Geht es nach dem Bundesrat, bleibt bei der Bundespensionskasse Publica kein Stein auf dem anderen. Denn obwohl der Deckungsgrad im vergangenen Jahr bei 104 Prozent lag, reichen die Reserven laut Finanzminister Hans-Rudolf Merz für die Zukunft nicht aus. Die erst 2003 in die Selbstständigkeit übergeführte und vom Steuerzahler ausfinanzierte Kasse soll nun mit weit reichenden Sanierungsmassnahmen auf ein stabileres Fundament gestellt werden. Geplant ist ein Wechsel vom Leistungs- zum Beitragsprimat. Die Versicherten müssen sich auf weniger Renten, mehr Beiträge und ein höheres Rentenalter einstellen. Weiter sollen die rund 40 000 Rentenbezüger in eine separate Rentnerkasse mit Staatsgarantie ausgelagert werden. Eine bedenkenswerte Massnahme, die wohl mehr Probleme schafft als löst.

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Die Rentner gelten versicherungstechnisch als so genannte schlechte Risiken. Warum überhaupt? Für die Verzinsung der Rentnerkapitalien benötigt die Kasse fünf Prozent Performance auf den Anlagen: vier Prozent für den technischen Zinssatz, ein Prozent für die Verwaltungskosten und um die höhere Lebenserwartung auszugleichen. Erzielt man mehr als fünf Prozent Performance, realisiert man sogar einen Gewinn, liegt die Performance darunter, müssen die Renten mit Beiträgen der Aktiven quersubventioniert werden. Im Fall der Publica müsste der Staat respektive der Steuerzahler in Zukunft für niedrige Anlagerenditen geradestehen. Den Politikern bietet der Vorschlag des Bundesrates kurzfristig eine elegante Lösung: Das Dossier Publica ist vom Tisch und kostet zumindest im Moment gar nichts.

Doch mit der Gründung einer eigenen Rentnerkasse schafft der Bundesrat ein gefährliches Präjudiz. Die Pensionskassen Post, SBB und Ascoop stehen mit ähnlichen Anliegen bereits vor der Tür. Die Vorsorgeeinrichtungen der Kantone mit grossen Deckungslücken werden selbstverständlich nachfolgen. Private Pensionskassen – aus Branchen mit überalterten Strukturen – beanspruchen vermutlich das Gleiche. Unter dem Titel der Rechtsgleichheit darf man ihnen dies gar nicht verwehren. Bei den privaten Kassen müssen dann nicht die Steuerzahler für die Mehrkosten aufkommen, sondern der eidgenössische Sicherheitsfonds. Ganz sicher macht dieses Beispiel bei weiteren Sozialversicherungsträgern Schule. Nach den Pensionskassen werden wohl auch die Krankenkassen ihre Rentnerkassen gründen.

Den demografischen und ökonomischen Gegebenheiten können wir uns gar nicht entziehen. Wir leben länger, und die Zinsen sind tiefer. So werden die Renten für uns aktive Beitragszahler tiefer werden. Doch wie ungerecht ist es tatsächlich, wenn die Rentner 5 Prozent Zins erhalten und die heute Aktiven nur den BVG-Mindestzins von 2,5 Prozent? Schliesslich haben diese Rentner den gegenwärtigen Wohlstand der Schweiz aufgebaut. Vielen von ihnen ging früher bei einem Stellenwechsel viel Pensionskassengeld verloren, weil die volle Freizügigkeit erst 1995 eingeführt wurde. Zudem entspricht eine Verzinsung von 2,5 Prozent immer noch einem Realzins von 2 Prozent. Beginnt man jetzt Aktive und Rentner künstlich zu trennen, bedroht dies die bewährte Generationensolidarität. Schliesslich werden wir alle (hoffentlich) einmal Rentner sein.

Ein Musterbeispiel dieser Generationensolidarität ist immer noch die AHV: Mit dem dort verankerten Mischindex werden Aktive und Rentner wirtschaftlich gleichgestellt, und das nicht nur in guten Zeiten. Bei einer schlechten Wirtschaftslage würden infolge des negativen Lohnwachstums auch die AHV-Renten automatisch nach unten angepasst. Ginge es den Aktiven über eine längere Zeit wirtschaftlich schlechter, wären die Rentner auch in den Pensionskassen zweifellos bereit, auf einen Teil ihrer Renteneinkommen zu verzichten. Damit diese Solidarität zwischen den Generationen spielen kann, müssen jedoch Rentner und Aktive in einem Boot sitzen, das heisst gemein-sam in einer Pensionskasse versichert sein. Und eine Rentnerkasse ist der Beginn vom Ende der Solidarität zwischen den Generationen.

Und zu guter Letzt: Die anfallenden Kosten der Rentnerkasse sollen gemäss Vorschlag des Bundesrates nicht über die Schuldenbremse abgewickelt werden. Zur Kostentransparenz trägt dies nicht bei. Zudem lernt schon jeder Handelsschüler, dass Aufwendungen für die berufliche Vorsorge als laufender Aufwand zu verbuchen sind und damit in die Schuldenbremse gehören.