SNB-Zinsbewegungen. Klimawandel. US-Schulden. Der neueste schwache Wirtschaftsbericht. Bedeutende Gewinnmeldungen. Europas Ertrags-«Krisen».

Was haben all diese Themen gemeinsam? Nichts, was für Aktien wirklich von Bedeutung wäre.

Aktien sind weder kurz- noch weitsichtig. Sie wägen Faktoren ab, die die Gewinne in den nächsten drei bis dreissig Monaten beeinflussen, und ignorieren meistens kurzfristiges Gerede und alle extrem langfristigen Prognosen. Lassen Sie mich dies erklären.

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Märkte sind ein wunderbarer Preismechanismus, der Daten und Meinungen blitzschnell zu einem Preis verarbeitet. Kurzfristige Entwicklungen werden schneller und präziser eingepreist, als es Prognosen je könnten.

Man denke nur an die Fixierung der Experten auf die Zentralbank, eine fehlgeleitete Besessenheit, die ich in meiner November-Kolumne bemängelt habe. Die Zinssenkungen der SNB konnten den Einbruch des SPI im Frühjahr nicht verhindern, der nach der ersten Zinssenkung am 21. März eskalierte. Die Zinssenkung im Juni hat den starken Einbruch Anfang August nicht verhindert. Die dritte Zinssenkung im September konnte den Einbruch im Herbst nicht aufhalten. Vielleicht sorgen zukünftige Massnahmen für ein kurzes Aufflackern. Mehr aber auch nicht. 

Der Gastautor

Ken Fisher ist Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, einer Vermögensverwaltungsfirma mit Niederlassungen weltweit, die über 294 Milliarden Dollar verwaltet. Fisher zählt zu den einflussreichsten (und auch reichsten) Investmentmanagern der USA.

Wie sieht es mit den Wirtschaftsdaten aus? In ihnen spiegelt sich die jüngste Vergangenheit wider; rückblickende Realitäten, die von Aktien bereits eingepreist werden. Das Gleiche gilt für die Gewinnveröffentlichungen. Eventuell geben die Lageberichte der Geschäftsführung etwas her. Aber dabei müsste es sich um etwas handeln, was noch nicht diskutiert und daher nicht eingepreist ist, mit zukunftsgerichteten Implikationen. Selten!

Sie brauchen sich auch keine Sorgen über einen Zeitraum von mehr als dreissig Monaten zu machen. Aktien kümmert das nicht! Die ferne Zukunft ist schlicht zu unvorhersehbar. Auch hier berücksichtigen Aktien die wahrscheinlichen Auswirkungen auf die mittelfristigen Unternehmensgewinne. Sie preisen die Langfristigkeit ein, wenn eine mittelfristige Entwicklung eintritt.

Nehmen wir die Schuldenprognose für die USA. 2011 prognostizierte die Haushaltsaufsicht, dass die Zinsen zehnjähriger Staatsanleihen von 2011 bis 2021 im Durchschnitt bei 4,8 Prozent liegen würden, was die jährlichen Zinszahlungen bis 2021 auf 940 Milliarden Dollar ansteigen liesse. Und wie sieht die Realität aus? Die zehnjährigen US-Staatsanleihen lagen im Durchschnitt bei 2,1 Prozent. Die Nettozinszahlungen im Jahr 2021 beliefen sich auf etwa 350 Milliarden Dollar. Hoppla!

Oder erinnern Sie sich an die Annahmen zum Ölfördermaximum zu Beginn des 21. Jahrhunderts? «Experten» behaupteten, die Ölförderung sei endgültig rückläufig. Nein! Unvorhergesehene Durchbrüche in der Fracking-Technologie führten dazu, dass die US-Produktion zur weltweit grössten avancierte und die globale Produktion in die Höhe schnellen liess.

Jetzt schreien viele nach einem «Nachfragespitzenwert bei Öl». Laut der Internationalen Energieagentur wird dies im Jahr 2029 der Fall sein. Goldman Sachs erwartet ihn für 2034. Exxon erwartet eine stabile Nachfrage bis 2050. Die Opec stimmt dem zu. Wer hat recht? Ganz einfach! Es spielt keine Rolle. Es hat keinen Einfluss auf die Gewinne der nächsten drei bis dreissig Monate.

Das Gleiche gilt für die Demografie und den Klimawandel. Diese können soziologisch von Bedeutung sein. Vielleicht wirken sie sich irgendwann auf die Gewinne aus. Aber ob das in den nächsten drei bis dreissig Monaten der Fall sein wird? Nein. Klimawandel und demografische Veränderungen dauern Jahrzehnte. Die Märkte sehen diese lange im Voraus kommen und preisen sie vorher ein.

Langfristige Prognosen beruhen auf aktuellen Informationen. Sie entwickeln sich im Laufe der Jahre oder Jahrzehnte, unsere Welt verändert sich auf unvorstellbare Weise und macht diese Prognosen zunichte. Daher ignorieren Aktien solche Prognosen.

Und wie steht es nun mit den Aussichten für die nächsten drei bis dreissig Monate? Zwar legten die US-Aktien nach dem Wahlsieg von Donald Trump zu, doch der SPI und europäische Aktien brechen ein. Befürchtungen über Zölle, erneute Unruhen in der Ukraine und unsichere Wirtschaftsdaten drücken weiterhin auf die Marktstimmung. Dennoch sind die Bedingungen verhalten positiv. Durch den Stillstand bleibt das Gesetzgebungsrisiko in ganz Europa gering. Die knappe Mehrheit der Republikaner im Kongress in den USA ist das Nächstbeste. Und ein Anstieg bei der Kreditvergabe ist ein gutes Zeichen für das künftige Wachstum in der Schweiz, Europa und Amerika. Sollte 2025 keine grossen, unerwarteten Negativfaktoren mit sich bringen, dürften sich Aktien gut entwickeln.

Machen Sie sich also keine Gedanken um den nächsten Monat oder die nächsten zwanzig Jahre. Sondern richten Sie – wie Aktien – Ihren zeitlichen Fokus neu aus!