BILANZ: Herr Studer, in den Depots der Schweizer Anleger macht der Anteil an strukturierten Produkten erst vier Prozent aus. Wie gross ist das Potenzial?

Roger Studer: Im Vergleich zu den ausländischen Kunden ist der Anteil in der Tat noch gering. Bis 2011 dürfte der Anteil der in- und der ausländischen Depotinhaber bei rund 10 bis 15 Prozent des gesamten Anlagevolumens liegen.

Auf wessen Kosten?

Sie verdrängen insbesondere Direktanlagen, nicht aber Anlagefonds. Letztes Jahr haben sowohl die Fondsvolumen wie auch die Volumen an strukturierten Produkten zugenommen. Die beiden Produktarten wachsen zusammen und werden kombiniert.

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Ist der Markt bereits gesättigt? Immerhin ist das durchschnittliche Volumen pro Produkt massiv gesunken.

Ich kann mir vorstellen, dass noch einige wenige Emittenten in den Markt eintreten werden. Die Bonität, das erforderliche Know-how und die notwendige Kapazität bilden allerdings hohe Eintrittsbarrieren.

Wie kann die Transparenz im Handel mit strukturierten Produkten verbessert werden?

Nach der Kategorisierung der Produktebezeichnung steht nun die Risikoeinteilung an, die wir bei Vontobel schon eingeführt haben. Die Risikobewertung variiert zwischen den einzelnen Produkten, aber auch während der Laufzeit eines Produkts. Anleger können so auch während der Laufzeit das Risiko eines Produkts beurteilen.

Und bei der Kostentransparenz?

Die Kosten von Open-End-Produkten sind jeweils auf den Term Sheets ersichtlich. Bei strukturierten Produkten mit begrenzter Laufzeit weiss der Anleger genau, zu welchem Preis er welches Chancen-Risiko-Profil erwirbt. Bei Fonds hingegen wird im Prinzip der Auftrag zur Vermögensverwaltung gekauft. Bekannnt sind die einzelnen Kostenkomponenten, nicht aber die Rendite am Schluss.

Ich kann auch nicht beurteilen, ob ein Zinscoupon von elf Prozent gerechtfertigt ist oder mit zwölf Prozent fair wäre.

Nicht auf die Kommastelle, aber in der Tendenz schon. Unter den rund 30 Anbietern herrscht ein grosser Wettbewerbsdruck. Für Emittenten ist es ein Leichtes, das Produkt eines Konkurrenten zu analysieren und ein solches im Nu mit günstigeren Konditionen auf den Markt zu bringen.

Die Preistransparenz ist mangelhaft.

Wir sehen beim Verband im Börsenhandel Verbesserungsbedarf. Zum Beispiel bei der Kursangabe zum Nominalwert oder jener in Prozent. Auch die Angabe des Marchzinses wird noch unterschiedlich gehandhabt. Gemeinsam mit der Börse bemühen wir uns, die Qualität dieser Stammdaten zu verbessern  …

…  bevor der Regulator einschreitet.

Dank der sinn- und massvollen Regulierung spielt die Schweiz in diesem neuen Segment eine Vorreiterrolle.

Dennoch sind institutionelle Investoren wie die Pensionskassen zurückhaltend.

Wir stellen jedoch ein steigendes Interesse der institutionellen Anleger fest. Die Bank Vontobel ist diesen Bedürfnissen mit den ETSF entgegengekommen und hat mit der Schweizer Börse ein neues Segment geschaffen. ETSF sind kotierte Anlagefonds mit strukturierten Produkten. Damit wird das Emittentenrisiko verringert  …

…  das durch die Finanzkrise eine grössere Bedeutung gewonnen hat. Verfügt der Verband über ein Szenario, falls ein grösserer Emittent ausfallen sollte?

Wir weisen die Anleger bei Vontobel wie auch beim Verband immer darauf hin, die Bonität des Emittenten zu beachten und nicht alle Produkte vom gleichen Emittenten zu kaufen.

Wie verlässlich sind Garantien für Tochtergesellschaften auf Guernsey oder anderswo, welche die strukturierten Produkte ausgeben?

Bei Vontobel zu 100 Prozent.

Und bei den Verbandsmitgliedern?

Der Verband kann nicht Garantien aussprechen. Wir haben aber einen Verhaltenskodex und Aufnahmekriterien. Wer sich nicht daran hält, kann ausgeschlossen werden. Die Zugehörigkeit ist also schon ein Gütesiegel.

Wurden Aufnahmegesuche abgelehnt?

Ja.

Ihr Tipp zum Schluss: Wie sollen Anleger in der aktuellen Situation vorgehen?

Anleger mit Produkten, bei denen die Auslieferung von Aktien droht, haben drei Möglichkeiten: das Produkt verkaufen, es halten bis zum Verfall und die Aktien ausliefern lassen oder ein Produkt kaufen, mit dem die Partizipation an einer Kurserholung der betreffenden Aktie möglich ist. Vontobel bietet ihren Kunden dabei über eine eigens dafür eingerichtete Helpline Unterstützung.

Interview: Hansjörg Ryser

Roger Studer leitet seit Jahresanfang das Investment Banking der Bank Vontobel. Zuvor war er in diesem Bereich für die Financial Products verantwortlich. Der 41-Jährige ist überdies Präsident des vor zwei Jahren gegründeten Schweizerischen Verbands für Strukturierte Produkte (SVSP).

Der erste Teil des Interviews erschien in der BILANZ-Ausgabe 6/08 vom 20. März.