Schlösser elektromagnetisch und die riesigen Glastüren öffnen sich wie von Geisterhand. Aber nur wenn Jim Gerber es mit seiner Fernbedienung will. Bei ihm gibt es keine neuen Uhren. Dennoch wäre der Begriff «second Hand» eine grobe Beleidigung, denn hier gibt es Stücke, die auch einem Museum gut anstehen würden. In diesem Geschäft werden die antiken Armbanduhren zu Kunstobjekten. Jim Gerber kauft, restauriert, und verkauft alles, was selten, interessant, schön und deshalb unweigerlich auch teuer ist. Die Uhren sind allesamt in «mint condition», wie Münzsammler sagen würden, und lassen Uhrenliebhabern das Herz höher schlagen. Obschon der leidenschaftliche Uhrensammler sich nicht auf bestimmte Marken festnageln lassen will, dominieren in seinen Vitrinen die Marken Patek Philippe, Rolex und Omega. «Ich führe nur Uhren, die bereits zur Zeit ihrer Entstehung zum Besten gehörten», sagt einer, der alle seine Stücke von innen gesehen hat und deren Firmengeschichte in- und auswendig kennt.

Wirklich wie ein Schatzkästchen sieht sie aus, die futuristisch eingerichtete Galerie für Uhren «Uhrwerk 02» von Daniel Dreifuss am Bleicherweg 54. Obwohl zwei Stühle und ein Tisch in der Mitte des kaum zehn Quadratmeter grossen Raums stehen, kann man sich nicht vorstellen, dass Verkaufspersonal sich darin aufhalten soll. Eine Glocke schafft Klarheit, denn wenn man sie benutzt, kommt die Bedienung nicht etwa aus dem Geschäft, sondern um die Ecke aus der Tödistrasse. «Uhrwerk 02» ist die übergrosse, ausgelagerte Vitrine, der Appetizer des eigentlichen Geschäfts in der Tödistrasse 48. Wie «Uhrsachen» in Bern führt Dreifuss nur so genannte Geheimtipps in seinem Sortiment – zum Beispiel Eberhard, Bell & Ross, Schwarz-Etienne, Daniel JeanRichard, Frédérique Constant. Daneben auch seine eigene Marke «Maurice de Mauriac», die sich durch klassisches Design und gute Verarbeitung zu fairen Preisen auszeichnet. Das Hauptgeschäft bietet etwas, das bei Uhrengeschäften einzigartig ist. Man sieht auf den ersten Blick, dass Eigentümer wie Personal hier nicht nur bedienen, sondern auch uhrmacherisch tätig sind. Das sehr nüchterne Interieur wird aufgelockert durch die zahlreichen Uhrenbestandteile, die auf dem grossen Tisch verstreut liegen. Aus dem Hinterraum, der durch eine semitransparente Kunststoffwand abgetrennt ist, dringen die Geräusche von Uhrmacherwerkzeugen. Hier werden die Maurice-de-Mauriac Uhren zusammengesetzt. Spezielle Kundenwünsche wie Zifferblattfarben oder Armbandausführungen werden augenblicklich ausgeführt, während man die Gelegenheit hat, einen ausgezeichneten Espresso zu geniessen.

Fast Wie ein Museum

Embassy ist ein alt eingesessenes Uhren- und Schmuckfachgeschäft in Luzern, das gleich an drei Adressen vertreten ist. Das jüngste Lokal ist im Eckgebäude am Schweizerhofquai 2 untergebracht. Während die beiden anderen Geschäfte darauf ausgerichtet sind, ein möglichst lückenloses Sortiment zu repräsentieren, haben sich die Besitzer Kurt und Patrik König, Vater und Sohn, beim neuen Laden ein anderes Konzept überlegt. Hier ist einerseits der Service après vente untergebracht, wo man auch mal dem Uhrmacher Tobias Stockhammer bei der Arbeit über die Schultern schauen kann. Andererseits ist dies auch eine Oase der Ruhe, die eher an ein kleines Museum oder eine Galerie erinnert. Doch der Museumscharakter täuscht nicht. Die Besitzer sind in gutem Kontakt mit dem Internationalen Uhrenmuseum in La Chaux-de-Fonds, das damit in Luzern so etwas wie eine kleine Dependance mit wechselnden Themenausstellungen betreibt. Mit regelmässigen Einladungen zu unterschiedlichen Ausstellungen, die nicht ausschliesslich mit Uhrmacherei zu tun haben, werden gute Kunden verwöhnt und dem Geschäft erhalten. Eine reichhaltige Bibliothek lädt den Uhrenliebhaber zum Schmökern ein.

Schauplatzwechsel: Der Nachname des Mannes mit dem netten Lächeln ist Felix, womit der Kreis zur Lieblingsbeschäftigung des Herrn Felix geschlossen wäre: Er betreibt in der Altstadt von Kleinbasel ein Geschäft für Sonnenuhren, und diese zählen bekanntlich nur die heiteren Stunden. Das Angebot von «Felix Solis Tempus», so der Name des Geschäfts, erstreckt sich von Sonnenuhren für die Hosentasche bis zu solchen für die Hauswand oder den Garten. Selbst Bücher zum Thema findet man in dem kleinen Laden, wo kein Ticken und kein Glockenschlag die Stille unterbricht. Wenn Robert Felix die Funktion einer Uhr vorführen will, muss der Kunde sich mit ihm auf die Strasse begeben, um das Objekt der Begierde zum Leben zu erwecken. Die unterschiedlichen Modelle sind zu einem grossen Teil Repliken von Messinstrumenten vergangener Zeiten, darunter reich verzierte, für die Aristokratie gedachte sowie primitive, von Bauern und Handwerkern verwendete, aber auch komplexe Instrumente, wie sie einst von Wissenschaftlern und Seereisenden gebraucht wurden. Moderne Messgeräte, die, im Garten oder auf dem Dach montiert, Einsichten in die Sonnenzeit geben, vervollständigen das Angebot. Die Fülle unterschiedlicher Formen und Methoden zur Bestimmung der Zeit mittels des Sonnenstandes ist für den Laien, der Sonnenuhren nur von Kirchenwänden her kennt, beeindruckend.

Keines der vorgestellten Geschäfte beklagt sich über die schlechte Wirtschaftslage. Bei den Kunden kommt das Gebotene gut an, und auch die Laufkundschaft erinnert sich besser an Schaufenster, die sich vom Üblichen unterscheiden; die Chance ist gross, dass sie beim nächsten Mal den Eingang benutzt.

Unser kleiner Rundgang erhebt natürlich keineswegs einen Anspruch auf Vollständigkeit. Eigentlich müsste auch die traditionsreiche Chronometrie Beyer mit ihrem bedeutenden Museum an der Zürcher Bahnhofstrasse genannt werden, wo wechselnde Themenausstellungen dafür sorgen, dass man immer wieder gerne hingehen mag. Einen weiteren Publikumsmagneten stellt Türler am Paradeplatz dar, wo man sich ohne jeglichen Kaufzwang über den derzeitigen Stand der Planeten schlau machen kann. Die monumentale astronomische Uhr, von Ludwig Oechslin berechnet und von ihm gemeinsam mit dem Uhrmacher Jörg Spöring ausgeführt, ist einfach ein grandioser Anblick.

Timm Delfs ist freier Journalist in Basel mit Spezialgebiet Uhren und Schmuck.

Adressen und Öffnungszeiten

Uhrsachen
Kramgasse 19, 3011 Bern
Telefon 031 318 01 18
Fax 031 318 01 12
Internet
www.uhrsachen.ch
www.newoldwatches.com
Montag 14 – 18.30
Di, Mi, Fr 10 – 18.30
Do 10 – 20, Sa 10 – 16

Uhrwerk Galerie für Uhren
Bleicherweg 54, Tödistrasse 48 8002 Zürich
Telefon 01 280 01 12
Fax 01 280 01 14
E-Mail href="mailto:dreifuss.watches@datacomm.ch">dreifuss.watches@datacomm.ch
www.mauricedemauriac.ch
Mo–Fr 9–18
Sa nach Vereinbarung

Jim Gerber Fine Timepieces
Rämistrasse 29
8024 Zürich
Telefon 01 251 71 24
Fax 01 252 91 93
E-Mail href="mailto:jimgerber@jimgerber.com">jimgerber@jimgerber.com
Di–Fr 11–18.30, Sa 11–16

Embassy
Schweizerhofquai 2, 6004 Luzern
Telefon 041 410 53 61
Fax 041 410 53 62
E-Mail href="mailto:embassy@centralnet.ch">embassy@centralnet.ch
Mo–Fr 8.30–18.30
Sa 8.30–12.30

Felix Solis Tempus
Rebgasse 41, 4058 Basel
Telefon 061 681 23 24
Fax 061 631 10 34
E-Mail href="mailto:rfelix@sonnenuhren.ch">rfelix@sonnenuhren.ch
Do–Fr 14–18.30
Sa 10–17