Der seit Monaten schwelende Handelsstreit zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt wirkt sich zunehmend auf die globale Konjunktur aus. In China mehren sich die Anzeichen für ein schwächeres Wirtschaftswachstum.
Die Regierung in Peking plant daher, mit Steuersenkungen und weiteren Massnahmen der Konjunkturabkühlung entgegen zu wirken. Jüngst warnte die chinesische Zentralbank davor, dass die Wirtschaft der Volksrepublik weiter an Schwung verlieren könnte: Im vierten Quartal 2018 erwartet sie weniger als 6,5 Prozent – dem derzeit offiziellen Wachstumsziel der chinesischen Regierung.
Weltweit wird spekuliert, dass die chinesische Wirtschaft tatsächlich noch viel weniger wächst. Wie sehr sich die konjunkturelle Abschwächung in China auf einzelne Unternehmen auswirken kann, zeigte sich vergangene Woche eindrücklich, als Apple eine Gewinnwarnung herausgab.
Schweizer Aktien unter Druck
Auch die Börsen starteten verhalten ins neue Jahr. Unter Druck gerieten vor allem Aktien mit einem konjunkturabhängigen Geschäftsmodell wie Apple und andere Technologiefirmen. Die Aktien des an der Schweizer Börse kotierten Apple-Zulieferers AMS gaben 19 Prozent nach.
In der Schweiz betrifft das mehrere Firmen, denn immerhin ist China der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz. Waren im Wert von 24 Milliarden Franken wurden laut Eidgenössicher Zollverwaltung 2017 in die Volksrepublik exportiert. Das ist ein Anteil von rund 8 Prozent an den Schweizer Exporten.
So rutschten auch die Aktien von Swatch und Richemont zu Jahresbeginn ab. Für die beiden Konzerne ist China ein wichtiger Absatzmarkt. Die Richemont-Gruppe macht schätzungsweise rund 40 Prozent des Umsatzes in China und die Swatch Group verkauft sogar knapp die Hälfte ihrer Produkte an chinesische Kunden. Die Konjunktursorgen und die Unsicherheiten rund um den Handelsstreit zwischen den USA und China belasten ihre Börsen-Performance bereits seit Längerem: 2018 sackten ihre Aktien um jeweils 28 und 30 Prozent ab.
Allerdings büsste nicht nur die Uhrenindustrie, sondern auch etwa Lafarge Holcim an Wert ein, da das Geschäft des Zementkonzerns stark auf die Schwellenländer und China ausgerichtet ist. Die Schweizer Pharmaindustrie hingegen ist nur in geringem Masse abhängig von China.
Defensive Aktien scheiden besser ab
Doch die schwächere Wirtschaft in China ist für die Mehrheit der Schweizer Unternehmen weniger bedeutend. Vielmehr macht ihnen die allgemeine Abschwächung der Weltwirtschaft und der Konjunktur in der Eurozone sowie indirekt auch der Handelskonflikt zu schaffen. Das betrifft vor allem Firmen wie Kühne & Nagel, Adecco oder ABB. «In solchen Phasen schneiden defensive Aktien, wie etwa Nestlé, Novartis, Roche oder Swisscom, die weniger konjunkturabhängig sind, klar besser ab,» sagt der Chefökonom der Zürcher Kantonalbank (ZKB), Claude Zehnder.
Mit Sorge blickt die ZKB daher auf 2019 und erwartet nur bescheidene Kursgewinne. Zudem rechnen die Experten weiterhin mit einer hohen Volatilität an den Aktienmärkten aufgrund der politischen und konjunkturellen Unsicherheiten.
Heute nehmen die USA und China erneut Handelsgespräche in Peking auf. Die Hoffnung auf eine Annäherung im Zollstreit wirkt sich positiv auf die Stimmung an den Finanzmärkten aus, nachdem die Angst vor einer Abkühlung der Konjunktur die Börsen in den USA und Asien in den letzten Tagen stark belastet hatte.
Einige Ökonomen warnen bereits vor einer globalen Rezession, sollte der Handelsstreit noch weiter eskalieren. Bereits im Oktober hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Wachstumsprognose für 2019 auf 3,7 Prozent gesenkt.
Schwächeres Wirtschaftswachstum
Auch in der Schweiz wird ein schwächeres Wachstum erwartet. Die Ökonomen der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich rechnen damit, dass die Schweizer Wirtschaft zu Beginn des Jahres an Fahrt verliert und schwächer wächst. Für 2019 rechnet das KOF nur noch mit 1,6 Prozent Wachstum.
Denn die schwächere Weltkonjunktur drückt auf den Aussenhandel. Dem chinesischen Abschwung misst Jan-Egbert Sturm, Direktor des KOF, allerdings eine geringe Bedeutung bei, denn hierzulande werde sich das am ehesten auf die Exporte der Uhrenindustrie auswirken.
«Das verlangsamte Wachstum in China hat, wenn überhaupt, nur eine indirekte Wirkung auf die Schweizer Wirtschaft», sagt KOF-Direktor Sturm. Er warnt auch: «Von einem Absturz zu sprechen, ist verfrüht: Bisher hat die chinesische Regierung immer wieder Wege gefunden, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, sei es mit geldpolitischen oder fiskalischen Massnahmen.»