Die Börsen weltweit verloren seit Jahresbeginn deutlich, gestern dann der vorläufige Tiefpunkt für den Schweizer SMI: Nach einem Einbruch um 3 Prozent schloss der wichtigste Aktienindex erstmals seit dem Frankenschock vor einem Jahr deutlich unter 8000 Punkten. Wie es heute weitergeht, bleibt fraglich. Der SMI startet jedenfalls mit mit Rückenwind, obschon die Vorgaben aus Asien schwach waren. Eines ist jedenfalls klar: Dass der Optimismus für die Finanzmärkte für 2016 übertrieben war, darin sind sich mittlerweile viele Analysten einig.
Als Gründe für die hohe Volatilität werden die anhaltende Schwäche in China und der historisch tiefe Erdölpreis angeführt. Hinzu kommen weitere Faktoren, die belastend wirken. So sei beispielsweise die Liquidität abrupt gesunken, sagt Jacques Stauffer, CEO des Vermögensverwalters Parsumo Capital. «Aufgrund der erhöhten Risiken haben beispielsweise Pensionskassen keinen Spielraum mehr, Verkäufe von anderen Anlegern zu absorbieren», so Stauffer. Auch Banken und Broker hätten Eigenpositionen aufs Minimum reduziert.
Wenig Spielraum
Zudem wurden in der Vergangenheit Baissen oft als Einstiegschancen genutzt. «Der Modus wurde nun geändert», glaubt Stauffer, «Anleger verkaufen nun in die Erholung hinein.» Das schwäche die Erholungsphasen stark.
Die gegenwärtige Volatilität sei «sehr beunruhigend in ihrem Ausmass», sagt Axa-Börsenexpertin Christina Böck. Sie teilt die offenkundige Sorge der Anleger nicht, dass die Industriestaaten in eine Rezession rutschen. «Auch wenn wir an unserem Ausblick von relativ stabilem Wachstum in den Industrieländern und einer leichten Abschwächung in China festhalten, wird sich erst langsam zeigen, dass die Katastrophenvision sich nicht in den makroökonomischen Daten widerspiegelt», sagt sie.
Alles ist möglich
Tatsächlich machte sich auch gestern vielerorts Panik breit: Der Markt reagierte senisibel auf Negativmeldungen einzelner Firmen – wie gestern bei der Zurich Insurance. Dies riss in der Folge den gesamten Index hinunter, so Philipp Grüebler von der Grüebler Vermögensverwaltung. Selbst defensive Werte wie das Börsenschwergewicht Nestlé gaben nach.
Die grosse Frage ist nun, wie es an den Märkten weitergeht. «In der aktuellen Situation ist alles möglich», betont Stauffer. Selbst ein Taucher bis aufs Niveau von 7000 Punkten hält er für möglich. Auch Grüebler kann sich weitere Abschläge um 5 bis 10 Prozent in den nächsten Tagen vorstellen: «Immerhin profitierten wir seit einigen Jahren von steigenden Aktienkursen.»
Notenbanken könnten reagieren
Angesichts der hohen Volatilität ist allerdings auch möglich, dass die Märkte zumindest kurzfristig wieder in den Plus-Bereich drehen. Eine deutliche Beruhigung der Lage könnten auch Massnahmen der Notenbanken bringen – wie zuletzt in China.
«Einige klar positive Punkte werden heute von den Märkten komplett übersehen», betont Böck. Der sinkende Ölpreis, der gestern für grosse Unsicherheit sorgte, weise enorme Vorteile auf. Er sei ein Segen für das Wirtschaftswachtum und die rohstoffimportierenden Nationen – auch für die Schweiz.