Bedürfte es für die Selbstsucht der Konzernstrategen noch eines Beweises, der verhinderte Zusammenschluss von Alusuisse-Lonza mit dem deutschen Viag-Konzern würde ihn liefern: Zum unternehmerischen Glücksfall hochstilisiert und von beiden Seiten als Konsequenz industrieller Logik gepriesen, wurde das Fusionsvorhaben vier Monate nach seiner Bekanntgabe - aus Opportunismus - wieder abgeblasen. Unter fadenscheinigen Erklärungen, die den Vorsatz zum Scheitern nur dürftig kaschierten, trug man «Axera» (vorgesehener Firmenname) am 29. März 1999 zu Grabe, bevor der Bastard offiziell getauft war.

Wie es kam, dass der transnationale Flirt wegen «technischer Hindernisse» in die Hosen ging, versuchte Algroup-Chef Sergio Marchionne tags darauf vor der Presse verständlich zu machen. Das Bewertungsergebnis von 67,5 Prozent (Viag) zu 32,5 Prozent (Algroup), welches die mit einer Nachkalkulation beauftragten Wirtschaftsprüfer ermittelt hatten, sei inakzeptabel, teilte der Statthalter von Martin Ebner den versammelten Medienleuten mit. Am sogenannten HFA-Ansatz, auf den sich die Brautleute vorgängig geeinigt hatten, liess Marchionne nun keinen guten Faden, bejammerte dessen «rechtliche Limitationen» und nannte ihn einen «bizarren Prozess». Das Verfahren verunmögliche eine marktnahe Betrachtungsweise, kritisierte der kanadische Buchhaltungsexperte, und stelle im Fall transnationaler Zusammenschlüsse für den Standort Deutschland ein erhebliches Hindernis dar. Als hätte der internationale Accounting-Profi dies alles nicht schon vorher gewusst.

In ihrer Absichtserklärung zur Fusion hatten sich beide Seiten ausdrücklich zu einer abschliessenden Unternehmensbewertung nach den Grundsätzen des HFA (Hauptfachausschuss des deutschen Instituts der Wirtschaftsprüfer) verpflichtet. Mit der Einschränkung, dass ein Partner aussteigen könne, wenn die Abweichung mehr als ein Prozent - gegen oben wie gegen unten - von der ursprünglich vereinbarten Austauschrelation von 65 zu 35 Prozent betragen sollte. Dieser Fall war nach den Ertragswertberechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO einwandfrei gegeben (siehe Kasten «Um Werte feilschen wie beim Teppichhändler» auf Seite 48). Martin Ebner, die Chance einer Alleinherrschaft vor Augen, zögerte keine Sekunde und machte von der Rückzugsklausel Gebrauch.

Von vergleichbarer Sprunghaftigkeit war einzig die im November letzten Jahres mit saloppen Sprüchen - und der Hoffnung auf höhere Börsennotierungen - angekündigte Zweckehe zwischen Ciba Spezialitätenchemie (SC) und Clariant: «Es war einfach wieder einmal Zeit, sich anzurufen», gab sich Clariant-Boss Rolf W. Schweizer bei Bekanntgabe der Fusionspläne besonders pfiffig und schwärmte vom perfekten «Fit» der Chemie-Spinoffs am Rheinknie. «Die industrielle und strategische Logik haben diese Fusion ausgelöst, nicht kurzfristige oder börsenorientierte Aspekte», sekundierte sein Gegenpart, Ciba-Präsident Rolf A. Meyer (internes Kürzel: RAM).

Entsprechend konfus wirkten die Erklärungsversuche der beiden beim abrupten Übungsabbruch vier Wochen später. Anstelle einer klaren, nachvollziehbaren Begründung wurde in einer Faxmitteilung ein Potpourri an dräuenden Gefahren angeführt - unternehmerische Fussangeln, welche die Verhandlungsführer vor Beginn der Detailprüfung («due diligence») scheinbar allesamt übersehen hatten. «Geschäfts- und Finanzrisiken, rechtliche und kartellrechtliche Risiken sowie Einschränkungen in bezug auf die Transaktion und die Zukunft des fusionierten Unternehmens» - sie alle mussten als Argumente für die Aufkündigung des Verlöbnisses herhalten. «Das Ganze war nur eine Papierübung, jetzt arbeiten wir an den Plänen für die Zukunft», gab Meyer routiniert zu verstehen. Plumper lässt sich eine Pleite nicht schönreden.

Die Unbekümmertheit, mit der das Publikum - darunter Zehntausende von Kleinanlegern - an der Nase herumgeführt wurde, ist in beiden Fällen exemplarisch. Nur folgerichtig, dass die Investment-Bank Goldman Sachs in einer Anlagestudie über die Firma mit dem Schmetterlingslogo vermerkt: «Was sich bei Ciba SC in der zweiten Hälfte des Jahres 1998 abspielte, hat das Vertrauen der Anleger schwer beschädigt. Es wird einige Zeit brauchen, dieses wieder aufzubauen.»

Während Martin Ebner der Streit um das richtige Austauschverhältnis als Vorwand zur Machtübernahme bei der Algroup diente, wurde das Gezerre um eine «gerechte» Quotenaufteilung nach der geplatzten Chemiehochzeit zu Basel mit Bedacht vertuscht. Tatsächlich hatte Rolf Schweizer nach Einsicht in die Ciba-Dossiers gefordert, dass die anfangs vereinbarte Fusionsparität von 54 Prozent (Clariant) zu 46 Prozent (Ciba SC) weiter zugunsten der Clariant-Aktionäre verschoben werden müsse. Ein Druckversuch, dem der von Meyer gegängelte Ciba-Verwaltungsrat zwecks Wahrung der Eigeninteressen nicht nachzugeben gewillt war. Handkehrum liess der Ciba-Präsident nichts unversucht, um seine Wenigkeit auch beim neuen Chemikalienriesen für den VR-Vorsitz in Stellung zu bringen. Gegen einen Passus im Fusionsvertrag, der solches festschreiben sollte, stemmte sich wiederum der 68jährige Clariant-Obmann.

Dafür mussten andere über die Klinge springen - Hermann Voidicka zum Beispiel, der bei Ciba SC bis Ende letzten Jahres den Posten eines Chief Executive Officer bekleidet hatte. Den korrekten Österreicher dürfte es nach über dreissig Dienstjahren bitter getroffen haben, als ihm Meyer im Herbst letzten Jahres eröffnete, vermutlich sei er im Topkader des geplanten Weltmarktführers für chemische Spezialitäten überzählig. Schon einmal musste sich Voidicka in letzter Minute von Meyer die Butter vom Brot nehmen lassen: bei der Verschmelzung von Ciba-Geigy und Sandoz zum Pharmagiganten Novartis. Unmittelbar vor Bekanntgabe des Basler Megamergers war Voidicka zum CEO von Ciba-Geigy ernannt worden und hatte damit Finanzchef Rolf Meyer auf der Karrierespur scheinbar bereits hinter sich gelassen.

Bei der Abspaltung von Ciba SC im Frühjahr 1997 hiess es für den gebürtigen Wiener allerdings schon wieder, ins zweite Glied zurückzutreten, als «RAM» an seiner Stelle auf den Präsidentensessel gehievt wurde. Trotz wiederholter Zurücksetzung blieb der Rivale stets loyal; zu den Ränkespielen hinter den Kulissen will er sich auf Anfrage auch heute partout nicht äussern. Seit seinem selbstgewählten Rückzug ins Private übt sich Voidicka in der vermögensbildenden Kunst des Vergessens, eine Fähigkeit, die er in Anbetracht der von Ciba SC bezahlten Abfindungssumme vermutlich zur Perfektion entwickeln wird.

Einer, der nicht minder Brisantes zu berichten hätte, ist der gleich zweifach abgesägte Theodor Tschopp. Als scheidender Mehrfachverwaltungsrat trägt allerdings auch dieses prominente Fusionsopfer - vorab aus juristischen Gründen - einen massiven Maulkorb. Man habe ihn ausdrücklich davor gewarnt, mit der Presse zu sprechen, ist derzeit so ziemlich alles, was sich der enttäuschte Industriekapitän entlocken lässt. Offiziell wurde Tschopps Rückzug aus dem Verwaltungsrat der Ciba SC mit «möglichen Interessenkonflikten» begründet, die sich wegen seiner Nomination zum VR-Präsidenten des Reissbrettkonglomerats «Axera» in Zukunft hätten ergeben können. Inoffizielle Version: Tschopp konnte die Selbstherrlichkeit Meyers nicht länger ertragen, die Art etwa, wie er vom Ciba-Boss erst mit Verspätung über wichtige Verhandlungspunkte ins Bild gesetzt wurde.

Vollends unter die Räder geriet der 62jährige Aluminiumveteran im Verlauf des Verkupplungsversuchs zwischen Algroup und Viag. Anfangs stand Tschopp einer grenzüberschreitenden Grossfusion eher skeptisch gegenüber, liess sich von Sergio Marchionne aber bald eines Besseren belehren. In den Verhandlungen mit den Münchnern war es pikanterweise kein anderer als Tschopp, der für seinen ehrgeizigen Zögling eine Garantie für dessen vorzeitigen Vorstoss an die operative Konglomeratsspitze herausschinden wollte. Grossaktionär Ebner habe dieses Thema ihm gegenüber nie angeschnitten, beteuert der Viag-Vorstandsvorsitzende Wilhelm Simson. «Meine Ansprechpartner waren die Mitglieder des Algroup-Verwaltungsrats, ein Gremium, dem Ebner bis heute gar nicht angehört», stichelt der Honorarprofessor aus München. «Tschopp wollte, dass Marchionne eine gewisse Garantie für den Chefposten erhält. Wohlweislich haben wir das aber nicht in unser Business-Agreement aufgenommen, weil wir realisierten, dass so etwas rechtlich gar nicht möglich ist.» (vergleiche das Interview «Der Chef darf nie der Intelligenteste sein» auf Seite 53).

Um das fortkommen seines ambitionierten Nachfolgers braucht sich Tschopp nach seinem Ausscheiden bei der Algroup keine Sorgen zu machen. Von Marchionnes «Best in class»-Credo ist Hauptaktionär Ebner so sehr angetan, dass der prominente Fliegenträger und VR-Präsident in spe gewillt ist, den Italo-Kanadier an der bevorstehenden Generalversammlung seinerseits in den Stand eines Algroup-Verwaltungsrats zu erheben. Seit jener turbulenten Verwaltungsratssitzung vom 27. März 1999, bei der Altpräsident Tschopp unter bislang ungeklärten Umständen demissionierte, gibt Ebner - wiewohl bis heute ohne offizielles Mandat - bei der Alusuisse-Gruppe den Takt vor. Kraft seines Aktienbesitzes, der mittlerweile über 25 Prozent der Algroup-Stimmen umfassen dürfte, dirigiert der Shareholder-Aktivist aus dem Kanton Schwyz ein Gremium, in das er sich erst noch wählen lassen muss. Zwar trägt die Entmachtung Tschopps den Anstrich einer Palastrevolution; genaugenommen handelt es sich bei Ebners spontaner Machtergreifung jedoch um den Coup eines aussenstehenden Raiders.

Peinlich genug für Ebner, der gewöhnlich keine Gelegenheit auslässt, um sich vom Image des kaltschnäuzigen Firmenjägers reinzuwaschen. Eine blütenweisse Weste stünde ihm wahrhaft gut an, gerade jetzt, wo der undurchsichtige Aktiengrossist daran ist, seine Eigentümerrolle neu zu interpretieren: Geschäftsführer einer auf den Blockhandel spezialisierten Börsenbank, Betreiber und gleichzeitig Mehrheitseigner von vier börsenkotierten Beteiligungsvehikeln, beherrschender Algroup-Aktionär und jetzt auch noch aussichtsreichster Kandidat für den VR-Vorsitz bei besagter Publikumsgesellschaft. Die Mehrfachverantwortung, die mit dieser Rollenvielfalt verbunden ist, übernimmt Ebner in Personalunion. Absurd mutet es an, wenn er behauptet, alle seine Rollen unter einen Hut zu bringen. Kurstreiberei, Insiderhandel und sogenanntes Front running, kurz: das Ausnützen einseitiger Informationsvorteile, sind angesichts von Ebners Börsenpotenz und seinen vielschichtig verschränkten Eigeninteressen als Wertschriftenhändler, Vermögensmilliardär und Verwaltungsrat gewissermassen vorprogrammiert. Angesichts der Quelleneinsicht, die mit Aufsichtsratswürden verbunden ist, hält selbst ein Habitué wie der Präsident der Schweizer Börse SWX, Aktienrechtler Peter Nobel, Ebners gespreiztes Rollenverständnis für «delikat».

Mulmig wird es einem erst recht, wenn man den Beweisnotstand kennt, in dem sich die Schweizer Finanzmarktaufsicht bei illegaler Gruppenbildung und verdeckten Absprachen befindet. Wie es wohl diesbezüglich um den Politunternehmer Christoph Blocher steht, der sich parallel zu seinem Geschäftsfreund und Finanzberater Martin Ebner seinerseits rechtzeitig mit einem ordentlichen Packen an Alusuisse-Aktien eingedeckt hat? (Blocher hält derzeit via die Ems-Chemie rund sieben Prozent der Algroup-Stimmen.) Werden der im Börsengesetz verankerte Gleichbehandlungsgrundsatz und das Prinzip der Wahlfreiheit vom Freundesduo wirklich gelebt? Oder bilden die beiden Spezis nicht längst eine Art konkurrenzlos hantierendes Schattenkabinett? Daran gemessen, wie die Dinge bei der Algroup liegen, muten Blochers Schwüre auf seine unternehmerische Eigenständigkeit geradezu lächerlich an. «Pendente Fälle können wir am Telefon nicht diskutieren», gibt derweil Jacques Iffland, Rechtskonsulent der Kommission für Übernahmeangebote (UEK), vielsagend zu verstehen.

Seinen geschickt terminierten Einstieg hat der SVP-Nationalrat wiederholt als «reines Finanzinvestment» verniedlicht. Nachdem die Fusionspläne im November 1998 endlich durchgesickert waren, mutierte Blochers «Portfolio-Investition» im Wert von 700 Millionen Franken dann allerdings rasch zum logischen Pfand für einen Sitz im Aufsichtsrat des geplanten Industriekombinats. Dass aus «Axera» nichts wurde, kann Blocher verschmerzen. Für die entstandenen Unkosten wird der Besitzer der Ems-Chemie mit der Einsitznahme in einem handverlesenen Minigremium entschädigt, wo er seinen Gestaltungswillen mit Sicherheit freier wird entfalten können als im Konzert mit den Deutschen. Beim designierten VR-Präsidenten, einem Industrienovizen, dürfte Blochers unternehmerischer Rat inskünftig hoch im Kurs stehen. Man kann es drehen, wie man will: Dem Politpopulisten und Ems-Betreiber kommt im Ringen um eine neue Struktur für den 1888 in Neuhausen am Rhein gegründeten Aluminium-Konzern eine Schlüsselrolle zu.

Blocher und Ebner können sich über ihren zweifach geglückten Handstreich vor Freude auf die Schenkel klopfen. Das soll ihnen erst einmal einer nachmachen: Ausladen eines mühsam gewordenen Fusionspartners bei gleichzeitiger Kollektiventsorgung des bisherigen Verwaltungsrats. Was haben die beiden Nonkonformisten mit der spitzbübischen Freude am Widerspruch zusammen nicht schon alles ausgeheckt? Ohne Ebners finanztechnischen Beistand wäre die Ems-Chemie nie zu einer solchen Perle herangewachsen. Mit einer Betriebsmarge von 17,8 Prozent (Ebit) stellt der schwergewichtig im Anlagenbau und in der Autozuliefertechnik tätige Spezialchemie- und Klebstoffkonzern vergleichbare Unternehmen wie Lonza, Ciba SC oder Clariant bei weitem in den Schatten. Diese bringen es allesamt gerade mal auf eine gut zehnprozentige Ebit-Marge.

Nachdem Blocher diverse Beteiligungen verkauft hat und die Finanzgewinne der Ems-Chemie versiegen, befindet er sich gleichwohl in Zugzwang. Lonza wollte er kaufen, bei Ciba SC hat er verschiedentlich angeklopft, und auch mit Clariant-Boss Rolf Schweizer tauscht sich Blocher regelmässig über Opportunitäten aus. Bei soviel Verkehr besteht für Branchenkenner kein Zweifel: Jetzt, wo die Ems ordentlich herausgeputzt ist, befindet sich ihr Eigner auf Brautschau.

In der Tat scheint Blocher eine Lösung zu favorisieren, die darauf hinausläuft, dass er Teile seiner Chemiegruppe mit der traditionsreichen Lonza zusammenfügt, um die eingekreuzte Brut anschliessend bei der Algroup unter die Haube zu bringen. Im Gegenzug würde sich der SVP-Nationalrat mit entsprechender Quote an einer neuen, zusammen mit Ebner kontrollierten Industrieholding beteiligen. Wie 1983, als sich Blocher trickreich zum Alleinherrscher über die Emser Werke aufschwang, könnte er auch beim skizzierten Deal versuchen, zwei anscheinend unvereinbare Positionen persönlich zu vereinen - in konfliktreichem Doppelmandat als Algroup-Verwaltungsrat (Käufer) und Ems-Besitzer (Verkäufer). Und ist der Swap erst über die Bühne, kann sich der milliardenschwere Volkstribun voll auf sein innenpolitisches Spätwerk konzentrieren: Blochers finale Schlacht gegen die Europazugehörigkeit der Schweiz.

Lonza die profitablere Ems aufzupfropfen, um den Chemiebereich zu verstärken und im gleichen Zug renditemässig zu veredeln, tönt für den Anfang gar nicht so schlecht. Als ausgemacht gilt: Auch für Ebner stehen die Feinchemikalien im Zentrum der strategischen Pläne. Verwundern würde es deshalb nicht, wenn der Hauptaktionär - jetzt, wo Tschopp aus dem Amt ist - ohne langes Tamtam mit der von jenem initiierten Dreispartenideologie aufräumen sollte. Geradezu weltfremd, wer glaubt, ein passionierter Firmenjäger würde freiwillig auf die Option verzichten, ganze Firmenteile en bloc abzuspalten, meistbietend zu verhökern, gegen interessantere Assets einzutauschen oder - aus der Shareholder-Perspektive vielleicht am verlockendsten - separat an die Börse zu bringen. «Ebner hat die Fusion mit uns von Anfang an gegen eine Zerschlagung der Algroup gerechnet», ist ein ranghoher Viag-Vertreter überzeugt.

Gegen 50 prozent der algroup-Stimmen kontrolliert Ebner im Verbund mit Blocher und assoziierten Aktionärgruppen bereits. Gelingt es dem Freundespaar, anlässlich der GV vom 20. Mai die bestehenden Stimmrechts- und Eintragungslimiten wie angekündigt vom Tisch zu fegen, tritt ein Szenario ein, welches die «Schweizerische Handelszeitung» zur Befürchtung veranlasst, unter «dem gewaltigen Einfluss von Ebner und seinen Getreuen» werde die Algroup dereinst wohl «nicht mehr als echte Publikumsgesellschaft betrachtet werden können».

Spekulationen darüber, wie es weitergeht, gibt es sonder Zahl: So könnte sich etwa das einfallsreiche Duo neuerlich an Ciba heranpirschen, um den imagemässig angeschlagenen Chemiekonzern, für den man sich bekanntlich schon früher erwärmte, dann halt im zweiten Anlauf zu knacken. «Ich investiere grundsätzlich nur in schlechte Firmen», beliebt Nationalrat Blocher mit Blick auf sein Sandoz-Investment, unmittelbar nach der Chemiekatastrophe von Schweizerhalle, zu scherzen. Im übrigen scheint der Eclat bei Algroup präsumtiv zu belegen, wie unbürokratisch sich vorhandene Stimmrechtsbeschränkungen im Zweifelsfall beseitigen lassen. Mit Erwin Heri, Finanzchef bei der «Winterthur» und Mitglied im dreiköpfigen Intershop-VR, sitzt im Aufsichtsgremium der Ciba SC be-reits ein BZ-Vertrauter. Seit Ende März ist auch Kurt Feller, CEO der Rieter-Gruppe, im Ciba-VR mit von der Partie. Beim Winterthurer Textilmaschinen- und Automobilzulieferungskonzern kontrolliert die BZ-Gruppe mittlerweile ebenfalls über 20 Prozent der Aktienstimmen. Für Börsenphantasie ist somit gesorgt.

Vor dem Hintergrund von Martin Ebners wachsender Einflussnahme auf diversen industriellen Grossbaustellen werden «Informations-Asymmetrien» zu einem Megaproblem. Allein mit gesteigerter Transparenz, sagen Finanzmarktexperten, liesse sich hier noch für Linderung sorgen. Gefordert ist eine schonungslose Offenlegungspflicht. Nicht nur mit Blick auf die ineinander verschlungenen Investments von Ebner und Blocher, sondern - ganz allgemein - für private Börsentransaktionen der fusionswütigen Herren Verwaltungsräte und Topmanager. Um solchen Tendenzen vorzubeugen, hat der Oberrestrukturierer der Nation beizeiten etliche Milliarden aus den kotierten «Visionen» abgesaugt und in seine Familiengesellschaft nach Freienbach SZ verschoben. Ebners Privatholding sei bereits mit Eigenmitteln von angeblich weit über zehn Milliarden Franken gespickt. Bei Fragen, die seine individuelle Altersvorsorge betreffen, lässt sich Ebner nicht gern in die Karten schauen. Das wahre Ausmass seines papierenen Reichtums kennt deshalb nur er - ganz allein.

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