Am Freitag sind die Börsenkurse weltweit massiv eingebrochen. Auch am Montag geht der Absturz weiter. Besonders heftig ist das Börsen-Beben in Asien. Doch auch in der Schweiz und in Europa sinken die Kurse, wie die globale Übersicht zeigt.

Die «Handelszeitung» beantwortet hier die acht wichtigsten Fragen zum grossen Ausverkauf an den weltweiten Aktienmärkten:

1. Was sind die Hintergründe des Börsen-Bebens?

«Die Anleger werden gerade mit zwei unangenehmen Tatsachen konfrontiert», sagte Jochen Stanzl, Chefanalyst beim Broker CMC Markets, gegenüber Reuters. Zum einen stünden im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) plötzlich nicht mehr die erwarteten Gewinne, sondern die hohen Kosten im Vordergrund.

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Und zum anderen zeigten die hohen Zinsen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) Wirkung. Gerade in den USA wächst die Befürchtung, dass die Fed den Zeitpunkt für die Zinssenkung verpasst hat und der Wirtschaft eine harte Landung droht. Und die Wirtschaftslage in den USA ist wegen des riesigen Marktes auch für die gesamte Weltwirtschaft entscheidend.

2. Warum gerade jetzt?

Es gibt zwei Auslöser für das globale Börsen-Beben. Entscheidend seien vor allem die Befürchtungen, die US-Wirtschaft könnte in eine Rezession fallen, schreibt Raiffeisen in einem Marktkommentar. Die US-Wirtschaft schuf im Juli deutlich weniger Arbeitsplätze als erwartet und die Arbeitslosigkeit erreichte den höchsten Stand seit fast drei Jahren, wie am Freitag bekannt wurde.

Noch am Mittwoch hatte US-Notenbankchef Jerome Powell (71) den Leitzins bei hohen 5,3 Prozent belassen. Die Zinswende wird nun im September erwartet. Doch bis dann könnte sich die Lage der Unternehmen weiter verschlechtern, so die Befürchtung.

Der zweite Auslöser liegt in Japan: Dort erhöhte die Notenbank überraschend die Zinsen, was die Landeswährung Yen in die Höhe trieb. Das trifft einerseits die japanischen Unternehmen und damit die viertgrösste Volkswirtschaft der Welt. Und andererseits wurden viele internationale Investoren auf dem falschen Fuss erwischt, die auf einen schwachen Yen spekulierten. Sie mussten panisch Yen kaufen und trieben so den Kurs der Währung weiter in die Höhe.

3. Wer wurde besonders getroffen?

In Japan kam es am Freitag zu einem massiven Ausverkauf an der Börse, der sich am Montag noch zuspitzte. Der japanische Leitindex Nikkei schloss am Montag 12,5 Prozent im Minus. Hintergrund: Ein stärkerer Yen wirkt sich direkt auf die Umsätze der exportorientierten japanischen Firmen aus. So verlor etwa Toyota am Montag 14 Prozent. Innert Monatsfrist brach der Kurs des Autoherstellers um ein Drittel ein.

In den USA gaben insbesondere Tech-Aktien nach. Der Chipkonzern Intel verlor am Freitag ein Viertel seines Wertes. Und Amazon brach um fast 9 Prozent ein. Beide Firmen haben letzte Woche hohe Ausgaben im KI-Bereich angekündigt.

4. Wie ergeht es den wichtigsten Schweizer Aktien?

Am Freitag verlor der Schweizer Leitindex SMI 3,6 Prozent. Besonders hart getroffen wurden die UBS und ABB, die beinahe 10 Prozent verloren. Auch Logitech, Holcim und Sika mussten massiv Federn lassen. Am Freitag stand von den zwanzig wichtigsten Schweizer Aktien einzig Nestlé im Plus. Negativ, aber deutlich besser als der Gesamtmarkt schnitten auch Swisscom, Roche und Novartis ab.

Auch am Montag startete die Schweizer Börse tiefrot, konnte sich bis gegen Mittag aber bei Minus 2,5 Prozent stabilisieren. Besonders schwach liefen erneut die Titel von ABB, Holcim und Sika, die schon am Freitag zu den Hauptverlierern gehört hatten. Auch die UBS verlor im frühen Handel bereits wieder deutlich. Dennoch scheint die Schweizer Börse bisher mit einem blauen Auge davonzukommen.

5. Wie wirken sich die Verwerfungen auf den Franken aus?

Wie immer in Phasen der Panik wird der Schweizer Franken stärker. Der Euro sank auf 93 Rappen, der Dollar auf 85 Rappen. Auch andere «sichere Häfen» wie Gold und der japanische Yen legen zu, wobei beim Yen wie beschrieben die Zinserhöhung in Japan der Hauptgrund ist.

Nicht als sicherer Hafen zeigte sich zudem einmal mehr der Bitcoin: Die älteste Kryptowährung lag am Montagvormittag nur noch knapp über 50'000 Dollar und hat damit seit Freitag etwa ein Fünftel an Wert verloren.

6. Was ist mit dem Nahostkonflikt?

Die Spannungen zwischen dem Iran und Israel nach der Tötung des Hamas-Anführers Ismail Hanija (†62) in der iranischen Hauptstadt Teheran tragen ebenfalls zur Unruhe an den Märkten bei. Iran hat Vergeltung angekündigt, was aber den Ölpreis bisher kaum bewegt hat. Dieser dürfte am stärksten auf eine Eskalation reagieren.

Die Frage ist nun, ob der Iran wie im April wieder bei einem symbolischen Angriff belässt. Das wäre das beste Szenario. Doch wenn es zum Flächenbrand und Dreifrontenkrieg von Israel in Gaza und gegen die Hisbollah im Libanon sowie gegen den Iran kommt, könnten auch der Ölpreis und der Franken als sicherer Hafen stark zulegen.

7. Was soll ich nun als Anleger tun?

Schweizer Anlegerinnen und Anleger sollten in der aktuellen Situation Ruhe bewahren. Wer auf lange Sicht investiert und einen Zeithorizont von Jahrzehnten hat, muss auch vor grösseren Abstürzen keine Angst haben. So erlitt der SMI sowohl im Zuge der geplatzten Techblase 2000 und der internationalen Finanzkrise ab 2007 Einbrüche von über 50 Prozent, die wieder aufgeholt wurden. Allerdings braucht das Geduld: Nach der Finanzkrise wurde der Höchststand vom 1. Juni 2007 erst 2018 wieder übertroffen.

Von einem solchen Absturz sind wir im Moment weit entfernt. Es empfiehlt sich aber, nur so viel vom eigenen Vermögen zu investieren, dass man bei einem Absturz an der Börse nicht zu einem niedrigen Kurs verkaufen muss.

8. Wie geht es weiter?

Der SMI liegt am Montagmittag noch 2,5 Prozent im Minus. Vieles wird nun von der Entwicklung an der US-Börse abhängen, die um 15:30 Uhr Schweizer Zeit eröffnet. Dort wird vorbörslich ein deutliches Minus erwartet. Die Futures der Technologiebörse Nasdaq, mit denen auf den Kursverlauf nach Eröffnung der Börsen gewettet werden kann, stehen 4 Prozent im Minus. Das ist zwar schwach, aber ein historischer Absturz wie in Japan ist damit vorerst nicht zu erwarten.