Nun ist es also da, das iPhone X. Am Dienstag Zeit stellten Apple-Chef Tim Cook und Kollegen das neue Smartphone aus dem Hause Apple vor. Wie immer mit viel Pathos, Brimborium und allerlei Superlativen: Das Gerät sei «der grösste Satz vorwärts seit dem ersten iPhone», sagte Cook.

Das neue Premium-Smartphone weist ein ausgereiftes Design und neue Featuers auf. Am prägnantesten sind der Verzicht auf den Home-Button und die Sicherung per Gesichtserkennung, per Face ID. Auch bei den Materialien hat Apple vorgelegt: Front und Rückseite sind aus Glas, integriert ist das Oled-Display. Das Handy lässt sich drahtlos aufladen, das iPhone X ist mit Dual-Kamera ausgestattet und enthält Augmented-Reality-Technik, für die Apple die grösste AR-Entwicklerplattform der Welt gründete. Wie immer wurde die Präsentation des Geräts – in deren Zuge auch das iPhone 8 vorgestellt wurde – frenetisch bejubelt. Apple-Fans hatten das Gerät schon seit Monaten mit Spannung erwartet.

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Vorschusslorbeeren sorgen für Aktienhoch

Auch Anleger hatten Vorschusslorbeeren verteilt und den Aktienkurs des Konzerns in den vergangenen Monaten in immer neue Höhen getrieben. Dabei folgten sie dem Motto «Buy the rumor, sell the fact». Seit Jahresbeginn ist der Aktienkurs um 40 Prozent gestiegen, allein in den vergangenen drei Monaten ging es um 10 Prozent aufwärts. Genau hier liegt ein Problem. Durch den Hype im Vorfeld der iPhone-X-Präsentation sind sämtliche Neuerungen bereits eingepreist. Die wichtigsten Informationen waren vor der Produktpräsentation durchgesickert. So trat nach der Vorstellung des iPhone X Ernüchterung ein. Der Kurs des Apple-Valors fiel am Tag danach gar, um 1,4 Prozent. Auch die Kurse von Apple-Zulieferern wie Dialog Semiconductor fielen nach der iPhone-Show.

Allerdings sind längst nicht alle Marktbeobachter kurz- oder mittelfristig pessimistisch. Zwar haben viele Analysten ihre Einschätzung nach der Produktpräsentation belassen. Allerdings hatte ein guter Teil von ihnen bereits vor der Präsentation eine glänzende Prognose ausgestellt. So blieb etwa UBS-Analyst Steven Milunovich seiner Einschätzung treu, die Aktie auf «Buy» zu halten und ergänzte, die neue Technik unterstreiche Innovationskraft der Kalifornier. Als Kursziel sieht er 180 Dollar, eine Einschätzung, die seine Kollegen von Bernstein Research und RBC Capital Markets teilen. Erreicht die Apple-Aktie einen Wert von um die 193 Dollar bis 195 Dollar, wäre der Tech-Riese der erste Konzern mit einem Börsenwert von über 1 Billion Dollar.

Zu viele Ähnlichkeiten mit Samsung

Es gibt selbstredend auch Gründe, skeptisch zu bleiben: So sehen Analysten beim neuen iPhone viele technische Parallelen zu Produkten des südkoreanischen Erzrivalen Samsung. Dessen neues Luxus-Smartphone ist allerdings bereits seit dieser Woche im Handel, während Apple-Jünger sich noch bis zum 3. November gedulden müssen, bis sie das iPhone X in Händen halten können. Der späte Verkaufsstart im wichtigen Weihnachtsquartal könnte sich negativ auswirken, fürchten Analysten. Ausserdem war es einem Präsentator beim Apple-Event am Dienstag nicht gelungen, das Handy mithilfe der neuen sogenannten FaceID-Funktion zu entsperren. Beobachter bezweifeln nun, ob die Gesichtserkennungs-Technik einwandfrei funktioniert.

Dazu kommt der stolze Preis: In der günstigsten Ausführung soll das iPhone X in der Schweiz ab 1199 Franken kosten. Das ebenfalls am Dienstag vorgestellte iPhone 8 gibt es für vergleichsweise günstige 839 Franken. Den meisten Smartphone-Käufern dürfte das zu teuer sein, legt eine aktuelle Umfrage der britischen Bank Barclays nahe: Demnach sollen gerade einmal 18 Prozent der bisherigen iPhone-Nutzer bereit sein, den für das iPhone X ausgerufenen Preis zu bezahlen. Barclays stuft die Apple-Aktie mit «Halten» ein. Analysten sehen ein Kursziel von 146 US-Dollar. Das würde deutliche Verluste bedeuten: Aktuell kostet der Valor 159 US-Dollar. Auch andere Analysten rechnen in den kommenden Monaten mit einem Kursrückgang.

Das iPhone X muss die hohen Erwartungen erfüllen und Apple möglichst viel Geld in die Kasse spülen, um den Konzern nachhaltig auf Wachstumskurs zu halten. Der Smartphone-Markt ist in den meisten Ländern gesättigt, der chinesische Markt wird weitgehend von einheimischen Anbietern dominiert, die auch im Ausland Fuss fassen. Sie bieten wesentlich günstigere Smartphones an als Apple. Ob das iPhone X für Apple ein Erfolg oder ein Desaster wird, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

Mitarbeit: Karen Merkel

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