Der Schweizer Franken hat sich aufgewertet, der Euro lag am Freitag unter 1.12. Wie kam es zu dieser Entwicklung?
Die Schweiz gehört neben Norwegen zu den Ländern mit den weltweit höchsten Vermögenswerten im Ausland. Das bedeutet, dass beim Schweizer Franken ein Währungsmanagement stattfindet. Wenn die Weltwirtschaft wie zuletzt durch verschiedenste Events beeinflusst wird, dann wertet sich der Schweizer Franken auf. Das ist ein Automatismus. Der Franken bietet sich als Hedge an, wenn Volatilitäten steigen. Wer kalte Füsse kriegt, kauft Schweizer Franken. Er stabilisiert das Portfolio.

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Dann ist es also wieder die Flucht in eine starke Währung?
Die Europäische Zentralbank hat in den vergangenen Jahren ein Überangebot von Euro geschaffen. Darauf hat die Schweizerische Nationalbank reagiert. Dieser Kurs der EZB wird sich aber ändern, sie wird weniger Euros in Umlauf bringen. Die offenen Fragen, welche die Weltwirtschaft zurzeit unsicher macht, werden sich bald klären. China hat einige Parameter vorzuweisen, die auf eine Besserung der Konjunktur hinweisen. Die Nachfrage nach Krediten ist gestiegen, es wird nach mehr Kohle verlangt, und es werden wieder mehr Dollars in Renminbi umgetauscht.

Wie werden sich diese Entwicklungen auf den Schweizer Franken auswirken?
Diese Faktoren werden wieder zu einer Abwertung des Schweizer Frankens führen

«1.11 Franken gegenüber dem Euro ist unserer Meinung nach der unterste Boden. In den nächsten Wochen wird der Franken wieder bei 1.14, vielleicht sogar 1.15 liegen.»

Hans Redeker

Wie sieht das konkret aus?
1.11 Franken gegenüber dem Euro ist unserer Meinung nach der unterste Boden. In den nächsten Wochen wird der Franken wieder bei 1.14, vielleicht sogar 1.15 liegen – und sich dort einpendeln.

Wie wirkt sich der Brexit auf die Entwicklung des Frankens aus?
Ich hoffe, dass das Thema Brexit bald vom Tisch ist. Wir gehen davon aus, dass sich Grossbritannien auf eine Zollunion einigen wird. Die Diskussion um den Brexit hat die politische Integration in Europa in den letzten zwei Jahren zum Stillstand gebracht. Das hat den Euro mit weniger Vertrauen gesegnet. Das hat wiederum zu einem Anstieg des Frankens geführt. Wenn im April die Situation um den Brexit geklärt ist, kann sich die Europäische Union wieder auf die politische Stabilität konzentrieren. Dazu gehört auch die Frage nach gemeinsamen Euro-Bond.

Wird die Schweizerische Nationalbank einschreiten müssen?
Die Schweiz ist ein kleines Land, das stark von der Entwicklung der Währung abhängig ist. Aber das Problem des starken Frankens wird sich mit dem steigenden Optimismus gegenüber der Weltwirtschaft von selbst lösen.

Wie wirkt sich der starke Franken auf die Unternehmen in der Schweiz aus?
Die Situation wird sich bereits in den nächsten vier Wochen ändern. Deshalb hat das über das gesamte Jahr gesehen kaum Auswirkungen.

Hans Redeker

Hans Redeker ist Managing Director und Global Head of FX and EM Strategy bei Morgan Stanley in London. Er kam im Mai 2011 zur Bank. Davor war er Global Head of FX Strategy bei BNP Paribas und Senior Economist bei Chase Manhattan Bank. Er hat einen Master-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften der Georg-August-Universität Göttingen.

Quelle: Hans Redeker
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