Traditionsgemäss amtet das Bundesgericht als Gehilfe des Fiskus, indem es in rund 96 von 100 Fällen zu Gunsten der Steuerbehörden entscheidet. Wahrhaftig den Vogel abgeschossen hatten die Richter in Lausanne allerdings mit ihrem Urteil vom 11. Juni 2004 (siehe BILANZ 8/2005: «Hohe Steuerhürden für die Nachfolger»). Mit jenem Entscheid verschärfte das Bundesgericht die bestehende Praxis der Steuerbehörden bei Unternehmensverkäufen aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Gegen den Widerstand von einigen Kantonen ging die Bundessteuerverwaltung zudem sofort daran, den unsäglichen Gerichtsentscheid in der Praxis auch anzuwenden. Die steuerliche Hürde war damit für unzählige Unternehmensnachfolgen unerreichbar hoch geworden.
Bei Unternehmensverkäufen im KMU-Bereich – sei es an Familienmitglieder, das Management oder Dritte – sind die Käufer in aller Regel darauf angewiesen, den bezahlten Kaufpreis aus den Gewinnen der übernommenen Gesellschaft zu finanzieren. Gemäss einer gängigen Formel beträgt der Kaufpreis für eine Firma je nach Branche das Drei- bis Sechsfache des Jahresgewinnes, zuzüglich der vorhandenen Substanz. Sofern sich die Banken überhaupt dazu bereit erklären, den Kaufpreis zu finanzieren, verlangen sie von den Käufern meist, dass der Bankkredit spätestens nach fünf Jahren amortisiert ist. Wird das Unternehmen durch eine Privatperson gekauft, ist diese Vorgabe kaum je zu erfüllen. Der erwirtschaftete Gewinn muss dann nämlich zuerst als Lohn oder Dividende aus dem Unternehmen abgeführt werden und unterliegt dabei einer Gesamtbelastung mit Steuern und AHV von bis zu 50 Prozent. Der Verkäufer hat dafür den Vorteil, dass er einen steuerfreien Kapitalgewinn realisiert, weil er die Steuerlast quasi mitverkauft.
Wesentlich tiefer ist die Steuerbelastung auf den ausgeschütteten Gewinnen, wenn als Käuferin eine Finanzierungsholdinggesellschaft auftritt. Dieses Vorgehen wurde in der Vergangenheit steuerlich dann akzeptiert, wenn die Kaufpreisfinanzierung aus neuen, das heisst nach dem Unternehmenskauf erwirtschafteten Gewinnen erfolgte. Der Mitverkauf der Altgewinne war auch unter der alten Praxis als so genannte indirekte Teilliquidation nicht steuerfrei möglich. Mit dem erwähnten Bundesgerichtsentscheid kamen die Lausanner Richter nun zum wirtschaftsfremden Schluss, dass auch die Finanzierung aus neuen Gewinnen eine indirekte Teilliquidation darstelle. Damit führten sie gleichsam durch die Hintertür die vom Volk abgelehnte Kapitalgewinnsteuer ein. Viele dringende Unternehmensnachfolgen wurden deshalb auf die lange Bank geschoben. Nun zeichnet sich eine Lösung ab, denn die Bundespolitiker wollen durch eine zügige Gesetzesänderung den Fehlentscheid des Bundesgerichts korrigieren.
Die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben hat Mitte Februar einen ersten Teil der laufenden Unternehmenssteuerreform zuhanden ihres Rates verabschiedet. Dabei hat sie beschlossen, die Gesetzesvorlage zu teilen, damit die als vordringlich erachtete Regelung der indirekten Teilliquidation im Rahmen einer separaten Vorlage rasch behandelt und auf den 1. Januar 2007 in Kraft gesetzt werden kann. Der Ständerat ist in der Frühjahrssession der Empfehlung seiner Kommission gefolgt, womit der endgültige Entscheid nun beim Nationalrat liegt. Stimmt dieser der Vorlage ebenfalls zu, können wir uns glücklich schätzen, ab nächstem Jahr für den Bund und alle Kantone eine einheitliche und nachvollziehbare Regelung zu haben. Der Verkauf einer Aktiengesellschaft oder einer GmbH an eine Holdinggesellschaft soll für den Verkäufer dann steuerfrei bleiben, wenn die vorhandenen offenen und stillen Reserven durch den Käufer während fünf Jahren nicht für die Kaufpreisfinanzierung herangezogen werden. Bereits unter der früheren Praxis war es diesbezüglich üblich, den Käufer vertraglich zu verpflichten, die steuerlichen Rahmenbedingungen einzuhalten. Noch sicherer fährt derjenige, der eine schlank getrimmte Gesellschaft verkauft. Durch die in immer mehr Kantonen gewährten Steuerrabatte auf Dividenden besteht diesbezüglich auch ein steuerlicher Anreiz. Und geht es nach dem Willen des Ständerates, soll ab 2008 auch der Bund Dividenden nur noch zu 50 Prozent besteuern.