Auch jetzt – wie immer in unsicheren Zeiten – rauschen Nebenwerte ganz schnell in den Keller. Der Handelsstreit zwischen USA und China sowie die Sorgen um die globale Konjunktur lasten seit Monaten auf den Aktienmärkten. Doch während der SMI mit den grossen Standardwerten seit Beginn des jüngsten Kursverfalls bei Aktien Anfang Oktober nur mit rund drei Prozent im Minus liegt, zeigen Nebenwerte weit höhere Verluste.

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So hat der SMIM – der Swiss Market Mid Caps Index – mit seinen 30 grossen Nebenwerten in den letzten drei Monaten 400 Punkte oder 15 Prozent an Wert verloren und im ganz breiten SPI mit seinen 213 Mitgliedern beträgt das Minus auch noch fünf Prozent. Die Erklärung für die relativ hohen Kursverluste im Nebenwertebereich sind leicht erklärt: Kleinere Firmen sind wegen eines kleineren Kundenstamms anfälliger für konjunkturelle Schwächephasen als die grossen Blue Chips. Wegen des grösseren Risikos schmeissen Anleger in unsicheren Zeite die kleineren Werte viel früher aus ihren Depots.

Nebenwerte – hohes Aufholpotential

Aber wo es zuerst besonders steil nach unten geht, gibt es dann auch das grösste Aufholpotential. Wie so eine Erholung aussehen kann, hat sich in den letzten Tagen gezeigt. Nachdem sich die USA und China am Verhandlungstisch jetzt möglicherweise doch noch über eine friedliche Beilegung des Handelsstreits einigen könnten, ging es mit Aktien auch nach oben.

So kletterten die Titel im SMI seit dem Wiederaufkeimen einer Versöhnung zwischen den beiden Ländern Anfang Januar bereits um mehr als 300 Punkte oder um rund vier Prozent. Der SMIM konnte aber sogar um sieben Prozent zulegen.

Exportorientierte Unternehmen – erst eingedampft, jetzt die Top-Performer

Dabei konnten gerade diejenigen Titel, bei denen Anleger zuvor die allergrössten Konjunktursorgen hatten und diese Werte entsprechend teils unter hohen Kursverlusten aus den Depots geräumt hatten, am stärksten zulegen.

Zu den grössten Kursgewinnern im SMIM zählen deshalb weltweit tätige Unternehmen, bei denen ein Handelskrieg besonders stark ins Kontor schlagen würde. Dazu zählen Firmen wie AMS, Georg Fischer, OC Oerlikon, VAG Group, Logitech und Schindler. Diese sechs Titel zählen mit Kurssteigerungen zwischen zehn und 30 Prozent zu den Top-Performern im Index in der letzten Woche.

Denn genau betrachtet, spiegeln die Kursverluste an den Börsen die Folgen des Handelsstreits zwischen China und den USA bisher weit überzogen wider. Während die Kurse an vielen Börsen in den letzten zwei bis drei Monaten im zweistelligen Prozentbereich gefallen sind, hat beispielsweise die OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ihre Wachstumsprognose für dieses und nächstes Jahr kaum nennenswert gestutzt. Nach einem globalen Wachstumsplus von 3,7 Prozent in 2018 rechnet die Organisation für 2019 und 2020 mit einem Anstieg der weltweiten Wirtschaftsleistung um 3,5 Prozent. Krise sieht anders aus!

Gut für den Gewinn – Unternehmen reagieren frühzeitig

Beispielsweise die Autoindustrie in Deutschland konnte trotz Dieselkrise und neuen Abgasprüfvorschriften ihre Absatzzahlen im vergangenen Jahr dennoch steigern. So verkaufte Daimler im vergangenen Jahr 0,6 Prozent mehr Fahrzeuge als 2017, BMW verkaufte 1,1 Prozent mehr und Volkswagen konnte dank seiner SUVs zumindest in den USA schon mal um 4,2 Prozent mehr Autos absetzen.

Und obendrein reagieren die Unternehmen auf eine möglicherweise abgeschwächte Konjunktur und einen schärferen Wettbewerb. So haben beispielsweise VW und Ford erst vor kurzem verkündet, in den Bereichen E-Mobilität und autonomes Fahren zusammenzuarbeiten. Nun kündigt Ford bereits einen massiven Stellenabbau für Europa an. Das ist schlecht für die Arbeitnehmenden, aber gut für den Gewinn und die Aktionäre.

SMI Mid Caps – der Index ist jetzt nach oben ausgebrochen

Vor allem Börsianer, die schon längere Zeit dabei sind und viele Krisen durchgestanden haben, wissen: Nichts wird so heiss gegessen, wie es gekocht wird. Die Angst vor einem Handelskrieg zwischen USA und China mit möglichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft könnte am Ende keine oder nur geringe Folgen haben.

Die Spekulation auf die Verlierer der jüngsten Korrektur – Beispiel AMS, Georg Fischer, Schindler usw. – am Aktienmarkt könnte sich damit auch weiterhin auszahlen. Da wäre zuerst aber einmal der SMIM. Nachdem der Index nach dem Rücksetzer auf, oder sogar knapp unter die psychologische Marke von 3000 Punkten Anfang der Woche wieder über diese Hürde drehen konnte, könnte das der Beginn einer Erholungsrallye werden.

SPI – Anleger setzen auf eine schnelle Erholung auf 11000 Punkte…

Als erstes Kursziel setzen sich Anleger dabei die 3400 Punkte-Marke von Anfang November auf ihre Liste. Risikofreudige Börsianer greifen dabei zu einem Call mit hohem Hebel (ISIN: CH0436492646, Laufzeit bis 20.12.19, Basispreis 2700). Kann sich der Index wieder auf die Hochs, die er noch vor zwei Monaten markiert hatte, aufschwingen, wäre bei dem Call in etwa eine Kursverdreifachung drin.

Vielversprechend ist übrigens auch der SPI. Der Index läuft – mit Ausnahme der kurzfristigen Kursscharte im Dezember – seit Mai 2017 in einer Handelsspanne zwischen 10000 und 11000 Punkten. Vor wenigen Tagen konnte der Markt von der unteren Begrenzungslinie nach oben drehen. Mit einem Index-Zertifikat auf den SPI (ISIN: CH0045070742, Laufzeit endlos) setzen Anleger darauf, dass der Index jetzt ganz schnell in Richtung der oberen Begrenzung spurten wird.

… und haben auch mehrere vielversprechende Einzelwerte im Visier

Da VAT Group, Georg Fischer und AMS trotz der jüngsten Gegenbewegung auf Jahressicht immer noch 40 und sogar 70 Prozent im Minus liegen, sehen spekulativ orientierte Anleger, die auf Einzelwerte achten, bei den drei Unternehmen nach wie vor exzellente Erholungschancen.

Aber auch Dufty, Dorma + Kaba und Clariant stehen mit Kursverlusten von jeweils rund 30 Prozent in den letzten zwölf Monaten als Turnaroundspekulation ganz weit oben auf der Kaufen-Liste. Für solche Spekulationen interessant ist auch Flughafen Zürich.

Flughafen Zürich – übertrieben hohe Kursverluste…

Die Aktie des Betreibers des Airports in Koten kam Anfang November wegen des Vorschlags des Bundesamts für Zivilluftfahrt BAZL unter Druck. Das Amt hatte eine Anpassung der Flughafengebühren präsentiert, die für Flughafen Zürich in der nächsten Gebührenperiode einen Rückgang der aviatischen Erträge um rund 25 Prozent oder mehr als 150 Millionen Franken im Jahr zur Folge hätten.

Entsprechend der Logik vieler Börsianer rutschte die Aktie von Flughafen Zürich danach um rund 25 Prozent nach unten. Dazu muss man allerdings wissen: Im vergangenen Jahr verbuchte Flughafen Zürich – das Unternehmen erzielt rund 50 Prozent der Umsätze im kommerziellen Bereich mit Parkplätzen, Bewirtschaftung und Vermietung der Liegenschaften oder Dienstleistungen – einen Gesamtumsatz von 1037,1 Millionen Franken. Und dann ist auch der Airport Kloten auf Rekordflug. So stieg der Umsatz im ersten Halbjahr 2018 um 10,5 Prozent auf 540,2 Millionen Franken.

… und der worst case tritt nur selten ein

Der Vorschlag des BAZL ist noch kein geschriebenes Gesetz und am Ende könnte alles weit weniger heiss gegessen werden, als es gekocht wurde. Eben genau so wie der Handelsstreit zwischen China und USA und mögliche Folgen auf die Weltwirtschaft. Der worst case tritt einfach nur sehr selten ein. Flughafen Zürich könnte damit genau wie viele andere Aktien jetzt eine gute Gelegenheit zum Einstieg sein.

* Georg Pröbstl ist Chefredaktor des Börsenbriefs Value-Depesche. Der Börsendienst ist auf substanzstarke, unterbewertete Aktien mit guten Perspektiven aus der DACH-Region spezialisiert. Performance des Musterdepots seit Start im April 2010: +16,7 Prozent p.a. (DAX: +6,3 Prozent p.a.). Transparenzhinweis: Der Autor berät Anlageprodukte. Die in diesem Beitrag besprochene Aktie ist Bestandteil eines solchen Anlageprodukts.