Notenbanker sind die Mächtigen unserer Zeit. Das hat sich am Dienstag erneut gezeigt. Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Federal Reserve, hat wieder einmal mit klaren Worten signalisiert, dass eine frühe Abkehr vom Hochzinsregime unwahrscheinlich ist. In der Folge sanken die Kurse an den US-Märkten und in China. Und auch die europäischen Börsen starten am Mittwoch rot.

Der SMI ringt zum Börsenstart mit der 11’000-Punkte-Markte. Nur wenige Aktien entziehen sich dem Trend, das Gros der Blue Chips im wichtigsten Schweizer Börsenindex verzeichnet Verluste. Nur wenige steigen gegen den Trend.

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Die Kernaussage von Powell: Der Zinsgipfel könnte noch höher ausfallen, als bislang erwartet wurde. Der Fed-Chef bestätigte vor dem Bankenausschuss des US-Senats, dass die jüngsten Wirtschaftsdaten stark waren, dann setzte er zum Sturm an: «Sollte die Gesamtheit der Daten darauf hindeuten, dass eine schnellere Straffung der Zinsen gerechtfertigt ist, wären wir bereit, das Tempo der Zinserhöhungen zu erhöhen», so Powell.

Es war der erste Tiefschlag für die Märkte, die auf eine eher lockere Geldpolitik hoffen, damit die Konjunktur nicht im Zins-Korsett erdrückt wird. Aber Powell doppelte nach: «Die historische Aufzeichnung warnt stark vor einer verfrühten Lockerung der Politik», so der Fed-Chef. Und dann der finale Hinweis, Wort für Wort abgelesen und damit perfekt intendiert: «Wir werden den Kurs beibehalten, bis die Aufgabe erledigt ist.»

Die Powell-Doktrin

Die Aussage erinnert stark an die berühmt gewordene «Until the job is done»-Rede vom letzten August. Es war die wohl teuerste Rede aller Zeiten. Powell vernichtete mit seinen Worten 4 Milliarden Dollar pro Sekunde.

Ganz so hart traf es die Märkte dieses Mal nicht mehr. Der US-Leitindex Dow Jones gab im Nachgang zur gestrigen Powell-Rede 1,7 Prozent nach. Der marktbreite S&P 500 schloss 1,5 Prozent tiefer. Der technologielastige Nasdaq verlor 1,2 Prozent. Bezeichnend: Der nicht zyklische Konsum und Kommunikationsdienste konnten sich am besten halten. Finanzen, Immobilien sowie Grundstoffe gaben am stärksten nach.

Ein ähnliches Bild liefert der Schweizer Markt am Mittwochmorgen. Der Powell-Schock hallt nach, die Titel der beiden Grossbanken stehen unter Druck, aber das grösste Minus hat andere Ursachen. Logitech, Givaudan und Geberit stehen am Mittwoch mit der roten Laterne da. Givaudan ist im Fokus der Wettbewerbsbehörden. Auf europäischer Ebene kam es am Dienstag in mehreren Mitgliedsländern zu Razzien. 

Bei Logitech lastet eine Umsatzwarnung auf dem Kurs: Der Computerzubehör-Hersteller hat seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr zwar bekräftigt, aber gleichzeitig vor einem anhaltenden Umsatzrückgang in der ersten Hälfte des kommenden Geschäftsjahres gewarnt. Geberit schliesslich vermeldet einen Gewinnrückgang, erhöht aber im gleichen Atemzug die Dividende.

SNB-Politik laut Jordan noch zu locker

Nicht nur in den USA könnte der Zinsgipfel höher ausfallen als erwartet. Am Dienstag sorgte auch SNB-Chef Thomas Jordan für Aufsehen mit der Aussage, die SNB habe noch nicht genug getan, um die Inflation wieder auf ihr Zielniveau zu bringen.

«Die Geldpolitik der SNB ist immer noch zu locker, um die Inflation mittelfristig wieder auf Preisstabilität zurückzuführen», sagte Jordan an der Universität Zürich. «Wir können nicht ausschliessen, dass wir die Geldpolitik weiter straffen müssen.»

Jordans Rede war der erste öffentliche Auftritt, nachdem am Montag eine überraschende Beschleunigung der Schweizer Inflation bekannt wurde. Während die Schweiz immer noch das niedrigste Verbraucherpreiswachstum aller Industrieländer aufweist, nähert es sich nun dem Höchstwert von 3,5 Prozent, der zuletzt im August verzeichnet wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kerninflation darauf hindeutet, dass sich der Preisdruck auf breiter Front verfestigt.

«Die SNB muss handeln, um mittelfristig wieder Preisstabilität zu erreichen», sagte Jordan. «Der ausgetrocknete Schweizer Arbeitsmarkt kann dazu führen, dass Zweit- und Drittrundeneffekte leichter auftreten.»