Welches jung verheiratete Paar möchte schon an ein bitteres Ende denken, wenn der Himmel noch voller Geigen hängt? Dennoch ist mittlerweile auch hier zu Lande Realität, dass immer mehr Ehen vor dem Scheidungsrichter enden. Vor allem im Hinblick auf die finanziellen Verflechtungen trifft die alte Binsenweisheit «Drum prüfe, wer sich ewig bindet» mehr denn je zu. Denn die wirtschaftlichen Folgen einer Ehescheidung sind meist einschneidend und machen sich auch dann noch bemerkbar, wenn die Trennung von Tisch und Herd längst vollzogen ist.
Als hätte der Gesetzgeber dem Zeitgeist Rechnung getragen, wurde das Scheidungsrecht grundlegend revidiert und im Jahr 2000 in Kraft gesetzt. Vor allem die zunehmende Berufstätigkeit der Frauen und deren damit einhergehende wirtschaftliche Unabhängigkeit prägen das neue Regelwerk. So sollen nach dem Motto des so genannten Clean Break beide Partner nach der Trennung wieder für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkommen – vorausgesetzt natürlich, es sind keine Kinder zu versorgen. Im Gegenzug dazu etabliert das neue Gesetz den Grundsatz, dass die während der Ehe aufgebaute Altersvorsorge zwischen den Ehepartnern hälftig zu teilen ist. Allfällige Unterhaltszahlungen sind dafür nur noch bis zum Pensionierungsalter zu leisten.
|
Was in der Theorie einfach und logisch klingt, ist in der Praxis wie so oft voller Tücken. Denn für diese Teilung der Pensionskassenansprüche muss bekannt sein, um wie viel das Pensionskassenkapital während der Ehe zugenommen hat. Im Grunde ist diese Rechnung schnell gemacht: Man vergleicht den Stand der Freizügigkeitsleistung anlässlich der Eheschliessung mit dem Stand der Freizügigkeitsleistung bei der Scheidung. Doch da es vor der Einführung des BVG 1985 praktisch keine Vorsorgeausweise gab, sind die Zahlen für den Zeitpunkt der Eheschliessung oft gar nicht bekannt.
Noch schwieriger wird es, wenn zwischenzeitlich Stellenwechsel getätigt wurden. Denn die Vergangenheitsdaten sind dem gegenwärtigen Vorsorgeträger nur selten bekannt. Erst seit 1995 müssen die Pensionskassen diese Zahlen lückenlos dokumentieren, und vieles, was bis dahin geschehen ist, fällt somit in die scheidungstechnische Grauzone.
In solchen Fällen setzt der Richter die Höhe des Zuwachses an Vorsorgevermögen fest. Dies mit Hilfe einer Tabelle, die der Gesetzgeber eigens hierfür geschaffen hat. Damit kann berechnet werden, um wie viel das Pensionskassenguthaben während der Ehe zugenommen hat. Diese Rechnung wird für beide Ehepartner erstellt, anschliessend wird der jeweils so ermittelte Vermögenszuwachs geteilt. Der Richter verfügt den genauen Betrag, und die Pensionskasse tätigt die Auszahlung.
Stichtag für die Berechnung des Kapitalzuwachses ist der offizielle Scheidungstermin. Bis anhin war dies mit ein Grund dafür, dass mancher Ehepartner die Scheidung so lange wie möglich hinausgezögert hat. Schliesslich erhöht sich in dieser Zeit das Pensionskassenkapital des Partners weiterhin, wovon der zweite Partner automatisch zur Hälfte profitiert. Mit dem neuen Scheidungsrecht ist die Trennungsfrist von bisher vier auf zwei Jahre verkürzt worden.
Normalerweise wird das so geteilte Vorsorgekapital an die Pensionskasse des Ehepartners überwiesen. Eine Barauszahlung ist ausgeschlossen, auch wenn der Partner nicht bei einer Pensionskasse versichert ist. Das Kapital wird dann auf ein Freizügigkeitskonto bei einer Bank oder eine Freizügigkeitspolice einer Versicherung übertragen. Das Kapital bleibt auf jeden Fall in der beruflichen Vorsorge gebunden und ist für das Alter reserviert.
Falls sich ein Partner während der Ehe aus eigenem Vermögen in die Pensionskasse eingekauft hat – zum Beispiel nach einer Erbschaft –, muss dieser Einkauf nicht geteilt werden.
Kompliziert wird es erst, wenn Vorbezüge für Wohneigentum ins Spiel kommen. Dann wird nämlich dem Ehegatten, der den Wohneigentumsvorbezug getätigt hat, für die Scheidungsberechnung der gesamte vorbezogene Betrag wie zusätzliches Pensionskassenkapital angerechnet. Der Vorbezugsbetrag wird also zuerst zum Scheidungskapital addiert, und erst anschliessend wird geteilt. Nicht einfacher gestaltet sich die Aufteilung, wenn einer der Ehegatten ein Wohnhaus übernimmt, für dessen Anschaffung ein Wohneigentumsvorbezug aus der Pensionskasse getätigt wurde. In diesem Fall muss der Vorbezug für Wohneigentum zwar nicht zurückbezahlt werden, er wird jedoch wie erwähnt für die Scheidungsberechnung berücksichtigt.
Hat zum Beispiel der Ehemann den Vorbezug getätigt und die Ehefrau übernimmt an seiner Stelle das Haus, kann sie auch den Wohneigentumsvorbezug übernehmen. Wenn sie nicht in einer Pensionskasse versichert ist, muss sie zuerst einen Vorsorgeträger finden, auf den der Vorbezug überschrieben werden kann. Am einfachsten ist dies bei einem Vorsorgekonto einer Bank möglich. Der Vorbezug wird dann in einem einfachen Akt von der Pensionskasse auf diese Vorsorgestiftung transferiert. Auch die Anmerkung im Grundbuch wird übertragen. Bei der ganzen Transaktion sollte man aber beachten, dass der Vorbezug der Ehefrau auch bei einer Auszahlung angerechnet wird. Denn das Einfamilienhaus, das sie übernimmt, wäre schliesslich ohne Vorbezug höher mit Hypotheken belastet.
|