Im März 2021 verkaufte das Auktionshaus Christie’s eine JPG-Datei des Künstlers Beeple für 69,3 Millionen Dollar – ein Rekord für ein digitales Kunstwerk. Das Eigentum an dem «Original»-JPG – mit dem Titel «Everydays: The First 5000 Days» – wurde in Form eines Non-Fungible Token (NFT) gesichert.

Der Verkauf sorgte für Schlagzeilen, und NFT sind seitdem in aller Munde. Investoren investierten im letzten Jahr 27 Milliarden Dollar in den Markt, und Meta, die umbenannte Muttergesellschaft von Facebook, soll nun planen, ihren Nutzern die Erstellung und den Verkauf von NFT zu ermöglichen.

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Es gibt nur ein Problem: Der NFT-Markt wird irgendwann zusammenbrechen. Und zwar aus einer Vielzahl von Gründen.

Im Wesentlichen ist ein NFT ein handelbarer Code, der an Metadaten – etwa einem Bild – angehängt wird. Ein sicheres Computernetzwerk zeichnet den Verkauf in einem digitalen Hauptbuch (einer Blockchain) auf, welches dem Käufer sowohl die Echtheit als auch das Eigentum nachweist.

Patrick Reinmoeller ist Professor für Strategie und Innovation an der IMD Business School. Karl Schmedders ist Professor für Finanzen an der IMD Business School.

NFT werden in der Regel mit der Kryptowährung Ether bezahlt und – was vielleicht noch wichtiger ist – über die Ethereum-Blockchain gespeichert. Durch die Kombination des Wunsches, Kunst zu besitzen, mit moderner Technologie sind NFT der perfekte Vermögenswert für die neureiche Silicon-Valley-Gemeinde und ihre Gefolgsleute in der Finanz- und Unterhaltungsbranche sowie die breite Masse der Kleinanleger.

Wie die Tulpenmanie im 17. Jahrhundert

Doch wie andere Märkte, die von Überschwang, Impulskäufen und Hype getrieben werden, könnte auch der schnelllebige und spekulative NFT-Markt viele Anleger in den Ruin treiben. Der derzeitige Rausch lädt zu Vergleichen mit der niederländischen Tulpenmanie von 1634 bis 1637 ein, als einige Blumenzwiebeln extrem hohe Preise erzielten, bevor sich der Überschwang verflüchtigte und die Blase platzte.

Der NFT-Markt wird wahrscheinlich ein ähnliches Schicksal erleiden – allerdings nicht, wie manche meinen, wegen Umweltbedenken. Sicherlich verbrauchen NFT beträchtliche Mengen an Energie, da Kryptowährungen wie Ethereum und Bitcoin mithilfe von Computernetzwerken «gemined» werden – was wiederum einen grossen CO2-Fussabdruck hinterlässt, der mit jeder Transaktion wächst. Aber wenn es darum geht, zu verstehen, was den NFT-Markt zum Einsturz bringen wird, sind die Auswirkungen auf das Klima ein Ablenkungsmanöver.

Das eigentliche Problem besteht darin, dass der derzeitige NFT-Boom auf einem Fundament aus Sand gebaut ist.

Potenziell unendliches Angebot

Beginnen wir mit dem Problem des unendlichen Angebots. NFT bieten das Eigentum an einem digitalen Vermögenswert, aber nicht das Recht, andere an der Nutzung seiner digitalen Kopien zu hindern. Der Grund, warum Investoren bereit sind, zig Millionen Dollar (oder mehr) für traditionelle physische Kunstwerke von Rembrandt, van Gogh oder Monet zu zahlen, liegt unter anderem darin, dass die Anzahl der Meisterwerke endlich ist; die Künstler sind schon lange tot und können keine neuen Bilder mehr malen. NFT-Kopien hingegen könnten zu einer Handelsware werden.

Ausserdem gibt es, wie bei allen digitalen Dingen, keinen optischen Unterschied zwischen einer originalen JPG-Datei, die für 69,3 Millionen Dollar verkauft wurde, und einer Kopie, die kostenlos online heruntergeladen wurde. Theoretisch ist das Angebot an legal nutzbaren Kopien von NFT unendlich, was die Nachfrage nach ihnen überwältigen und die Preise einbrechen lassen könnte.

Ungewissheit über Dauerhaftigkeit

Die Blockchain ist nicht in der Lage, die zugrundeliegenden digitalen Vermögenswerte zu speichern. Das bedeutet, dass der Käufer eines NFT einen Link erwirbt, nicht aber das digitale Kunstwerk selbst. Die Käufer erhalten zwar das Urheberrecht an dem Link, aber die Kosten für die Überwachung (unendlich viele Online-Verkaufsstellen für NFT), die Ermittlung der unrechtmässigen Nutzung und die strafrechtliche Verfolgung von Personen, die diese Rechte verletzen, machen es nahezu unmöglich, Täter zu finden oder von Missbrauch abzuhalten.

Diese Problematik schränkt die Monetarisierung des Vermögenswerts stark ein. 

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass NFT mit jungen Technologien – Blockchains und Kryptowährungen – hergestellt und verkauft werden. Derzeit gibt es mehrere konkurrierende Standards für die Erzeugung, Sicherung, Verteilung und Zertifizierung von NFT, darunter ERC-721, ERC-998, ERC-1155, Flow- und Non-Flow-Standards sowie FA2 von Tezos.

Die daraus resultierende Ungewissheit darüber, wie die Eigentumszertifizierung auf Dauer gewährleistet wird, gefährdet den Wert der Vermögenswerte und sogar deren Eigentum.

Der Wert von NFT könnte sich sogar in Luft auflösen, wenn die nächste Technologie-Welle, die Krypto oder Blockchain ablöst, nicht mit dem sicheren Eigentum an NFT vereinbar ist. Unternehmen, die heute mit NFT handeln, gibt es vielleicht morgen nicht mehr, was die Eigentumsansprüche verwirrt.

Die Preisvolatilität der Kryptowährungen, die dem NFT-Markt zugrunde liegen, ist ebenfalls ein zentrales Problem. Die NFT-Preise bewegen sich in der Regel parallel zu den Kryptowährungspreisen. Als die Kryptowährungen im Jahr 2018 in den Keller gingen, tat dies auch der aufstrebende Markt für NFT.

Alternative: Zigarette anzünden mit Banknoten

Die Psychologie des Kaufs von Luxusgütern wird wahrscheinlich auch einen Abwärtsdruck auf die NFT-Preise ausüben. Die meisten Luxusprodukte sind sogenannte Veblen-Güter, also Statusobjekte, deren Nutzen begrenzt ist und die es den Besitzern ermöglichen, mit ihrem Reichtum zu protzen. Aus diesem Grund bringen sie den Verkäufern oft grosse Gewinne ein.

Mit NFT kann man auch seinen Reichtum zur Schau stellen – nämlich vor allem durch den hohen Preis, den man bezahlt hat. Das funktioniert allerdings nur, solange man dafür eine positive Reaktion von seinen Mitmenschen erhält. Wenn solche Ausgaben bei diesem Publikum nicht ankommen, kann der Anleger genauso gut Geld verbrennen, um sich eine Zigarette anzuzünden.

Zeit des billigen Geldes geht zu Ende

Da der Besitz eines NFT andere nicht hindert, die gleichen Vermögenswerte anzuzeigen und den Besitz zu signalisieren, dienen diese Token kaum als wirksame Indikatoren für einzigartige Kaufkraft. Und viele NFT-Käufer bleiben ohnehin anonym, weil die Blockchain dafür sorgt, dass das Wissen über den Besitz begrenzt ist.

Schliesslich könnten sich veränderte makroökonomische Bedingungen negativ auf die Preise von alternativen Vermögenswerten wie NFT und traditionellen Kunstwerken auswirken. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Zahl der Milliardäre weltweit mehr als verfünffacht; daher schoss das verfügbare Einkommen, das in alternative Anlageklassen investiert werden kann, in die Höhe.

Die Covid-19-Pandemie hat diesen Trend bisher noch verstärkt. Ein Grossteil der enormen Wirtschaftsimpulse der Zentralbanken floss in die Finanzmärkte, wodurch das Nettovermögen der Superreichen weiter anstieg.

Der Absturz wird kommen

Doch die Aufmerksamkeit der Anleger kann flüchtig sein. Nach der globalen Finanzkrise 2008 ging der Verkauf von Kunst und anderen Luxusgütern um fast 40 Prozent zurück. Da die Zentralbanken nun beginnen, die Geldpolitik zu straffen, um die Inflation einzudämmen, werden neue und unerprobte Anlageklassen wahrscheinlich härter bestraft als zuverlässigere. Und der äusserst volatile NFT-Markt, der auf digitalen Währungen basiert, die durch nichts abgesichert sind, ist kaum ein sicherer Hafen.

Am Ende werden die NFT-Preise einen starken und dauerhaften Rückgang erleiden. Im Moment sind sie noch hoch und können noch einige Zeit weiter steigen, aber der Absturz wird kommen. Anleger, die glauben, dass sie den Markt timen können, können es gerne versuchen. Aber ihr Optimismus wird sich wahrscheinlich als unangebracht erweisen.

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