Sind die Zinssenkungen vom Tisch? Einige befürchten, dass die Leitzinssenkung der SNB im September auf 1,00 Prozent die letzte war – unabhängig davon, was die EZB tut. Sie beklagen, dass die drei Zinssenkungen der beiden Zentralbanken bis Oktober zu wenig und zu spät waren, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die Aktienkurse wieder zu beleben.

Unsinn. Trotz ständigem Gerede: Wie ich Ihnen im Oktober 2023 gesagt habe, können und werden die Zentralbanker nicht bestimmen, wohin sich die Aktien und die Wirtschaft entwickeln – egal, ob sie die Zinsen senken, erhöhen oder halten. Das gilt seitdem unverändert. Die Logik ist immer noch dieselbe.

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Als ich zuvor darüber schrieb, hatten die Fed und die SNB nach einer Reihe von Zinserhöhungen eine Pause eingelegt, die mit steigenden Aktienkursen einherging. Die EZB erhöhte die Zinsen weiter! Viele befürchteten, dass sich ein verzögerter Schaden anbahnen würde. Nein! Der SPI stieg von Oktober 2023 bis zur ersten Zinssenkung der SNB im März um weitere 6,1 Prozent. In der Euro-Zone erhöhten sich die Aktienkurse von Oktober bis zur ersten Zinssenkung der EZB im Juni stärker – um 20,7 Prozent in Euro. Seit Beginn der Zinssenkungen sind beide weiter gestiegen und haben bereits bestehende Trends fortgesetzt.

Der Gastautor

Ken Fisher ist Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, einer Vermögensverwaltungsfirma mit Niederlassungen weltweit, die über 294 Milliarden Dollar verwaltet. Fisher zählt zu den einflussreichsten (und auch reichsten) Investmentmanagern der USA.

Das Gleiche gilt für Amerika. US-Aktien stiegen in diesem Jahr vor der 50-Basispunkte-Senkung der Fed im September um 19,3 Prozent (in USD). Nachdem sie am Tag der Senkung gefallen waren, legten sie um weitere 4,2 Prozent zu. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Zinssenkung etwas geändert hat. Keine.

Leitzinssenkungen haben nicht immer unbedingt eine positive Wirkung. Der SPI rutschte im April um 2,4 Prozent ab – kurz nach der ersten Zinssenkung durch die SNB. Im Juni senkte sie den Leitzins erneut, eine Massnahme, die von der EZB übernommen wurde. Diese Massnahmen konnten den stürmischen Sommereinbruch des SPI und der Aktien der Euro-Zone jedoch nicht verhindern.

Oder spulen wir ein Jahrzehnt zurück: Die SNB senkte die Einlagenzinsen im Dezember 2014 auf ein negatives Niveau, sechs Monate nach der EZB. Wenn niedrige Zinsen eine Schlüsselrolle spielen, warum blieben der SPI und die Aktien der Euro-Zone in den darauffolgenden fünf Jahren hinter der weltweiten Entwicklung zurück? US-Aktien waren führend – trotz der Zinserhöhungen der Fed in dieser Zeitspanne.

Es geht auch nicht nur um die Märkte. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz wuchs in neun der letzten zehn Quartale, davon die letzten vier in Folge. Ja, im dritten Quartal beschleunigte sich das Wachstum nach den Zinssenkungen auf 0,7 Prozent im Quartalsvergleich. Aber im zweiten Quartal beschleunigte es sich auf 0,5 Prozent. Die Zinssenkung erfolgte nur zehn Tage vor Quartalsende. Ausserdem war ein Grossteil der Beschleunigung im dritten Quartal auf sinkende Importe zurückzuführen – kein Zeichen für ein durch Zinssenkungen angekurbeltes Wachstum.

Zentralbanken verfügen schlichtweg nicht über die Macht, Aktienkurse zu lenken. Die Märkte sind ganz und gar global ausgerichtet und wägen die wahrscheinliche Rentabilität der nächsten circa drei bis dreissig Monate gegen frühere Erwartungen ab. Leitzinsen, weltweit und in jedem einzelnen Land, spielen dabei nur eine geringe Rolle.

Dennoch betrachten viele geldpolitische Massnahmen nach wie vor als ausschlaggebend. Sie hängen an jedem Wort der Zentralbanker, was doppelt töricht ist. Warum? Zentralbanker geben häufig Prognosen, Leitlinien und öffentliche Kommentare ab, an die sie sich selbst nicht halten. Bei den Zinserhöhungen im Jahr 2022 haben sowohl Jerome Powell von der US-Notenbank (Fed) als auch Christine Lagarde von der EZB einen Flipflop hingelegt. Vertreter der SNB taten dies 2015 ebenfalls auf dramatische Weise: Wiederholt unterstützten sie die Euro-Bindung des Frankens, bevor sie diese plötzlich aufgaben.

Ihre Inkonsequenz wiederholt sich. Das jüngste Beispiel: Der Gouverneur der Bank of Japan (BOJ), Kazuo Ueda, schwenkte nach seiner früheren Aussage, dass der schwache Yen einfach «ignoriert» werden könne, um und erhöhte die Zinsen. Viele sehen in seiner Zinserhöhung die Ursache für den sommerlichen Yen-Carry-Trade-Ausraster und bezeichnen Ueda als «vorhersehbar unvorhersehbar».

Es ist nicht alles die Schuld der Zentralbanker. Die Wirtschaft ist komplex. Daten variieren. Dinge verändern sich. Aber man kann sich nicht auf die Prognosen der Beamten verlassen.

Also, Schluss mit der Fixierung auf die Zentralbanken. Sie sind nicht die Strippenzieher der Aktienmärkte oder der Wirtschaft. Dieser Bullenmarkt hängt nicht von ihren Handlungen ab.