Erfahrene Anleger wissen: Die Aufgabe der Wirtschaft ist zu «wirtschaften». Das bedeutet: Egal wie es da draussen läuft – die Unternehmen machen ihr Geschäft so gut es eben geht. Im angelsächsischen Raum sagt man dazu: Business as usual. Und da spielt offensichtlich auch der Handelsstreit zwischen USA und China keine allzu grosse Rolle. Zumindest nicht, wenn man die Entwicklung der Logistikbranche und der jeweiligen Aktienkurse im Auge hat.
Trotz des immer noch schwelenden Handelskonflikts zwischen den beiden Grossmächten kletterte die Aktie von Kühne & Nagel in diesem Jahr bereits um 25 Prozent. Møller Mærsk liegt ebenfalls 25 Prozent im Plus und Hamburger Hafen bringt seinen Aktionären seit Jahresschluss inklusive Dividenden sogar schon ein Plus von 50 Prozent.
Der Welthandel wächst und wächst und wächst
Man kann es drehen und wenden wie man will: Die Welt wächst zusammen und die Globalisierung bringt regen Güteraustausch. Laut Zahlen der World Trade Organisation WTO stieg der Warenexport seit 1960 Jahr für Jahr. Einzige Ausnahme war das Jahr der Finanzmarktkrise 2008.
Auf jeden Fall geht es mit dem Handel weit stärker voran als mit der Produktion. Laut WTO stieg zwar die Warenproduktion weltweit zwischen 1960 und 2018 um 625 Prozent, also auf etwas mehr als das Siebenfache oder um durchschnittlich 3,2 Prozent pro Jahr. Doch der Export von Waren expandierte im selben Zeitraum dreimal so stark und explodierte dabei auf das 19-fache des Ausgangswerts von 1960. Das war ein jährliches Plus von 5,2 Prozent im Schnitt. Und trotz der Ängste um einen Handelskrieg geht es mit dem Handel derzeit immer noch nach oben. Im August lag das Plus im weltweiten Handelsvolumen im Vergleich zum Vormonat bei 0,5 Prozent, im Juli kletterte das Volumen um 1,4 Prozent.
Trotz der Ängste um einen Handelskrieg geht es mit dem Handel derzeit immer noch nach oben.
Die Entwicklung bestätigt nicht nur Volkswirte, die sagen, ein Land soll sich auf das konzentrieren, was es am besten kann und das produzieren wo es Kostenvorteile hat, um diese Güter dann zu exportieren, sondern zeigt, dass Logistik-Aktien eben aus gutem Grund gut laufen.
Tatsächlich laufen die Geschäfte bei den drei genannten Unternehmen derzeit richtig rund. So konnte Kühne & Nagel seinen Umsatz insbesondere wegen hoher Nachfrage im See- und Überlandtransport in den ersten neun Monaten um 3,1 Prozent auf 15,8 Milliarden Franken ausbauen. Die Seefracht verzeichnete dabei sogar ein Plus von 7,3 Prozent. Der Transportkonzern aus Schindellegi im Kanton Schwyz profitiert dabei nicht nur vom seit langem nachhaltigen Wachstum im Welthandel, sondern auch von Akquisitionen. 2020 dürfte das sechste Rekordjahr des Unternehmens in Folge werden.
Møller Mærsk und HHLA – Prognose erhöht
Das Tempo erhöht derzeit auch A.P. Møller Mærsk A/S. Die Holding mit Fokus auf Containerschiffe und Tanker, auf den Betrieb von Hafenterminals, aber auch auf das Ölbohrgeschäft, erhöhte Ende Oktober den Ausblick für dieses Jahr. Das Rohergebnis soll nicht mehr bei etwa 5 Milliarden Dollar liegen, sondern zwischen 5,4 und 5,8 Milliarden Dollar.
Dann Hamburger Hafen und Logistik AG kurz HHLA. Der Betreiber des gleichnamigen Hafens und von Bahnlogistik steigerte seinen Umsatz in den ersten drei Quartalen um 8,3 Prozent auf 1044,6 Millionen Euro. Das sieht nicht nach Handelskrise aus ebenso wenig wie der Anstieg im Containerumschlag des Konzerns aus Hamburg. Mit 5,7 Millionen Standardcontainern wurden in den neun Monaten nämlich 4,0 Prozent mehr in der Hansestadt an der Elbe umgeschlagen als im Vorjahreszeitraum.
Die neue Seidenstrasse – Schiene mit guten Perspektiven
Wegen der guten Neunmonatszahlen hebt Firmenchefin Angela Titzrath die Prognose an. Der Umsatz soll in diesem Jahr nicht «leicht», sondern nun «deutlich» steigen. Die Zukunft sieht ohnehin günstig aus. Es gibt die Elbvertiefung, die schon bald auch den ganz grossen Containerschiffen die Zufahrt nach Hamburg möglich machen soll und Hamburg ist Teil der «neuen Seidenstrasse», dem gigantischen globalen Logistik- und Handelsprojekt Chinas.
Immerhin läuft schon jetzt mehr Handel zwischen China und Europa über Hamburg als in jeder anderen Stadt des Kontinents. Und von der neuen Seidenstrasse wird ein Sektor besonders profitieren: der Schienenverkehr. Der Hafen der Hansestadt ist schon jetzt der wichtigste Eisenbahnknotenpunkt Europas. Und das Angebot wird ständig ausgebaut. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Containerzugverbindungen zwischen Hamburg und China von 177 auf 235 pro Woche.
VTG – starkes Wachstum mit Eisenbahnwaggons
Die Zahlen belegen das starke Wachstum im Schienenverkehr zwischen der EU und dem Reich der Mitte. Nach Angaben des Münchner Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung hat sich der Anteil des Bahnverkehrs im Handel zwischen Deutschland und China zwischen 2015 und 2017 verdreifacht.
Die Bahn in der EU könnte damit zu den ganz grossen Profiteuren der neuen Seidenstrasse werden. Da ist nicht nur weiterhin HHLA vorne mit dabei, sondern beispielsweise auch einer der grössten Waggonvermiet- und Schienenlogistiker in Europa, die VTG AG. Das Unternehmen hat ebenfalls in Hamburg seinen Sitz und verfügt mit 94'000 Eisenbahngüterwagen über die grösste nicht staatliche Waggonflotte in Europa. VTG steigerte den Umsatz übrigens im vergangenen Jahr um 5,7 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro und im ersten Halbjahr gab es ein starkes Plus bei den Erlösen von 16,6 Prozent.
Aves One – der Umsatz explodiert
Deutlich kleiner, aber noch wachstumsstärker als VTG ist Aves One. Das Unternehmen kommt ebenfalls aus Hamburg und ist auf die Vermietung insbesondere von Eisenbahnwaggons, Containern und Wechselbrücken spezialisiert und steigerte den Umsatz im ersten Halbjahr um 71,6 Prozent auf 55,6 Millionen Euro. Im Gesamtjahr sollen die Erlöse um mehr als 40 Prozent von 77,7 auf 110 Millionen Euro springen. Die Aktie bringt in diesem Jahr übrigens schon ein Plus von 55 Prozent und angesichts des starken Wachstums aber bei einem moderaten 12er-KGV ist auch dort mit weiteren Kurssteigerungen zu rechnen.