Eine Börsenweisheit sagt: «Buy on rumors, sell on the news» – bei Gerüchten kaufen, bei Vorlage der Nachrichten aussteigen. Das gilt für positive Gerüchte. Bei negativen Erwartungen gilt umgekehrt: «Sell on rumors, buy on the news» – bei negativen Gerüchten verkaufen und bei Vorlage der Daten einsteigen. Denn liegen die Daten vor, ist die Unsicherheit ja weg. Und Unsicherheit ist der Killer für Anleger.

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Auf jeden Fall könnte man das zumindest bei Zurich Insurance so herleiten. Im September hatte die Versicherung den Markt mit einer Gewinnwarnung wegen hoher Kosten für die Schäden aus der Explosion in einem Containerlager in Tianjin in China im August geschockt. Damals waren Schäden in der Höhe von rund 275 Millionen Dollar genannt worden, und ausserdem bezifferte Zurich Insurance Aufwendungen zur Stärkung der Reserven in der Schadenversicherung im dritten Quartal auf rund 300 Millionen Dollar. Ein rascher Kurseinbruch Mitte September infolge dieser Gewinnwarnung um rund 12,5 Prozent war die Folge.

Gewinn fällt deutlich ab

Nun sind die Quartalszahlen präsentiert worden – und die Aktie kletterte gleich zur Eröffnung um 2,8 Prozent. Wie erwartet, rutschte der Gewinn beim SMI-Mitglied im Zeitraum Juli bis September drastisch nach unten. Der Betriebsgewinn fiel in diesen drei Monaten um 79 Prozent auf 256 Millionen Dollar, der Reingewinn ging im Gleichschritt auf 207 Millionen Dollar zurück. In den ersten neun Monaten lag der Reingewinn mit 2,3 Milliarden Dollar um 27 Prozent unter dem Wert des Vorjahreszeitraums. Der Gewinn je Aktie rutschte entsprechend um 23 Prozent von 18.63 auf 14.43 Franken nach unten.  

Nachdem die Zahlen nun auf dem Tisch liegen – es könnte sein, dass die ersten Kursgewinne zur Eröffnung gestern erst der Anfang eines neuen Aufschwungs sind. Denn gleich mehrere Gründe bieten Phantasie beim Versicherer aus Zürich. Zuerst einmal: Es wird gespart.

Zurich Insurance spart …

Bis zum Jahresende werden 200 Stellen im Bereich General Insurance gestrichen. Dann sollen auch Vertragskonditionen neu ausgehandelt werden, und im Neugeschäft soll mehr auf Profitabilität geachtet werden. Dieses Segment der Schadenversicherung war vor allem wegen des genannten Grossschadens in China im dritten Quartal mit 183 Millionen Dollar in die roten Zahlen gerutscht. Im Vorjahreszeitraum hat es hingegen noch ein Plus von 786 Millionen Dollar gegeben. Immerhin verzeichnete Zurich Insurance im Lebengeschäft beim Betriebsgewinn und im Neugeschäft in den drei ersten Quartalen ein Plus von 18 Prozent.

Die genannten Massnahmen in der Schadenversicherung sind aber erst ein Anfang. Insgesamt will Bereichs-Chef Kristof Terryn bis 2018 durch mehr Effizienz die Kosten im Segment um mindestens 1,0 Milliarden Dollar senken.  

… und ein no-brainer

Aber das ist nur die lange Gewinnsicht. Schon kurzfristig ist die Zurich-Aktie vielversprechend. Betrachtet man den langfristigen Kursverlauf, zeigt sich hier fast schon ein no-brainer. Damit bezeichnen Anleger ein mögliches Beispiel für leicht verdientes Geld, etwas, bei dem man nichts falsch machen kann.

In den letzten zehn Jahren, seit 2006, – mit Ausnahme des Crashs im 2009 – zog es den Kurs von Zurich Insurance nämlich in den Monaten ab November bis zur jeweiligen Generalversammlung im März oder April Jahr für Jahr nach oben. Da waren im Zeitraum von jeweils etwa fünf Monaten Kursgewinne von 10, 15 oder sogar 20 Prozent drin.

Anleger setzen auf hohe Dividenden und auf eine Kapitalrückzahlung …

Möglicherweise gehen die Kurssteigerungen sowohl auf das Konto der üblichen breiten Jahresendrally als auch auf jenes hoher Dividenden. Denn in der letzten Dekade erhöhte Zurich Insurance die Zahlung kräftig von 11.0 auf inzwischen 17.0 Franken. Eine Rendite von zuletzt 6,5 Prozent lockt natürlich Dividendenjäger an.

Dass die Dividende auch für 2015 das Vorjahresniveau wieder erreichen dürfte, scheint trotz des Gewinnrückschlags in den ersten neun Monaten ziemlich sicher zu sein. Denn Zurich Insurance sitzt auf einem hohen Kapitalpolster mit prognostizierten überschüssigen Mitteln von 3,0 Milliarden Dollar. Und da wird es gleich Anfang 2016 spannend. Im Februar nämlich will Firmenchef Martin Senn bei Vorlage der Jahreszahlen auch den Verwendungszweck für dieses Finanzpolster bekanntgeben. Als Möglichkeit kommt neben Investitionen in das Wachstum oder Zukäufen auch eine Kapitalrückzahlung in Betracht. Angesichts hoher Preise bei Akquisitionszielen könnte eine Sonderzahlung durchaus realistisch sein. Die Jahreszahlen kommen am 11. Februar.

… und eine vielversprechende Charttechnik

Zurich Insurance ist aber nicht nur wegen des aufgezeigten Kursmusters zwischen November und März und wegen hoher Dividenden interessant. Die Aktie konnte vor wenigen Tagen von der Unterstützung und wichtigen psychologischen Marke von 250 Franken nach oben abdrehen. Auch im April 2014 war das schon so. Damals gab es während vieler Monate steigende Kurse und Gewinne von mehr als 30 Prozent. Technisch orientierte Anleger achten zusätzlich auf den Verlauf der 100-Tage-Linie. Diese liegt bei etwa 270 Franken. Wird diese Marke erreicht oder übersprungen, werden das wohl viele Börsianer als Kaufsignal zum Einstieg nutzen.

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