Die Vorboten einer Wende an der Zinsfront waren in den letzten Wochen auch in der Schweiz deutlich spürbar. So sind die Zinssätze für Festhypotheken mit fünf Jahren Laufzeit vom Tiefstand bei 2,05 Prozent im vergangenen November auf 2,57 Prozent Anfang März gestiegen. Deutlich fällt der Renditeanstieg auch bei den Bundesobligationen mit zehn Jahren Laufzeit aus: Vom Tief bei 1,1 Prozent Ende August 2010 ging es steil aufwärts auf 2 Prozent Mitte Februar.
Mit der zunehmenden Erholung der Konjunktur scheint das Ende der rekordtiefen Zinsen, mit denen die Notenbanken in den Industrieländern die Folgen der Finanzkrise bekämpft haben, in greifbare Nähe zu rücken. Während sich das Geschäftsklima zum Beispiel in Deutschland Monat für Monat deutlich aufhellt, sind die Renditen der Staatsanleihen trotz ihrer Erholung ungewöhnlich deutlich im Rückstand. Hintergrund der Zinswende ist die Inflation, welche sich in den vergangenen Wochen beschleunigt und beispielsweise in England die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen überholt hat (siehe Grafiken im Anhang). Für Jean-Claude Trichet, den Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Grund genug, bereits für April eine Erhöhung der Leitzinsen anzukündigen.
Die Notenbanken stecken allerdings im Dilemma. Einerseits stellt sich die Frage, wie lange Investoren noch bereit sind, die leeren Staatskassen über den Kauf von zu tief verzinsten Staatsanleihen zu finanzieren. Andererseits könnte eine zu forsche Erhöhung der Leitzinsen den Konjunkturhimmel gleich wieder verdüstern und die Schuldenlast der maroden Staatshaushalte ins Unerträgliche steigern. «Die Europäische Zentralbank steht vor der schwierigen Aufgabe, ihre Zinspolitik auf 17 Volkwirtschaften auszurichten, die sich seit Ausbruch der Schuldenkrise wirtschaftlich teilweise diametral entwickelt haben», erklärt Thomas Steinemann, Chefstratege der Bank Vontobel (siehe Interview unter 'Nebenartikel').
Hinzu kommt nun noch die Umweltkatastrophe in Japan. Die dortige Zentralbank hat ihre Geldschleusen bereits weit geöffnet. Die Wirtschaft Japans wird aufgrund von Produktionsausfällen einen deutlichen Rückschlag erleiden. Bereits im zweiten Halbjahr könnte der Wiederaufbau der zerstörten Infrastrukturen jedoch für eine Erholung sorgen, wenn sich die Atomkatastrophe abwenden lässt. Überdies dürfte die weltweite Konjunktur unwesentlich tangiert sein, da der Anteil Nippons am globalen Bruttoinlandprodukt lediglich bei knapp neun Prozent liegt. Dennoch hat das Beben Spuren selbst an der Schweizer Zinsfront hinterlassen. Hypothekarzinsen wie auch die Renditen der Staatsanleihen haben sich bereits wieder leicht abgeschwächt.
Ob nun aber die Geldpolitik gestrafft wird oder stattdessen die Inflation weitersteigt, die Folgen sind letztlich die gleichen: Anleger sollten Nominalwerte, insbesondere Obligationen, meiden und verstärkt auf Realwerte setzen.
Hypotheken festbinden
Ein solcher Realwert kann Wohneigentum sein. Gemäss der jüngsten Immobilienstudie der Credit Suisse sind Eigenheime heute deutlich rentabler als Mietobjekte – im historischen Vergleich eine Ausnahme, die vor allem durch tiefe Hypothekarzinsen möglich wurde. Besonders ausserhalb der Ballungszentren ist Wohneigentum noch immer nicht überteuert.
Während mehr als zweier Jahre konnten sich Schweizer Häuslebauer dank rekordtiefen Zinsen sehr günstig finanzieren. Setzt die Schweizerische Nationalbank im dritten Quartal erstmals behutsam die Leitzinsen herauf, dürfte die Zeit der billigen Wohnkredite zu Ende sein, rechnet Adrian Wenger, Leiter der Hypothekenberatung beim VermögensZentrum. Er empfiehlt deshalb, bis zur Hälfte des Kreditbetrages mit einer Festhypothek von acht oder zehn Jahren Laufzeit und den Rest mit einer Geldmarkthypothek zu finanzieren. «So kann man die historisch nach wie vor tiefen Zinsen auf Jahre anbinden und bewahrt zugleich eine gewisse Flexibilität, falls die Zinsen nicht stark steigen sollten», begründet Wenger seinen Rat.
Für Immobilienbesitzer, die mit steigenden Zinsen rechnen, deren Hypothek aber erst in einigen Monaten fällig wird, kann sich auch der Abschluss einer Forward-Hypothek lohnen. Damit können Schuldner die Festhypothek bereits heute gegen einen Zuschlag – den sogenannten «Forward» – auf Termin fixieren. Für sechs Monate beläuft sich der Aufschlag für eine zehnjährige Festhypothek derzeit auf etwa 0,2 Prozentpunkte.
Der Goldpreis steigt weiter
Auch Rohstoffe stellen Realwerte dar. Die Liquiditätsschwemme und die robuste Nachfrage aus Schwellenländern haben die Preise in den letzten zwei Jahren deutlich erhöht. Besonders gefragt sind Gold und Silber, deren Stellenwert als «Krisenversicherung» seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise laufend gestiegen ist. Anders als in der Vergangenheit dürften auch moderat steigende Zinsen daran wenig ändern. Dafür sorgen der Status des Edelmetalls als sicherer Hafen und die anhaltende Nachfrage asiatischer Notenbanken.
Auch der Rohölpreis dürfte sich auf einem vergleichsweise hohen Niveau etablieren, da die Risikoprämie aufgrund politischer Unsicherheiten in wichtigen Förderregionen mittelfristig hoch bleiben wird. Die Preisentwicklung bei Rohstoffen ist dennoch keine Einbahnstrasse. Eine Abkühlung der chinesischen Wirtschaft wird den Preisauftrieb von Industriemetallen wie Kupfer bremsen. Die Preise von Agrarrohstoffen hängen zudem von der Ernte- und der Lagerentwicklung ab. Auch hier dürfte die zunehmende Nachfrage aber für weitersteigende Preise sorgen. Gold als Direktanlage oder in Form eines physisch investierten, währungsgeschützten Indexfonds erhält jedoch letztlich den realen Vermögenswert wohl am besten.
Das Ende der Anleihenparty
Keinen sicheren Hafen bieten hingegen Obligationen. Nach 30 Jahren Hausse «haben Bonds die besten Zeiten hinter sich», verkündete Bill Gross, der einflussreiche Manager bei Pimco, dem weltgrössten Vermögensverwalter für Anleihenfonds, unlängst. Während all der Jahre haben die sinkenden Zinsen für erkleckliche Kursgewinne gesorgt. Künftig dürften Anleger jedoch deutlich höhere Prämien zur Finanzierung der Staatshaushalte verlangen. Mit steigenden Zinsen werden aber die Kurse von Anleihen unter Druck geraten. Anfang März hat Pimco deshalb auf die Worte von Gross Taten folgen lassen und den gesamten Bestand an US-Staatspapieren mit mehr als zwei Jahren Laufzeit veräussert.
Anleger sollten Staatsanleihen aus Industrieländern ebenfalls meiden. Auch die meisten Fonds oder Indexprodukte sind nicht empfehlenswert. Eine Alternative bieten Papiere ausgesuchter Schwellenländer in Lokalwährung und Unternehmensanleihen von guter Bonität. Die Laufzeit sollte jedoch unter fünf Jahren liegen. Hochverzinsliche Anleihen wiederum eignen sich für Investoren, die eine geringere Schuldnerqualität verkraften können. Allerdings sollte auf eine ausreichende Risikostreuung geachtet werden. Eine weitere Alternative bieten inflationsgeschützte Anleihen, deren Zinssatz direkt an die Teuerungsentwicklung gebunden ist. Solche Anleihen haben sich durch die steigende Inflation bereits deutlich verteuert und sind nur attraktiv, wenn sich die Teuerungsspirale über Erwarten stark nach oben dreht.
Der Franken bleibt stark
Ob bei Anleihen in Schwellenländern oder mit Inflationsschutz: Anleger sollten auf das Währungsrisiko achten. Bei den Ereignissen in Japan und den arabischen Ländern wurde klar, dass der US-Dollar seine Rolle als sicherer Hafen verloren hat. Aber auch der Euro zeigt angesichts maroder Staatsfinanzen und der Aufstockung des Rettungsschirms von 250 auf 440 Milliarden Euro keine Anzeichen der Stärke. Als Konsequenz dürfte der Franken als sicherer Zufluchtsort gegenüber dem Greenback wie auch dem Euro vorerst fest bleiben. Interessant bleiben dagegen Währungen aus rohstoffreichen Ländern wie Kanada oder Australien.
Aktien unter Wert geschlagen
Dasselbe trifft auch auf Aktien zu. Besonders Firmen aus dem Rohstoff-, dem Industrie- und dem Technologiebereich, die über eine starke Marktstellung und Preismacht verfügen, bieten attraktive Anlagemöglichkeiten. Interessant sind sodann Unternehmen, die einen substanziellen Teil ihres Umsatzes in Schwellenländern erwirtschaften.
Gerade diese dürften von höheren Zinsen nur geringfügig betroffen sein. Galten steigende Zinsen lange als Gift für Aktien, so dürfte ein moderater Anstieg die Börsenerholung nicht zum Erliegen bringen. «Eine Vielzahl von Firmen weist dank Restrukturierungen und Sparmassnahmen im Schnitt viel bessere Bilanzen auf und kann dadurch ein höheres Zinsniveau gut verkraften», sagt Giorgio Cortiana, Head Equity & Credit Research beim UBS Wealth Management.
Auftrieb erhalten die Aktienmärkte zudem von den Versicherungen und Pensionskassen. Wegen drohender Verluste in Nominalwerten wie Anleihen schichten diese ihre Anlagevermögen vermehrt in Realwerte wie Aktien um. Laut «Financial News» beläuft sich das weltweite Anlagevolumen bei den Versicherern auf 22 Billionen Dollar – bereits eine Umschichtung von einem Prozent löst hier einen Zufluss von 220 Milliarden aus.