Der Kurscrash war ein Schock, und die Abgastäuschereien von VW, die Mitte September ans Licht gekommen sind, hatten eine gewaltige Dimension. Viele Millionen Autos sind betroffen, US-Behörden sind im Spiel und da weiss jeder: Damit ist nicht zu spassen. Die Angst ist bei Anlegern und Analysten umgegangen, und die Medien haben täglich neue Skandale rund um die Abgasschwindelei ans Licht gebracht. Viele Experten nannten enorme Summen: Für teure Rückrufaktionen, die Rückgabe von Fahrzeugen, sogar Schadenersatzklagen wegen Krebs standen auf der Liste und natürlich hohe Bussenzahlungen an den Staat.

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Die VW-Führung hatte zwar rasch eine vorsorgliche Rückstellung für drohende Belastungen aus dem Abgasskandal in der Höhe von 6,5 Milliarden Euro gebildet, doch manche Auguren hielten das für viel zu wenig, es gab sogar schwarzseherische Propheten und extreme Pessimisten, die den Untergang von VW an die Wand gemalt hatten.

VW – der Schaden schrumpft zusammen, …

Nun zeigt sich: Der Rückrufschaden könnte möglicherweise doch deutlich geringer sein als anfänglich befürchtet worden ist. «Nach unseren Berechnungen dürften die Kosten für die Rückrufaktionen der 8,2 Millionen Diesel-Fahrzeuge in Europa bei weniger als 500 Millionen Euro liegen», sagte Autopapst Ferdinand Dudenhöfer vom CAR-Institut vor wenigen Tagen. Tatsächlich sind Autoexperten über die teilweise einfachen Lösungsmöglichkeiten bei manipulierter Soft- und Hardware in den betroffenen VWs überrascht.

Möglicherweise wird sich der gesamte Skandal schon in einigen Monaten zunehmend nur als Sturm im Wasserglas entpuppen. Anleger sehen das wohl tendenziell immer öfter so. Denn nachdem sich der VW-Kurs nach der Bekanntgabe der Schummeleien innert weniger Wochen fast halbiert hatte, klettert die Aktie nun seit fast zwei Wochen wieder beständig nach oben.

… und die Aktie ist fundamental gesehen klar unterbewertet

Die Kaufempfehlung für den Titel in stocksDIGITAL bei Ausbruch des Abgasskandals vor zwei Monaten hat sich damit, bisher zumindest, als goldrichtig erwiesen, denn die Aktie konnte seither bereits um mehr als 15 Prozent zulegen. Kurstreibend ist dabei nicht nur die fortschreitende Entspannung im Abgasskandal, sondern unter anderem auch die fundamentale Bewertung. Trotz der hohen Rückstellungen für drohende Skandal-Folgen schrieb VW im dritten Quartal nur einen vergleichsweise kleinen Verlust von 1,7 Milliarden Euro. Der Gewinn im Neunmonatszeitraum halbierte sich dadurch zwar, doch da standen immerhin noch 4,0 Milliarden Euro in den Büchern.

Vor allem aber: Bei einem Buchwert je Aktie von 171,80 Euro bekommen Anleger die VW-Vorzüge mit einem Discount von mehr als 25 Prozent entsprechend einem Kurs/Buchwert-Verhältnis von 0,7. Das ist für einen profitablen Weltkonzern – der Konsens der Analysten rechnet mit einem 10er-KGV in diesem Jahr – spottbillig, und diese KBV-Relation ist damit derzeit wohl auch ziemlich einzigartig auf dem Kurszettel der grossen internationalen Blue Chips.

Weitere Kursgewinne scheinen möglich zu sein

Die VW-Vorzüge scheinen damit trotz der jüngsten Kurserholung günstig zu sein, und falls der Widerstand bei 125 Euro fällt, könnten ganz schnell wieder Kurse im Bereich von 140 Euro oder mehr drin sein. Anleger, die etwas risikofreudiger sind, greifen sogar zum Call und hebeln damit einen möglichen Ausbruch über die 125-Euro-Hürde mit Faktor 3,9 (ISIN: CH0299674058, Laufzeit endlos, Basis und Knock-out jeweils 95,06 Euro).

VW bietet damit aber nicht nur nach wie vor eine interessante Chance auf eine deutliche Outperformance infolge Erholungsrally, sondern ist auch ein Anschauungsbeispiel für Psychofallen, in die Anleger oft tappen.

VW und die Psychofallen

Wie etwa die Lemminge. Viele Anleger machen dabei genau denselben Fehler. Bei VW beispielsweise allen Gerüchten und Übertreibungen der Medien Glauben schenken. Das führt zu Masseneuphorie oder – wie bei VW – zu Massenpanik. Dabei wissen vor allem Value-Anleger: Antizyklisches Verhalten wird an der Börse oft belohnt. Das heisst: Kaufen, wenn eine Aktie anhand der fundamentalen Bewertung billig, also «value» ist. Und das ist bei VW nach wie vor der Fall. Börsenguru André Kostolany sagt: «An der Börse ist alles möglich, auch das Gegenteil.»

Und dann eine zweite grosse Anlegersünde: Zu hektisch handeln. Dabei werden neue Informationen oder Ereignisse viel stärker gewichtet als ältere. Die Folge sind Kursübertreibungen. Siehe VW. Erfahrene Anleger nutzen solche Übertreibungen zu günstigen Käufen bzw. Verkäufen und achten immer darauf, ob die jeweilige Story intakt ist und ob die Bewertung stimmt.

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