Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf ihrer jüngsten Ratssitzung in Riga den Schalter hin zu einer weniger expansiven Geldpolitik gestellt. Sofern sich die wirtschaftliche Entwicklung nicht eintrübt, sollen die vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe bis zum Jahresende eingestellt werden.
Eingeschlossen ist dabei eine kurze Auslaufphase mit geringerem Volumen von Oktober bis Dezember. Ihre Schlüsselzinsen will dieEZB mindestens über den Sommer 2019 hinaus auf dem aktuellen Niveau halten. Der Leitsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken liegt bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent.
Es folgt ein Überblick über die wichtigsten Fragen:
Wann kommt die Zinswende?
Mit ihrer Ankündigung, die Zinsen frühestens im Herbst 2019 anzuheben, hat die EZB die Markterwartungen zeitlich nach hinten verschoben. Manche Währungshüter hatten sich Insidern zufolge eher Formulierungen gewünscht, die auf die Jahresmitte 2019 abzielen. Nach Einschätzung vieler Volkswirte könnte die EZB nun erstmals auf ihren Sitzungen im September oder Oktober 2019 dieSchlüsselzinsen anheben.
Manche Ökonomen sind da skeptischer: «Wir können uns sogar vorstellen, dass es im Jahr 2019 zu keiner Zinserhöhung kommt», sagt etwa Jan Bottermann, Chefvolkswirt der Essener National-Bank. Da die Amtszeit von EZB-Präsident Mario Draghi Ende Oktober 2019 ausläuft, könnte somit der Fall eintreten, dass der Italiener in den acht Jahren seiner Amtszeit nicht einmal die Zinsen gestrafft hat.
Wie erfolgt die Zinswende?
Viele Experten halten es für denkbar, dass die EZB zunächst nächstes Jahr den Strafzins für Banken etwas abmildert, bevor sie an ihrem Leitzins rüttelt. Der sogenannte Einlagensatz liegt aktuell bei minus 0,4 Prozent. Die Commerzbank erwartet, dass die EZB zunächst im September 2019 den Einlagensatz anhebt, dann aber erst einmal abwartet.
Mit einer Erhöhung des Leitzinses rechnet sie aktuell erst 2020. Das britische Bankhaus HSBC geht davon aus, dass die Währungshüter in einem ersten Schritt den Einlagensatz im Oktober 2019 um 15 Basispunkte auf minus 0,25 Prozent setzen. Die Schweizer UBS kann sich sogar vorstellen, dass Geschäftsbanken Ende 2019 immer noch Strafzinsen zahlen müssen.
Was sind die Risiken?
Die EZB hat ihren Zinsausblick bewusst vage gehalten. Nach Einschätzung der französischen Investmentbank Natixis hat sie sich damit eine Tür offen gehalten, sollte die Inflation nicht mitspielen. Derzeit gehen die EZB-Volkswirte für das Jahr 2019 von einer Teuerungsrate von 1,7 Prozent aus. Ohne schwankungsreiche Energie- und Lebensmittelkosten erwarten sie nächstes Jahr 1,6 Prozent Preisauftrieb. Die Euro-Wächter streben knapp zwei Prozent als Idealwert für dieWirtschaft an. Im Mai lag der Anstieg der Verbraucherpreise bei 1,9 Prozent.
Kauft die EZB nun keine Anleihen mehr?
Die Notenbank stellte am Donnerstag in Aussicht, dass die Nettoanleihenkäufe zum Jahresende auslaufen. Gleichzeitig kündigte sie aber an, dass sie auch danach noch für längere Zeit die Einahmen aus fällig werdenden Papieren weiter reinvestieren wird. Damit steht ein Abbau der durch die Wertpapierkäufe stark aufgeblähten Bilanz der Notenbank noch nicht auf der Tagesordnung. Das Gesamtprogramm wird bis Ende 2018 ein Volumen von 2,6 Billionen Euro erreicht haben.