Was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte?
Es gibt drei Themenbereiche, welche die Investoren aktuell beschäftigen: Erstens die ungelösten politischen Konflikte wie der Brexit oder der Handelsstreit zwischen den USA und China. Zweitens sind es die Jahresergebnisse der Unternehmen und ihre Prognosen für das Jahr 2019. Und drittens sorgt der Wirtschaftsabschwung für Unsicherheit: Wie stark wird er ausfallen? Und wie lange dauert er? Insbesondere in der Eurozone sind die Konjunkturdaten schwach und lassen eine weitere Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und damit tiefere Gewinnerwartungen befürchten.

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Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Der Schweizer Aktienmarkt konnte zum Jahresstart mit einem Plus von 9 Prozent den Einbruch im Dezember vollständig ausgleichen. Auffallend war dabei, dass sich die konjunktursensitiven Titel besser entwickelten als die defensiven Sektoren wie Pharma oder Telekom. Der Blick der Börse richtet sich aktuell auf die laufenden Jahresergebnisse der Unternehmen sowie auf deren Ausblick auf das Jahr 2019. Ich erwarte für die Schweizer Börse weiterhin eine erhöhte Volatilität, die von Unternehmensdaten und politischen Nachrichten beeinflusst wird.

Renato_Flueckiger_Valiant_Boerseninterview

*Renato Flückiger ist seit August 2012 CIO der Bank Valiant in Bern. Zuvor war der Betriebsökonom bei der Grossbank UBS in verschiedenen Funktionen tätig. Renato Flückiger hat an der Fachhochschule in Bern studiert und besitzt zudem das Diplom des Chartered Financial Analyst.

Quelle:

Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Der SMI liegt nach dem Dezembereinbruch wieder über 9000 Punkte. An der entscheidenden Grenze von 9200 Punkten scheiterte er bereits im Vorjahr, und er wird weiter daran zu beissen haben. Damit der SMI weiteren Aufwind erhält, braucht es positive Impulse aus den obengenannten Einflussfaktoren und einen Durchbruch im Handelsstreit. Sollte die Widerstandsmarke bei 9200 Punkten nachhaltig überwunden werden, traue ich dem SMI einen Anstieg auf 9600 Punkte zu. Falls sich die Weltkonjunktur weiter abkühlt oder sich der Handelskonflikt verschärft, könnte er durchaus auch auf die Dezembertiefstwerte gegen 8200 Punkte einbrechen.

Die Aussicht auf eine Zinserhöhung in der Schweiz in diesem Jahr haben sich verschlechtert. Was bedeutet dies für die Entwicklung des Franken zum Euro – droht eine Rückkehr der Frankenstärke?
Nach der erklärten Absicht der SNB und den jüngsten Signalen der EZB ist davon auszugehen, dass die Zinsdifferenz zwischen Euro und Franken noch bis weit in das nächste Jahr hinein konstant bleibt. Generell erwarte ich somit eine Seitwärtsbewegung, da auch in der Eurozone und in den USA der Zinszyklus gebremst wurde. Somit wird der Franken weiterhin primär durch die Risikoneigung der Anlegerinnen und Anleger beeinflusst.

Die chinesische Konjunktur hat an Schwung verloren. Welche Schweizer Exportbranchen trifft diese Konjunkturabschwächung in der Volksrepublik besonders?
In der Schweiz sind davon vor allem die Uhren- und Luxusbranchen mit Aktien wie Swatch und Richemont betroffen. Aber auch Unternehmen im Technologie- und Halbleitersektor leiden deutlich unter der Abkühlung der chinesischen Konjunktur. Aktionäre von Unternehmen wie Inficon, VAT,
u-blox oder Logitech haben dies schon deutlich zu spüren bekommen. Rückblickend lässt sich einmal mehr feststellen, dass die Märkte die wirtschaftliche Abkühlung in China richtig antizipiert haben. Das Börsensprichwort «Der Aktienmarkt hat immer recht» war treffend.

Mario Draghi wird heuer als Chef der Europäischen Zentralbank abtreten. Was bedeutet dieser Führungswechsel an der EZB-Spitze für die europäische Geldpolitik?
In der Logik wäre nach einem Holländer, einem Franzosen und einem Italiener nun ein Deutscher als EZB-Chef an der Reihe. Deutschland hat den EZB-Vorsitz noch nie gestellt. Seit den Spekulationen, dass sich Berlin eher um das frei werdende Amt des EU-Kommissionspräsidenten bemühen soll, scheint eine Kandidatur von Jens Weidmann jedoch wieder unwahrscheinlicher. Unabhängig davon, wer Nachfolger von Mario Draghi wird: Es gilt die Geldpolitik schrittweise wieder zu normalisieren.

Bitcoin und andere Kryptowährungen haben massiv an Wert verloren. Sollten durchschnittliche Anleger Investitionen in diese neuartigen Währungen meiden?
Ja, unbedingt! Ein durchschnittlicher Anleger hat langfristig Erfolg, wenn er bei seinen Anlagen auf Qualität, Sicherheit, Rendite und Liquidität setzt. Und bei keinem dieser Attribute können Kryptos auftrumpfen. Die grosse Euphorie ist verflogen und der Traum vom schnellen Geld geplatzt. Aus meiner Sicht haben Kryptowährungen nach wie vor zu grossen Spekulationscharakter und sind für mich kein Anlageinstrument.

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