In den Medien konnten Anlegerinnen und Anleger in den letzten Wochen auch hierzulande lesen, dass angesichts eines drohenden Strommangels ein Boom von mobilen Mini-Solaranlagen für den Balkon stattfindet. Zudem dürfen in der Schweiz Private künftig Lärmschutzwände oder Rastplätze entlang von Nationalstrassen gratis für die Installation von Solaranlagen nutzen.
Die Diskussion über den befürchteten Strommangel gibt dem Solarmarkt offensichtlich einen zusätzlichen Boost. Der Ukraine-Krieg mit Erdgas-Machtspielchen des russischen Machthabers Wladimir Putin gegenüber Europa führt nicht nur zu Verlierern. Die Solarbranche ist vielmehr Profiteurin.
Dabei befindet sich die Branche auch ohne Putins Erpressungen auf dem Erfolgskurs. Der globale Markt für Solartechnologien wird laut Prognosen des Marktforschers Fortune Business Insights mit einem jährlichen Durchschnittswachstum von 25,9 Prozent 2028 in Dollarbeträgen die Billionenmarke - 1000 Milliarden - durchbrechen.
Für die Schweiz geht das Bundesamt für Energie allein für 2022 von einem Marktwachstum von rund 50 Prozent aus - dieses Wachstum muss auch her, will man 2050 das Netto-Null-Emissionsziel erreichen.
Solarstrom gilt zudem inzwischen als wettbewerbsfähigste nachhaltige Energieform - in manchen Ländern mit besonders viel Sonnenstunden ist es die günstigste Stromquelle überhaupt. Sinkende Preise für Solarmodule und Stromspeicher steigern die Attraktivität und auch der Solarzellenwirkungsgrad hat noch ordentlich Luft nach oben.
Mit dieser absehbaren Entwicklung ist es nicht erstaunlich, dass grüne Energie in Form von Solar-Aktien nach einem 15jährigen Schattendasein an der Börse wieder im Trend liegt und teils für grosse Kursgewinne sorgt.
«Anlegerinnen und Anleger sollten einen grossen Bogen um bestimmte chinesische Aktien machen.»
Der Schweizer Solarmodulproduzent Meyer Burger gehört diesjährig mit einem Kursplus von 21 Prozent zu den Top-Performern im Swiss Performance Index (SPI), der seinerseits 15 Prozent an Wert verloren hat. Der Turnaround vom Maschinenbauer der Solarbranche zum Technologieführer bei Zellen und Modulen trägt langsam Früchte.
Die Kapazitäten von Meyer Burger sind bis ins zweite Quartal 2023 ausverkauft und zuletzt konnte in den USA ein bedeutender Grossauftrag an Land gezogen werden. Trotz möglicher Kapitalerhöhung im Umfang von 250 Millionen Franken bleiben insbesondere die Analysten von Jefferies optimistisch und sehen die Aktie trotz bereits erfolgtem Anstieg 63 Prozent höher.
Politisches Risiko bei chinesischen Solar-Aktien
Doch es gibt auch ausserhalb der Schweiz gut performende und erfolgversprechende Solar-Titel. Hohe Energiekosten und politische Anreize werden die Nachfrage nach Solarmodulen fast überall in die Höhe treiben. Chinesische Solarunternehmen wie Daqo New Energy oder JinkoSolar, die über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg die Branche dominieren, werden davon besonders profitieren.
Daqo New Energy produziert Polysilizium, eine der wichtigsten Bestandteile von Solarmodulen, deren Nachfrage immer weiter ansteigt. JinkoSolar ist der weltweit zweitgrösste Solarmodulhersteller.
Obwohl die von Bloomberg befragten Analysten insbesondere bei Daqo New Energy ein grosses Ertragspotenzial sehen, sollten Anlegerinnen und Anleger aber einen grossen Bogen um bestimmte chinesische Aktien machen.
Zu gross ist das politische Risiko und zu bitter der moralische Nachgeschmack eines Investments, da die dortige Branche dem Vorwurf der Zwangsarbeit in der für die Polysiliziumproduktion wichtigen Provinz Xinjiang - weltweit stammen 45 Prozent von dort - ausgesetzt ist. Im Juni 2021 hat die USA bereits chinesische Rohstoffproduzenten für die Solarbranche mit Sanktionen belegt.
Das Geschäft von JinkoSolar ist zudem renditeschwach und die Produkte verfügen über keine entscheidenden Wettbewerbsvorteile.
Es gibt eine Alternative: Die chinesische Xinyi Solar ist kein Solarmodulhersteller oder Polysiliziumproduzent. Das Unternehmen stellt vielmehr Solarglas her und ist damit dem politischen Risiko in viel geringerem Masse ausgesetzt. Ein Wermutstropfen ist aber, dass sich der Aktienkurs seit Januar 2021 auf einem absteigenden Ast befindet.
Allein dieses Jahr beträgt der Kursverlust aufgrund rückgehender Umsätze und Gewinnen 18 Prozent. Immerhin prognostiziert die Mehrheit der von Bloomberg befragten Analysten eine Trendwende und sieht die Aktie im Schnitt 42 Prozent höher.
Von Enphase Energy bis First Solar: Wechselrichter und Solarmodule
Besser schlafen lässt es sich mit einem Investment in das US-Solartechnik-Unternehmen Enphase Energy, das dieses Jahr mit einem Kursplus von 56 Prozent die Auswahl von cash.ch anführt (siehe Tabelle) und von den meisten Analysten zum Kauf empfohlen wird - in den letzten 3 Jahren hat sich der Aktienwert beinahe verzehnfacht.
Das stark wachsende Unternehmen ist für seine Batteriespeicherlösungen und die effiziente und schnelle Produktion von Solar-Wechselrichtern bekannt. Letztere sind das Herz jeder Photovoltaikanlage. Sie wandeln den Gleichstrom in Wechselstrom um, damit dieser ins Stromnetz eingespeist werden kann.
Mit dem Wechselrichterhersteller SMA Solar Technologies gibt es in diesem Segment auch einen umsatzstarken Player aus Europa, genauer gesagt aus Deutschland. Das Unternehmen mit Sitz in Kassel hat seit Jahresbeginn 32 Prozent an der Börse gewonnen.
Das wiederholt verlustschreibende und margenschwache Unternehmen bleibt trotz der stark wachsenden Nachfrage für Wechselrichter nur etwas für risikonehmende Anlegerinnen und Anleger. Als Alternative zu Enphase Energy bietet sich vielmehr das stark wachsende und innovationsfähige israelische Unternehmen SolarEdge Technologies an, das diesjährige zwar an der Börse nicht vom Fleck kommt, aber sehr stark in der Analystengunst steht.
Neben dem chinesischen JinkoSolar gehören auch First Solar aus den USA und Canadian Solar aus Kanada zu den grössten Herstellern von Solar-Modulen. Obwohl Canadian Solar für seine starke Marktstellung bei Solarparks und Grossprojekten bekannt ist und Milliardär und Pimco-Mitgründer Bill Gross als Investor angezogen hat, dürfte ein Investment bei First Solar wegen der Technologie und soliden Bilanz noch den grösseren Reiz haben.
Analysten glauben, dass der Dünnschicht-Solarmodulhersteller First Solar dank der US-Steuerbefreiung durch das milliardenschwere Klima- und Sozialpaket "Inflation Reduction Act" von US-Präsident Biden jährlich zwischen acht und zehn Dollar pro Aktie zusätzlich verdienen könne.
Das Unternehmen, das seine Fähigkeit, über mehrere Zyklen hinweg Geld zu generieren, bewiesen hat, verdoppelt nach dem Biden-Erfolg seine Kapazität in den USA und weltweit. Der Titel könnte seinen diesjährigen Aufwärtstrend - plus 40 Prozent - noch eine Weile fortsetzen. JPMorgan sieht den Titel gleich 28 Prozent höher.
Grüner und «adliger» Grundversorger und ETF als sichere Wette
Der Solar- und Windkraftspezialist NextEra Energy aus Florida verliert dieses Jahr mit einem Kursminus von 8 Prozent zwar an der Börse an Flughöhe, gehört aber zu den so genannten Dividenden-Aristokraten: Das Unternehmen zahlt seit 26 Jahren eine Dividende und hat dabei die Ausschüttung jedes Jahr erhöht - aktuell befindet sich die Ausschüttungsrendite bei knapp 2 Prozent.
NextEra Energy gilt seit diesem Jahr als grösster Produzent erneuerbarer Energien und konnte zuletzt den langjährigen Wachstumspfad bei Gewinn und Umsatz wieder aufnehmen.
«Wer nicht auf Einzelaktien aus dem Solarsektor setzen möchte, kann mit einem Solar-ETF an der positiven Entwicklung der gesamten Branche teilhaben.»
Der Solarmarkt ist nach wie vor relativ jung und entsprechend hart umkämpft. Nicht alle Unternehmen überleben diesen harten Konkurrenzkampf, wie das Beispiel des deutschen Solarmodulherstellers Solarworld zeigt - bei diesem einstigen Vorzeigeunternehmen wurde 2018 die Produktion eingestellt.
Und auch aktuell gibt es Titel, bei denen gilt: Hände weg! Ein gutes Beispiel hierzu ist die hochvolatile Sunworks-Aktie, die auf Jahressicht 58 Prozent an Wert verloren hat. Vor allem bei kleineren Playern darf das Einzelaktienrisiko nicht einfach übersehen werden.
Wer nicht auf Einzelaktien aus dem Solarsektor setzen möchte, kann mit einem Solar-ETF (Exchange Traded Funds) an der positiven Entwicklung der gesamten Branche teilhaben. Der "Invesco Solar Energy UCITS ETF (ISIN: IE00BM8QRZ79)" enthält Unternehmen, die einen relevanten Teil ihres Umsatzes mit Solarenergie erzielen. Der Schwerpunkt der Investments liegt in Nordamerika.
Der "iShares Global Clean Energy ETF" (ISIN: IE00B1XNHC34 deckt auch andere Themen wie Energie aus Wind, Wasser und Brennstoffzellen ab. Mit SunRun, SolarEdge, Xinyi Solar, Enphase Energy, First Solar und Scatec Solar befinden sich sechs reine Solarwerte unter den zehn grössten Fondspositionen.