Während die Corona-Krise viele Sektoren hart getroffen hat, ist die Gaming-Industrie eine der grossen Gewinner. Denn während das soziale Leben weiterhin stark eingeschränkt bleibt, wächst die Gaming-Community unaufhaltsam weiter und umfasst aktuell global mehr als 2.5 Milliarden Gamer.
Dabei erschliesst die Gaming-Industrie über die immer leistungsstärker werdenden Smartphones ein neues Segment mit viel Potenzial. Es verwundert daher kaum, dass Schätzungen davon ausgehen, dass der Gaming-Markt von jährlich aktuell 160 Milliarden US-Dollar auf über 200 Milliarden US-Dollar in 2023 wachsen könnte.
Sony und Microsoft setzen auf AMD
Einen Boost dürfte der Markt in wenigen Wochen bekommen, wenn der Verkauf der neuen Playstation 5 von Sony sowie der neuen Xbox Series X von Microsoft startet. Was hierbei auffällt, beide Hersteller setzen bei ihren Premium Produkten auf Prozessoren von AMD.
Und diese Entwicklung verwundert kaum, denn AMD hat in den vergangenen Jahren viel Arbeit darin investiert, Intels Vormachtstellung auf dem Chipmarkt zu brechen. Mit dem neuen Prozessor AMD Ryzen 9 5900X, der jüngst der Öffentlichkeit vorgestellt wurde und ab Anfang November erhältlich ist, scheint der Underdog AMD den Platzhirschen Intel nach eigenen Angaben in Sachen Gaming-Performance vom Thron zu stossen.
Christos Maloussis ist Market Analyst und Premium Client Manager bei der IG Bank.
Gaming-Szene in heller Aufregung
Sowohl bei der Leistung als auch bei der wichtigen Grösse «Leistung pro Watt» soll der neue AMD Prozessor das Intel Flagschiff Intel Core i9-10900K deutlich hinter sich lassen. Und die Gaming-Szene in helle Aufregung versetzen. Die jüngst veröffentlichte Umfrage der Gaming Plattform Steam scheint dies zu bestätigen.
In der monatlichen Umfrage, in der Steam seine User fragt, welchen Prozessor sie verwenden, konnte AMD seinen Marktanteil von 22.45 Prozent im Mai auf 25.75 Prozent im September deutlich steigern. Andere Umfragen lassen sogar darauf schliessen, dass mehr als 37 Prozent der Gamer bereits auf AMD-Chips vertrauen.
Eine Tendenz, die mit dem AMD Ryzen 9 5900X noch weiter an Fahrt aufnehmen dürfte. Intels neuester Prozessor wird hingegen erst Mitte 2021 erwartet, während AMD den nächsten Chip bereits für Ende 2021 angekündigt hat.
AMD hat grosses Aufholpotential
Doch AMD holt gleichzeitig zur nächsten Attacke aus und greift seinen Konkurrenten nun auch in dessen zweitwichtigstem Geschäftsfeld an. Chips für Rechenzentren machten in 2019 33 Prozent der Erträge von Intel aus. Ein Geschäft, das sich AMD nicht länger entgehen lassen möchte.
Anfang Oktober gab es hierzu mehrere Berichte über eine mögliche Übernahme von Xilinx, einem Konkurrenten, der sich verstärkt auf die Herstellung von Chips für Rechenzentren fokussiert. Damit dürfte AMD der Einstieg in diese Sparte auf Anhieb gelingen und dem Unternehmen Marktanteile in diesem wichtigen Geschäftsfeld sichern.
Zwar steht eine offizielle Stellungnahme hierzu noch aus, jedoch zeigt es die Dynamik, welche die Branche derzeit erfasst. Wie gross das Aufholpotenzial für AMD ist, zeigt ein Vergleich der Umsätze beider Unternehmen aus dem letzten Jahr sowie die Analystenprognosen bis 2021.
Wachstumsfantasien
Während Intel 2019 mit einem Jahresumsatz von 71.9 Milliarden US-Dollar deutlich vor AMD mit einem Umsatz von 6.7 Milliarden US-Dollar lag, sind die Wachstumsprognosen der Analysten für Intel eher verhalten.
Mit einem prognostizierten Umsatz von 73.7 Milliarden US-Dollar für 2021 liegt das prognostizierte Umsatzwachstum bei gerade einmal 2.5 Prozent. Gleichzeitig gehen die Analysten bei AMD bis 2021 von einem Umsatzwachstum von 65 Prozent auf 11 Milliarden US-Dollar aus.
Diese Wachstumsfantasien sind auch der Grund für die starke Aktienkursperformance von AMD in diesem Jahr. Mit einer Performance von plus 75 Prozent seit Jahresbeginn schnitten AMD-Aktionäre deutlich besser ab als Intel-Aktionäre, die im gleichen Zeitraum sogar einen Verlust von knapp 10 Prozent hinnehmen mussten.
Quartalszahlen im Fokus
Jedoch ist auf dem aktuellen Bewertungsniveau Vorsicht geboten. Zwar dürfte AMD künftig stärker von den Wachstumschancen in der Branche profitieren als Intel. Die aktuell sehr hohe relative Aktienbewertung deutet jedoch darauf hin, dass bereits einiges davon im Aktienkurs eingepreist ist.
Den Aktienkurs jedoch kurzfristig weiter beflügeln, könnten die bevorstehenden Quartalsergebnisse für das dritte Quartal am 27.10.2020 sowie der zu erwartende positive Ausblick für das Weihnachtsgeschäft im letzten Quartal aufgrund der neuen Spielekonsolen von Sony und Microsoft.