Über Langeweile können sich die Akteure an der Wall Street fast nie beschweren. Doch in den vergangenen Tagen erlebte der US-Aktienmarkt sogar eine wahre Nachrichtenflut. Nicht nur, dass in der zu Ende gehenden Woche namhafte Unternehmen reihenweise ihre Zwischenberichte publizieren – dazu zählen fünf der zehn grössten Mitglieder des S&P 500, darüber hinaus tagte die Notenbank, während praktisch zeitgleich die Demokratische Partei Hillary Clinton zur offiziellen Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen vom 8. November kürte. stocksDIGITAL bringt etwas Ordnung in den immensen Newsflow.
Apple: Über den Erwartungen
Was die Berichtssaison anbelangt, lag der Fokus auf Apple (ISIN US0378331005). Der Zwischenbericht zeigte, dass sich die Märkte mittlerweile auf das gedrosselte Tempo beim Computerriesen eingestellt haben. Zwar verbuchten die Kalifornier im dritten Quartal der Geschäftsperiode 2015/16 zweistellige Rückgänge bei Umsatz und Gewinn, gleichwohl lag Apple damit über den durchschnittlichen Analystenerwartungen. Das gilt auch und gerade für das iPhone. Von April bis Juni wurden weltweit 40,4 Millionen Exemplare des Smartphones verkauft. Die Experten hatten mit knapp 400'000 Stück weniger gerechnet. Aufhorchen liess zudem die Servicesparte. In diesem Geschäftsbereich, zu dem neben dem App Store der Bezahldienst Apple Pay sowie Cloud-Dienstleistungen zählen, führte das Wachstum von knapp 19 Prozent zu einem Umsatz von sechs Milliarden Dollar.
Über den Erwartungen lag Apple auch mit dem Ausblick. Für das laufende Quartal stellt CEO Tim Cook Umsätze zwischen 45,5 und 47,5 Milliarden US-Dollar in Aussicht. Zum Vergleich: Vor dem Zahlentermin lag der Konsens bei 45,7 Milliarden Dollar. Möglicherweise hält Cook grosse Stücke auf das iPhone 7. Es wird erwartet, dass der Konzern die nächste Generation des Verkaufsschlagers im September in die Läden bringen wird. Wie auch immer: An der Wall Street ist der Zwischenbericht gut angekommen. Die Apple-Aktie verteuerte sich am Tag nach der Publikation um 6,5 Prozent auf 102,95 US-Dollar. Mehrere Analysehäuser haben ihre Kursziele nach oben geschraubt. Beispielsweise halten die Citigroup-Experten einen Anstieg auf 120 Dollar für möglich.
Facebook: Erfolgreiche Transformation
Während es für das grösste Börsenunternehmen der Welt zunächst gilt, aus dem Seitwärtstrend auszubrechen, hat sich Facebook (ISIN US30303M1027) schon von sämtlichen charttechnischen Fesseln befreit. Der Social-Media-Gigant verteuerte sich allein im bisherigen Jahresverlauf um annähernd einen Fünftel und hängt damit den Nasdaq 100 um Längen ab. Als der Konzern am Mittwochabend seine deutlich über den Erwartungen liegenden Quartalszahlen vorlegte, markierte der Highflyer im nachbörslichen Handel ein weiteres Allzeithoch. Mit 2,05 Milliarden US-Dollar hat Facebook den Gewinn im zweiten Quartal annähernd verdreifacht. Die Werbeeinnahmen legten um knapp zwei Drittel auf 6,2 Milliarden Dollar zu – davon generierte das Unternehmen 84 Prozent über mobile Anwendungen.
Beim Börsengang vor vier Jahren zweifelte so mancher Experte noch daran, ob Facebook die richtigen Lösungen für ein sich veränderndes Nutzerverhalten – weg vom PC hin zu Smartphone und Tablet – finden könne. Dass die Transformation geklappt hat, zeigt die Zahl der aktiven Mitglieder: Mehr als 1,1 Milliarden Menschen loggten sich im abgelaufenen Quartal täglich bei diesem Online-Portal ein. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ergibt sich daraus eine Zunahme von 16,5 Prozent. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass Analysten der Facebook-Aktie weitere Avancen zutrauen. Laut Reuters lautet der Rating-Konsens auf «Outperform».
Berichtssaison: Bisher konnten 68 Prozent die Erwartung übertreffen
Mit ihren überzeugenden Resultaten haben die beiden Technologiegiganten den Eindruck einer überwiegend positiven «Earnings Season» unterstrichen. Diesbezüglich hilft eine regelmässige Auswertung des Datendienstleisters Factset weiter. Vor der «Woche der Wahrheit» hatte ein Viertel der Mitglieder des S&P 500 bereits Zahlen zum jüngsten Geschäftsgang vorgelegt. 68 Prozent davon konnten die durchschnittlichen Gewinnschätzungen übertreffen.
Zwar haben die Analysten ihre Prognosen entsprechend nach oben geschraubt und die positiven Berichte von Apple und Facebook dürften weitere Aufwärtsrevisionen nach sich ziehen, gleichwohl kann es beim S&P 500 das fünfte Quartal in Folge zu rückläufigen Gewinnen kommen. Eine solche Negativserie hat es seit der Finanzkrise 2008/2009 nicht mehr gegeben.
Gewinnwachstum: Neuer Schwung im 2017
Der positiven Stimmung am wichtigsten Aktienmarkt der Welt kann dies keinen Abbruch tun. Sowohl der S&P 500 als auch der Dow Jones Index notieren auf Rekordniveau. Offenbar setzen die Investoren auf bessere Zeiten. Tatsächlich gehen viele Analysten davon aus, dass der Gewinnmotor die Drehzahl demnächst erhöhen wird. Da erwartet wird, dass das Ergebnis je Aktie für den S&P 500 im laufenden Jahr um weniger als 1 Prozent zunehmen wird, hat der Konsens für 2017 ein prozentual zweistelliges Wachstum auf dem Zettel. Zählen können die Bullen weiterhin auf die Notenbank. Wie erwartet, liess die Fed den Leitzins am Mittwoch in der Spanne zwischen 0,25 und 0,5 Prozent. Gleichzeitig äusserten sich die Währungshüter relativ optimistisch. Sie sind der Ansicht, dass sich das Risiko bezüglich dem US-Wirtschaftsausblick auf kurze Sicht verringert hat. Angesichts der nach wie vor schwer abschätzbaren Folgen des britischen EU-Ausstiegs und der anstehenden Präsidenschaftswahlen wird die Fed wohl dennoch in Lauerstellung bleiben und die Zügel kaum vor Dezember straffen.
Zum Ausdruck kommt der Run auf US-Aktien übrigens auch im Handel mit Exchange Traded Funds. Während der europäische ETF-Markt als Ganzes im ersten Halbjahr Mittelabflüsse verzeichnete, stockten die Investoren ihre Bestände an Wall-Street-Titeln auf. Börsengehandelte Fonds auf US-Indizes sammelten laut Zahlen von Deutsche Bank Markets Research umgerechnet rund 1,8 Milliarden Franken ein. Ein Grossteil dieser Summe floss in einen ETF (ISIN IE00B5BMR087) von iShares. Der an der SIX kotierte Fonds bildet den S&P 500 gegen eine tiefe Gebühr von 0,07 Prozent p.a. passiv ab. Mittlerweile ist das verwaltete Vermögen auf mehr als 15 Milliarden Franken angeschwollen. Damit ist das Produkt der grösste ETF Europas.
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