Die Adjektive «seriös, kompetent und optimal» benutzen Vermögensverwalter sehr oft. Und jeder ist natürlich von sich überzeugt, der Beste zu sein. BILANZ wollte wissen, was dahintersteckt, und hat zum ersten Mal in der Schweiz über ein Jahr hinweg echte Kundendepots von Vermögensverwaltern analysieren lassen (mehr zum Test unter 'Nebenartikel').

Es ist klar, dass nicht jeder der Beste sein kann, aber die Performance-Unterschiede sind doch überraschend gross: Das gewinnbringendste der 80 getesteten Depots erzielte eine Performance von 3,19 Prozent, während das schlechteste über ein Drittel an Wert verlor, genau 36,22 Prozent (siehe Tabellen unter 'Downloads'). Die Performance wurde jeweils nach Kosten gemessen, die zwischen einem und zwei Prozent der verwalteten Vermögen lagen. Wobei es bei einigen Depots fast frech ist, dass die Geldmanager überhaupt Gebühren verrechnet haben.

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Sogar die Performance der Sieger erscheint auf den ersten Blick enttäuschend, wird aber eindrucksvoller im Vergleich mit dem Schweizer Aktienindex SMI, der in der gleichen Periode fast acht Prozent verloren hat. Der deutsche Aktienindex DAX hat in Schweizer Franken gerechnet sogar über 15 Prozent eingebüsst. Geldmanager, die im vergangenen Jahr auf Aktien setzten, hatten es also schwer.

Anders sieht es an den Obligationenmärkten aus: Schweizer Anleihen hoher Bonität brachten gemessen am Index «SBI Total AAA–BBB» eine Rendite von 4,82 Prozent, noch mehr gab es bei zehnjährigen deutschen Bundesanleihen, nämlich über 12 Prozent, gemessen am Index «Rex-Performance 10 Jahre». Anleger hätten Anfang des vergangenen Jahres einfach den CS ETF Domestic Bonds 3 bis 7 Jahre kaufen können, einen Exchange Traded Fund, der in Schweizer Staatsanleihen investiert. Damit hätte ein Gewinn von 5,36 Prozent resultiert, mehr als bei jedem der 80 getesteten Kundendepots.

Ganz so einfach ist es allerdings nicht, denn für die Investition in den Obligationen-ETF hätten Anleger vor einem Jahr schon wissen müssen, dass die Zinsen in der Schweiz weiter sinken und dass am Aktienmarkt Verluste drohen würden. Damit rechneten damals die wenigsten, und darum hinkt der Vergleich.

Die Vermögensverwalter wissen eben auch nicht im Voraus, was an den Finanzmärkten auf sie zukommt. Aber natürlich versuchen sie, nach bestem Wissen die Zukunft an den Finanzmärkten abzuschätzen und die Einschätzung in ihrer Vermögensverwaltung umzusetzen.

«Die besten Vermögensverwalter zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie ihre Investitionsquote steuern», sagt Jürgen Lampe von der deutschen Firma Firstfive, die für BILANZ die Kundendepots analysierte. «In bestimmten Phasen investieren sie gar nicht an der Börse, sondern halten das Vermögen ihrer Kunden liquide, um bei guten Gelegenheiten wieder einsteigen zu können», ergänzt er. Überdies hätten im vergangenen Jahr vor allem die Geldmanager gut abgeschnitten, die hohe Vermögensanteile in Edelmetalle wie Gold und Silber investierten.

Lesen, lesen, lesen. Zu Letzteren gehört der Schweizer Vermögensverwalter Incrementum Advisors: Rund ein Drittel des Vermögens ist in Gold und Silber investiert. Fritz Christen verwaltet das Depot, das in der risikoreichsten Wettbewerbskategorie gewonnen hat. Der Partner bei Incrementum Advisors stieg Mitte der achtziger Jahre bei der UBS ins Anlageberatungsgeschäft ein. Über interne Weiterbildungen landete er im Portfolio-Management. Ab 1991 verbrachte er für die Bank einige Jahre in Kolumbien, und ab 1995 war Christen in Panama. Im Jahr 2008 kehrte er in die Schweiz zurück und gründete im folgenden Jahr das Unternehmen Incrementum Advisors. Kurz darauf kam mit Stefan Kremeth ein erster Partner dazu, inzwischen sind sie zu fünft.

Anfang dieses Jahres ist Christen nach Uruguay ausgewandert. Viele seiner Kunden stammen aus Südamerika. «Als ich diese von der Schweiz aus betreut habe, musste ich oft spätabends Telefongespräche führen», erklärt er. Im Prinzip könne er die Vermögen seiner Kunden aber von überall auf der Welt verwalten.

Zu seinen Hauptaufgaben zählt Christen, sehr viel zu lesen: «Nicht nur Mainstream, sondern vor allem auch Informationen von Querdenkern», sagt er. Dazu gehört zum Beispiel der Newsletter von www.shadowstats.com. «Der wurde von einem US-Ökonomen gegründet, der vorher eine Firma führte, die Businesspläne für Grossfirmen erstellte. Das Problem war, dass diese eigentlich nie aufgingen», sagt Christen. Der US-Ökonom habe dann untersucht, warum das so sei, und bemerkt, dass die staatlich generierten Statistiken über die Jahre angepasst wurden, sodass sie etwa die echten Arbeitslosenzahlen tendenziell immer mehr unterschätzten; Ähnliches gelte für die offiziellen Inflationszahlen.

«Obwohl es in den offiziellen Statistiken noch nicht absehbar ist, halte ich bereits nächstes Jahr eine Hyperinflation für möglich und dass Papierwährungen massiv an Wert verlieren werden.» Darum investiert Christen auch dieses Jahr in Gold und Silber (siehe auch «Die Toptipps der besten Geldmanager» unter 'Nebenartikel'). «Trends dauern 15 bis 25 Jahre», sagt Christen. «Wer wie wir im Jahr 2001 Gold gekauft hat, kommt nicht ins Schwitzen, wenn der Wert des Edelmetalls mal einige Prozentpunkte fällt.» Er kaufe und verkaufe nur, wenn es wirklich nötig sei. «In den Depots meiner Kunden finden zwei bis sechs Bewegungen pro Jahr statt», sagt er.

«You do not need a great many investment ideas to do well. What is key is to get the big moves right and stay with them.» (Anleger brauchen nicht sehr viele Anlageideen. Der Schlüssel ist, die grossen Trends zu erkennen und bei diesen zu bleiben.) Das sind Christens Leitsätze, die er mit jeder E-Mail mitsendet. Er muss nicht täglich auf die Finanznachrichten in einem Bloomberg-Terminal schauen. «Das macht gar keinen Sinn, sondern eher nervös», so Christen.

Besser als das Depot von Christen hat nur jenes der Bank Sal. Oppenheim jr. & Cie. abgeschnitten. Mit einer Rendite von 3,19 Prozent war es das beste von allen 80 getesteten. Im Vergleich zum Depot von Incrementum Advisors werden hier deutlich mehr Handelstransaktionen getätigt. «Rund die Hälfte der Titel, die wir Anfang Jahr halten, sind am Ende nicht mehr im Depot», sagt Reinhard Pfingsten, der seit 2007 für das Portfolio-Management der Privatkunden verantwortlich ist. Das Siegerdepot ist ein reines Obligationen-Portefeuille. Die relativ höhere Umschlagquote rührt nicht daher, dass an einem Tag Anleihen von Singapur gekauft werden, die am nächsten Tag schon wieder durch andere Anleihen von Schweden ersetzt werden. «Wenn wir uns einmal entschieden haben, Anleihen von Singapur zu kaufen, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir auch lange dabei bleiben», sagt Pfingsten. «Relativ schnell ändern sich nur die Laufzeiten der Anleihen.» Es würden also gegebenenfalls Anleihen mit kurzen Laufzeiten verkauft und solche mit längeren gekauft – oder umgekehrt, je nach Einschätzung der künftigen Entwicklung der Zinssätze. «Derzeit ist das Depot eher in Anleihen mit längerfristigen Laufzeiten investiert», sagt er.

Sichere Werte. Der Grundbaustein des Depots besteht aus einem bankeigenen Fonds, der in internationale Rentenmärkte investiert. Aber auch Pfandbriefe aus Deutschland und Dänemark sind im Depot. «Die sind ähnlich sicher wie deutsche Staatsanleihen, bieten aber höhere Renditen», sagt Pfingsten. Das wird ergänzt durch Anleihen höchster Bonität von Ländern wie Schweden, Singapur und der Schweiz. Zudem finden vermehrt Schwellenländer-Obligationen Platz.

Neben den Depots von Sal. Oppenheim und Incrementum Advisors hat es kein einziges der 80 getesteten in die Gewinnzone geschafft. 2011 war ein aussergewöhnlich schwieriges Jahr. Nicht nur weil viele Aktienmärkte eingebrochen sind, sondern auch weil die meisten Währungen einige Prozentpunkte gegenüber dem Schweizer Franken verloren, der für den Wettbewerb als Referenzwährung gilt. Getroffen hat das alle, die ohne Devisenabsicherung in Fremdwährungstitel investierten, und auch jene, die für den Wettbewerb Depots mit der Referenzwährung Euro angemeldet hatten.

Die Währungsschwankungen werden wohl in Zukunft nicht jedes Jahr so stark ausfallen. Aber wie es auch immer kommt: Die Vermögensverwalter, welche die besten sein wollen, müssen mit jedem Umfeld zurechtkommen.