Was ist nur an Europas Börsen los? Viele Jahre lang, liefen EuroStoxx 50 und S&P 500 mehr oder weniger im Gleichschritt. So marschierten die beiden Indizes beispielsweise in der Dekade zwischen den Jahren 2000 und 2009 fast parallel nebeneinander. Mit Start im Millennium bis 2002 war die Performance der beiden Leitindizes fast die meiste Zeit bis auf wenige Prozenpünktchen Abweichung so gut wie identisch und bezogen auf den Start im Jahr 2000 lagen die grossen US-Titel und die aus dem Euroraum bei der Kursentwicklung auch noch Ende 2008 fast gleichauf.

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Seit Ende 2009 allerdings hat sich das zunehmend dramatisch geändert. Während der Euro Stoxx 50 in den letzten zehn Jahren per Saldo nicht so recht vom Fleck gekommen ist, kletterte der S&P 500 von einem Hoch zum nächsten. Die Performanceschere bezogen auf den Start des Vergleichszeitraums Anfang 2010 ging dabei Jahr für Jahr immer weiter auseinander und ist derzeit mit rund 150 Prozentpunkten im Bereich des maximalen Spreads des genannten Zeitraums.

Klare Outperformance der US-Börsen…

Während die Blue Chips aus dem Euroraum heute in etwa dort stehen, wo sie auch Anfang 2010 waren, hat sich der S&P 500 seither fast verdreifacht und bringt derzeit ein Plus von knapp 250 Prozent. Damit stehen einer Performance von annähernd 0 Prozent pro Jahr bei den Blue Chips in Euroland jährliche Kursgewinne in den USA seit 2010 von durchschnittlich 11,5 Prozent entgegen. Jenseits des Euro Stoxx 50 bringen auch die weniger gewichtigen Titel aus dem Stoxx Europe 600 in dem Zeitraum auch nur ein vergleichsweise bescheidenes Plus von rund 40 Prozent oder knapp 4,5 Prozent pro Jahr.

Das Wirtschaftswachstum alleine kann nicht der Grund sein. Zwar lief die Konjunktur im Euroraum zwischen 2011 und 2014 schlecht und lag dabei etwa um ein bis zwei Prozentpunkte unter dem Wachstum in den USA, aber in der anderen Hälfte des Zeitraums kamen die beiden Wirtschaftsregionen annähernd im Gleichschritt voran.

… und auch bei den Margen

Da die Börse und die Aktienkurse aber nicht immer die Konjunkturelle Entwicklung widerspiegeln, rückt ein anderer Faktor in den Vordergrund: Die Gewinnentwicklung der Unternehmen. Die Rechnung der Börsianer ist einfach. Steigen die Kurse beispielsweise um 100 Prozent, dann müssen die Gewinne bei konstanter KGV-Bewertung ebenfalls um 100 Prozent zulegen.

Und da wird der Blick auf die Entwicklung der Gewinnspannen der Unternehmen interessant. «Zwischen 2005 und bis hinein ins Jahr 2009 liefen die Margen nach Steuern in Europa und den USA ziemlich exakt auf gleichem Niveau nebeneinander her. Doch seit etwa 2010 hat die Gewinnspanne von US-Unternehmen die Marge in Europa zunehmend hinter sich zurückgelassen», berichtet Greg Boutle, Analyst bei BNP Paribas.

Die Gewinnspanne stieg in den USA um 50 Prozent schneller…

Nach Berechnungen von BNP Paribas lag die Marge nach Steuern bei den Unternehmen von S&P 500 und dem Stoxx Europe 600 im Jahr 2009 noch ziemlich gleichauf bei rund sieben Prozent, ging dann aber zusehends auseinander. Bei den 600 Titeln aus Europa kletterte sie seither auf rund neun Prozent, im S&P 500 dagegen ging es mit der Gewinnspanne wesentlich schneller auf etwa 13 Prozent nach oben. Die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump brachte dabei einen Schub um etwa zwei Prozentpunkte oder entsprechend rund 20 Prozent.

Insgesamt lässt sich die Margenentwicklung zwischen USA und Europa damit folgendermassen skizzieren: Umsatzeffekte noch nicht einmal berücksichtigt, stieg der Gewinn der 500 US-Companies im breiten US-Aktienmarkt in knapp zehn Jahren um fast 50 Prozent schneller als bei europäischen Unternehmen. «Einer der Gründe für die schleppende Entwicklung der Margen in Europa kam seitens regulatorischer Vorgaben durch den Staat», erklärt Börsenexperte Boutle. Von strengeren Regeln betroffen waren dabei nicht nur die Banken, sondern auch Versorger, Telefongesellschaften und natürlich aktuell besonders die Autoindustrie.

… und auch bei der Eigenkapitalrendite schneiden US-Titel viel besser ab

Hinsichtlich Eigenkapitalrendite kamen laut BNP Paribas seit 2005 US-Firmen im Vergleich zu Europa insbesondere bei kurz- und langlebigen Konsumgütern, in der Telekommunikationsdienstleistern und im IT-Sektor besonders schnell voran. Stieg die Eigenkapitalrendite seither bei US-Telekomdienstleistern mit rund zehn Prozent in etwa doppelt so schnell wie in Europa, so kletterten die Renditen bei US-Konsumgüterfirmen um etwa zehn bis 15 Prozentpunkte schneller als bei der europäischen Konkurrenz.

In der IT-Branche kamen die Firmen in Europa hinsichtlich Eigenkapitalrendite seit 2005 überhaupt nicht voran, in den USA dagegen steigerten die Unternehmen ihre Renditen um mehr als 25 Prozent. Entsprechend ging die Marge im Sektor seit 2005 enorm auseinander und liegt bei US-Companies im IT-Segment mit etwa 20 Prozent rund drei bis viermal so hoch wie in Europa.

Die KGV-Bewertung ist von alten Rekorden noch weit entfernt

Aber trotz der guten Performance von US-Aktien sind die 500 Mitglieder im S&P 500 noch nicht einmal teuer. Die Titel kommen derzeit im Durchschnitt auf ein KGV um 20 und das ist deutlich niedriger als das 25er-KGV vor zehn Jahren. Ende der 1990er-Jahre und Anfang des neuen Jahrtausends lag die KGV-Bewertung im S&P 500 sogar einige Jahre zwischen 25 und 30.

Die erwähnte Steuerreform von Präsident Trump wirkt sich übrigens nicht nur für Unternehmen und Börsianer positiv aus. Wie sich jetzt zeigt, geben etliche Firmen in den USA ihre gestiegenen Gewinne infolge Steuersenkung zum Teil an ihre Mitarbeiter weiter. Der mit 1,4 Millionen Beschäftigten alleine in den USA grösste Arbeitgeber des Landes – die Handelskette Walmart – hat Anfang des Jahres den Einstiegslohn um mehr als 20 Prozent auf elf Dollar erhöht und zahlt den Mitarbeitern auch mehr Boni.

Anleger warten schon gespannt auf Thanksgiving…

Ähnliche Sonderzahlungen gibt es beispielsweise auch bei McDonalds und andere Unternehmen wie Starbucks wollen mit extra Zahlungen ebenfalls Mitarbeiter locken oder halten. Die Folge war, dass die Löhne in den USA im ersten Quartal mit einem Plus von 0,9 Prozent so stark gestiegen sind, wie zuletzt in 2007. Und steigende Löhne querbeet durch die Beschäftigten wiederum sind in aller Regel gut für den Konsum. Viele Anleger warten deshalb schon gespannt auf Thanksgiving am 22. November. Denn das US-Erntedankfest ist ein ganz wichtiger Indikator für das Weihnachtsgeschäft und den Konsum im Land. Sind die Verbraucher während der Thanksgiving-Tage bis Montag in Kauflaune, hat das oft positive Effekte auf die Börsen.

Aber nicht nur an der US-Börse, auch in Europa könnte es jetzt wieder nach oben gehen. «In Europa sind die Gewinnspannen oft durch die Inflation getrieben. Da derzeit aber der Inflationsdruck in Europa steigt, erwarten wir positive Überraschungen bei den Margen und den Gewinnen der Unternehmen», sagt der Analyst von BNP.

… und hebeln mögliche Kursgewinne mit Calls

Das Nachholpotential in Europa auf jeden Fall hat sich durch den Kursrückschlag im Oktober im Vergleich zum US-Aktienmarkt nochmals erhöht. Denn während der S&P 500 derzeit nur rund fünf Prozent unter den Hochs von Ende September notiert, dümpeln die Titel im Stoxx Europe 600 noch fast zehn Prozent unter diesem Level. Anleger, die auf steigende Kurse setzen wollen, greifen beim S&P 500 und Stoxx Europe 600 jeweils zu einem Hebelprodukt:

(ISIN: CH0346884684, Basis und Knock-out jeweils 2244,8995, Laufzeit endlos, Hebel 5,6 und ISIN: DE000CZ7TMR0, Laufzeit endlos, Basis 242,2352, Knock-out 245,47, Hebel 3,0).

*  * Georg Pröbstl ist Chefredaktor des Börsenbriefs Value-Depesche. Der Börsendienst ist auf substanzstarke, unterbewertete Aktien mit guten Perspektiven aus der D-A-CH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) spezialisiert. Performance des Musterdepots 1 Jahr: +18,7 Prozent (DAX: +5,6 Prozent), 3 Jahre: +51,8 Prozent (DAX: +14,9 Prozent). Seit Start im April 2010 steht ein Zuwachs von +374,2 Prozent (Dax: +96,9 Prozent)