Seit zehn Jahren hat es in der Schweiz nicht mehr so viele Börsendebüts gegeben wie 2018. Damals liessen sich sieben Gesellschaften kotieren. Heuer sind es bereits sechs. Und das, obschon die Bestrebungen von Gategroup und Swissport, an die Börse zu kommen, erfolglos waren. Zur Erinnerung: Die Besitzerin HNA Group hatte bei Gategroup zu hoch gepokert und damit potenzielle Investoren abgeschreckt. Als Folge wurde der Börsengang von Swissport auf unbestimmte Zeit verschoben.
Neu an der SIX Swiss Exchange ist etwa der Zahnradmaschinenbauer Klingelnberg. Am Mittwoch wurden die Titel erstmals gehandelt. Und zwar mit 53 Franken am oberen Ende der Preisspanne zwischen 45 und 54 Franken. Mit der Kotierung werden zwei Ziele verfolgt. Erstens wurde frisches Kapital im Umfang von rund 25 Millionen Franken beschafft, um Übernahmen zu finanzieren. Zweitens trennt sich die Besitzerfamilie von der Aktienmehrheit, wird aber Ankeraktionär bleiben.
Stattlich bewertet
Klingelnberg kommt damit auf eine Marktkapitalisierung von rund 475 Millionen Franken und wird mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von mehr als 20 gehandelt. Das ist deutlich teurer als der Gesamtmarkt. Bloomberg bewertet den SPI mit einem KGV von weniger als 16. Es fällt auf, dass Aktionäre im laufenden Jahr bereit sind, viel für Börsenneulinge zu bezahlen – sofern die Story stimmt. Ende März führten Sensirion und Medartis das IPO durch. Gemessen an der Kursentwicklung war Sensirion erfolgreicher und kommt derzeit auf eine Marktkapitalisierung von rund 750 Millionen Franken, Medartis liegt mit rund 720 Millionen knapp dahinter.
Beide Unternehmen haben von den Anlegern viel Vorschusslorbeeren erhalten. Analysten schätzen, dass erst die Ergebnisse von 2019 zeigen werden, ob die hohen Kurse fundamental gerechtfertigt sind. Erfolgsgeschichten wie die von VAT mögen die Zuversicht vieler Investoren anregen. Der Vakuumventilhersteller kam 2016 an die Börse und seither hat sich der Kurs von knapp 40 auf 140 Franken vervielfacht.
Kommt SIG Combibloc im Herbst?
Doch nicht alle Börsengänge in diesem Jahr sind Erfolgsgeschichten. Der Aktienhandel von A Small World etwa wurde von der deutschen Börsenaufsicht kurzzeitig sistiert. Und auch Ceva Logistics und Polyphor kommen nicht recht auf Touren. Dem Vernehmen nach konnte Ceva durch den Börsengang immerhin die Insolvenz abwenden. Freuen wird das die mehr als 40'000 Mitarbeitende des niederländischen Logistikkonzerns. Trotz dem beinahe gescheiterten IPO ist Ceva mit einer Marktkapitalisierung von rund 1 Milliarde Franken der schwerste Neuzugang in diesem Jahr. Übertroffen werden könnte das im Herbst von SIG Combibloc. Auf dann strebt der Verpackungskonzern aus Neuhausen am Rheinfall die Erstnotiz an. Der Börsenwert nach Kotierung wird auf rund 4,5 Milliarden Franken geschätzt.
Eine ähnlich grosse Marktkapitalisierung wie Ceva sollte Oerlikon Drive Systems erreichen. Bereits seit längerer Zeit wird über den Börsengang der Antriebstechnologiesparte von Oerlikon spekuliert. CEO Roland Fischer hat bestätigt, dass im dritten Quartal das IPOerfolgen könne. Abhängig allerdings von den Bedingungen am Kapitalmarkt. Zusätzlich wechselte die Lalique Group am Montag von der Berner Börse an die SIX Swiss Exchange. Die Umkotierung ist mit einer Kapitalerhöhung verbunden, die rund 30 Millionen Franken in die Kasse der Luxusgruppe spülen sollte. Die Mittel werden zur Stärkung der Bilanz dienen. So soll das Profil am Kapitalmarkt gestärkt und die Investorenbasis verbreitert werden.
Die Flut an Börsengängen in der Schweiz kontrastiert mit der weltweiten Entwicklung. Baker McKenzie schreibt, dass das IPO-Volumen im ersten Halbjahr um einen Fünftel eingebrochen sei. Insgesamt haben sich 676 Unternehmen kotieren lassen. Verglichen damit mutet die Anzahl der hiesigen Börsengänge bescheiden an – trotz Zehnjahresrekord.