Unser föderalistisches Steuersystem mit den drei Stufen Gemeinde, Kanton und Bund stellt sicher, dass jedes Gemeinwesen mit seinen Einnahmen haushälterisch umgeht. Hinzu kommt der steuermindernde Konkurrenzdruck unter den Gemeinden und Kantonen, insbesondere im Raum Innerschweiz– Zürich, wo die benachbarte Steueroase oft nur einen Steinwurf entfernt ist. Der Ruf nach einer landesweiten materiellen Steuerharmonisierung, das heisst einer mehr oder weniger weit gehenden Angleichung der Steuertarife, wird zwar immer lauter, doch wird sich diese kaum durchsetzen. Eine Angleichung der Steuertarife würde unweigerlich zu einer landesweiten Steuererhöhung führen, weil das Verantwortungsbewusstsein für einen haushälterischen Umgang mit den Einnahmen entfiele. Nicht umsonst ist die Steuerbelastung im europäischen Umfeld durchwegs höher als in der Schweiz. Selbstverständlich hat der teilweise grosse Unterschied in der Steuerbelastung auch seine Schattenseiten. Viel gesprochen wird über den so genannten Steuertourismus, das heisst den steuerlich motivierten Wohnsitzwechsel. Allerdings ist dieser Tourismus in Wirklichkeit nicht so gross, wie gemeinhin angenommen wird. Denn in den meisten Fällen wiegen die Nähe des Arbeitsplatzes und die Aufrechterhaltung des gewohnten Umfelds am gegenwärtigen Wohnort wesentlich mehr als die tiefere Steuerbelastung an einem neuen Wohnort. Nicht zu unterschätzen sind zudem die meist deutlich höheren Wohnkosten in den begehrten Steueroasen, die in vielen Fällen die Steuerersparnis mehr als übertreffen. Aus diesen Gründen ist die Verlockung gross, sich in einer Niedrigsteuergemeinde nur pro forma niederzulassen, seine Schriften zwar dort zu deponieren, tatsächlich aber am bisherigen Wohnsitz wohnen zu bleiben. In den am Zürichsee gelegenen Teilen des Kantons Schwyz, insbesondere im Bezirk Höfe mit den bekannten Steueroasen Freienbach, Wollerau und Feusisberg, wird von Treuhändern und Steuerberatern regelrecht die Werbetrommel für so genannte Scheinwohnsitze gerührt. Dies hat die Steuerverwaltung Schwyz kürzlich veranlasst, den betroffenen Beratern an einer Informationsveranstaltung ins Gewissen zu reden. Der Kanton Schwyz hat Angst um seinen guten Ruf und möchte deshalb im Sinne einer Selbstregulierung einen Verhaltenskodex im Umgang mit unerwünschten Steuerzahlern erarbeiten. Der Zeitpunkt dieser Veranstaltung kurz vor Ende Jahr kam nicht von ungefähr. Bekanntlich ist seit 2001 bei einem Kantonswechsel jener Kanton für das ganze abgelaufene Jahr für die Steuererhebung zuständig, wo sich der Wohnsitz am Stichtag, dem 31. Dezember, befindet. Die Versuchung liegt also nahe, sich kurz zuvor am alten Wohnsitz ab- und in einer Steueroase anzumelden. Als angebliches Domizil müssen dabei teilweise noch im Rohbau stehende Ein- oder Mehrfamilienhäuser herhalten, manchmal auch Hoteladressen oder gar die Büroräume des beratenden Treuhänders. Derartige Domizile sind mehr als nur Indizien dafür, dass die betreffenden Steuerzahler ihren Lebensmittelpunkt nicht tatsächlich verlegt haben. Bereits Ende letzten Jahres hat die Gemeinde Freienbach den betroffenen Wegzugsgemeinden Meldung über Scheindomizile erstattet. Um nicht auch auf solchen Listen zu erscheinen, haben Steuerzahler gewisse Grundregeln zu beachten. Als weiteres Kriterium für die Anerkennung eines neuen Wohnsitzes kommt hinzu, dass dieser Wohnsitz für eine gewisse Dauer beibehalten werden muss. Steuerlich nicht anerkannt wird der Wohnsitzwechsel all jener, die Mitte Dezember den gesamten Hausrat nach Freienbach zügeln, im März des Folgejahres aber bereits wieder an ihren alten Wohnort zurückkehren. Wie lange eine «gewisse Dauer» ist, steht nirgends festgeschrieben. In der Praxis wird aber verlangt, dass der neue Wohnsitz mindestens zwölf Monate beibehalten wird. Um den Vorwurf der Steuerumgehung mit Sicherheit zu vermeiden, empfehle ich gemeinhin, dass die Rückkehr an den alten Wohnort erst nach mindestens zwei Jahren erfolgt. Bekanntlich ist Boris Becker wegen seines Scheinwohnsitzes in Monaco in Deutschland knapp einem Aufenthalt hinter Gittern entgangen. In der Schweiz wird die Suppe nicht ganz so heiss gegessen: Ein Scheinwohnsitz gilt lediglich als Steuerumgehung und nicht als Steuerhinterziehung. Schlimmstenfalls wären die Steuern weiterhin am alten Hochsteuerwohnsitz zu bezahlen, und die als Scheindomizil gewählte Gemeinde ginge leer aus. Eine Besteuerung an beiden Orten ist durch die Bundesverfassung ausgeschlossen. Das Risiko ist damit abschätzbar, verloren gehen höchstenfalls die Kosten für die Aufrechterhaltung des Scheinwohnsitzes.
Steuerwohnsitz ist Zentrum des Lebens Grundregeln für Personen mit zwei Aufenthaltsorten Steuerrechtlich liegt der Wohnsitz natürlicher Personen dort, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhalten, oder dort, wo das Zentrum der Lebensinteressen liegt. In letzter Zeit häufen sich die Gerichtsentscheide zu diesem Thema, da die Hochsteuerkantone die ihnen zustehenden Steuereinnahmen durchsetzen wollen. Wer zwei Aufenthaltsorte hat, beachte die Regeln: > Die Wohnsituation am Steuerwohnsitz muss dem Lebensstandard angemessen sein. Ein Einzimmerstudio am Steuerwohnsitz und eine Sechs-Zimmer-Attikawohnung am Nebenwohnsitz sind verdächtig. > Sie sollten viel Zeit an Ihrem Steuerwohnsitz verbringen, insbesondere die Wochenenden. Die Steuerverwaltungen machen Telefonkontrollen oder befragen Nachbarn. > Ihre Kinder müssen die Schule am Steuerwohnsitz besuchen. Dort, wo sich Ihre Familie aufhält, befinden sich auch Ihr Lebensmittelpunkt und damit Ihr Steuerwohnsitz. > Die Tageszeitung am Nebenwohnsitz sollten Sie unbedingt abbestellen. > Das Gleiche gilt für den telefonischen Festnetzanschluss. Die Steuerverwaltungen können eine detaillierte Anruferliste verlangen. > Postzustellungen sollten nach Möglichkeit nur am Steuerwohnsitz erfolgen. > Vereinsmitgliedschaften am Nebenwohnsitz sollten aufgegeben, am Hauptwohnsitz sollten neue begründet werden. > Ihr Auto sollte die Kennzeichen Ihres Steuerkantons tragen.
Partner-Inhalte