Die Inflation ist erwacht. Seitdem Geld- und Fiskalpolitik zur Krisenbewältigung nicht mehr gegeneinander, sondern Hand in Hand arbeiten, tun sich scheinbar unerschöpfliche Geldquellen auf.
Sowohl in den USA als auch in der Eurozone fliesst Geld vom Staat in nicht gekanntem Ausmass in die Wirtschaft. Dies hat zum einen eine kräftige Konjunkturerholung angefacht, zum anderen steigt die Wahrscheinlichkeit für eine nachhaltige Wiederbelebung der Inflation.
Zwar dürfte die Teuerungsrate in der Schweiz kaum über 1 Prozent steigen, aber wer auch ausserhalb des Heimmarktes investiert, sollte sein Portfolio vor den Folgen der Teuerung schützen. Dafür eignen sich besonders gut Infrastruktur-Aktien.
Johannes Maier ist Portfolio Manager Infrastruktur-Aktien beim Asset Manager Bantleon Bank AG.
Im langfristigen Vergleich erzielte börsenkotierte Infrastruktur nämlich eine Rendite, die deutlich über der Inflationsrate lag. In den vergangenen 20 Jahren beispielsweise kamen globale Infrastruktur-Aktien gemessen am GLIO Index auf annualisierte Renditen von über 10 Prozent und schlugen damit sogar den MSCI World um über 2 Prozentpunkte pro Jahr. Besonders stark war der Kurszuwachs von Infrastruktur-Aktien, wenn die Inflationsraten gemessen am US-Verbraucherpreisindex (VPI) über 3 Prozent lagen. In diesen Phasen übertrafen sie den MSCI World um durchschnittlich 13 Prozent pro Jahr.
Erträge der meisten Infrastruktur-Unternehmen sind an Inflation gekoppelt
Mit Blick auf die besonderen Eigenschaften von Infrastruktur-Unternehmen liegen die Gründe für dieses Verhalten auf der Hand: Die regulatorischen Rahmenbedingungen, Konzessionen und langfristigen Verträge koppeln die Erträge der meisten Infrastruktur-Unternehmen ausdrücklich an die Inflation.
Selbst wenn keine explizite Verknüpfung der Erträge mit Preissteigerungen besteht, können sich die Betreiber von Infrastruktur durch ihre Quasi-Monopolstellungen auf eine erhebliche Preissetzungsmacht verlassen und Teuerungsraten auf Kunden überwälzen.
Zudem gibt es erhebliche Markteintrittsbarrieren für den Bereich Infrastruktur, welche hauptsächlich aus den regulatorischen Rahmenbedingungen, der Flächenverfügbarkeit und hohen Erstinvestitionen resultieren. Oft haben Konsumenten daher kaum Alternativen für Infrastruktur-Dienstleistungen. Selbst konsequente Preiserhöhungen führten für Betreiber von Infrastruktur folglich nur selten zu volumenbasierten Nachfragerückgängen.
Wie gut die Erträge von Infrastruktur-Unternehmen vor Inflation geschützt sind, hängt jedoch vor allem vom Sektor und vom Land ab, in dem die Dienstleistungen angeboten werden.
Entscheidend sind hier die Transparenz beim regulatorischen Entscheidungsprozess sowie die regulatorische Sicherheit. Ferner ist zu berücksichtigen, mit welcher Zeitverzögerung inflationsbedingte Preiserhöhungen erwirtschaftet werden dürfen.
Bester Inflationsschutz bei regulierten Versorgern und Mautstrassenbetreibern
Den besten Inflationsschutz bieten regulierte Versorger und Betreiber von Mautstrassen. Die Regulatorik ist für diese Segmente nämlich meist eindeutig und lässt inflationsgekoppelte Preissteigerungen zu. Ausserdem bestehen Unternehmen aus diesen Segmenten schon lange und sind bekannt für eine hohe Transparenz bei der Umsetzung von Preisanpassungen.
In den Konzessionen des französischen Mautstrassenbetreibers Vinci beispielsweise ist festgelegt, dass die Autobahngebühren jährlich um mindestens VPI x 70 Prozent (Verbraucherpreisindex) erhöht werden. Der australische Betreiber von Mautstrassen Transurban kann die Gebühren um mindestens 4 Prozent pro Jahr anheben – wenn die Inflation höher ist, sogar um diesen höheren Wert.
ETFs bergen Risiken
Für eine passive Abbildung als Inflationsschutz – beispielsweise über börsengehandelte Indexfonds (ETFs) – eignet sich das Segment allerdings nicht, denn längst nicht jedes Unternehmen hat die vertraglichen und regulatorischen Voraussetzungen.
So unterliegen Infrastruktur-Unternehmen aus Entwicklungsländern im Fall anziehender Inflation grosser regulatorischer Unsicherheit. Und einige Segmente wie die Bereiche Telekommunikation und Infrastruktur-Baugewerbe sind sehr wettbewerbsintensiv.
Aber auch bei Versorgern in den USA ist die Preisanpassung nicht explizit vertraglich geregelt. Zudem finden sich im Infrastruktur-Sektor insgesamt immer noch viele traditionelle Geschäftsmodelle, die weit von den heutigen ESG-Ansprüchen entfernt und auch vom übergeordneten Wachstumstrend im Bereich Infrastruktur abgekoppelt sind.
Weil Investitionen in Infrastruktur kapitalintensiv sind, zählen Abschreibungen und Zinsen zu den grössten Kostentreibern. Sie bleiben aber auch bei steigenden Inflationsraten zunächst einmal konstant. Das eigentliche Risiko im Umfeld steigender Inflationsraten für Infrastruktur-Aktien geht von einem möglichen Folgeeffekt aus: wenn die Zinsen nachhaltig steigen.
Dies ist aber nur dann negativ für die Cashflows von Unternehmen, wenn die höheren Zinskosten die positiven Auswirkungen anziehender Inflation übersteigen – der Realzins also steigt. Ein Szenario, das von den Notenbanken zurzeit nicht gewünscht wird. Sofern Unternehmen das aktuelle Niedrigzinsumfeld nutzen, um sich langfristige Finanzierungen zu sichern, besteht der positive Inflationseffekt fort.