Vor Weihnachten herrschte unter Strategen und Analysten grosse Einigkeit: In ihren Kapitalmarktausblicken für 2016 zeichneten die Experten ein überwiegend positives Bild für die Anlageklasse Aktien. Solide konjunkturelle Perspektiven, die Aussicht auf üppige Dividenden, eine vor allem in Europa weiterhin unterstützende Geldpolitik sowie der Mangel an Alternativen waren häufig Argumente für den Aktienkauf.
Offensichtlich wollen viele Investoren davon jetzt nichts mehr wissen. Seit Anfang Jahr geht es mit den Kursen kräftig nach unten. Neben Negativmeldungen aus China entpuppt sich der Ausverkauf am Ölmarkt zusehends als Spielverderber. Nun zerbrechen sich viele Anleger ihre Köpfe darüber, ob es möglich ist, dass die jahrelange Börsenparty endgültig vorbei ist.
Gradmesser der Nervosität
Fakt ist: Die Turbulenzen der vergangenen Wochen brachten einen sprunghaften Anstieg der impliziten Volatilitäten. Diese Kennzahl steht für die über einen bestimmten Zeitraum erwartete Kursschwankungsbreite eines Wertpapiers. Mit Hilfe von Volatilitätsindizes lässt sich damit der Grad der Nervosität für ganze Märkte feststellen.
An der Schweizer Börse nimmt der VSMI die Rolle des «Angstbarometers» ein. Dieser Indikator zeigt die Höhe der in Optionen auf den Leitindex SMI implizierten Kursschwankungsbreite bei einer Restlauzeit von 30 Tagen an. Mit knapp 28 Prozent notiert der VSMI derzeit um mehr als die Hälfte über dem Niveau von Ende 2015.
Von den Kursausschlägen profitieren
Für Anleger, welche die Börse nicht am Anfang einer längeren Abwärtsbewegung sehen, bietet diese Konstellation gute Chancen. Sollte sich die Lage wieder beruhigen, wäre jetzt der Zeitpunkt für den Kauf von strukturierten Produkten günstig. Bekanntlich basieren diese Finanzinstrumente auf einer oder auf mehreren Optionen. Insofern hat die implizite Volatilität einen massgeblichen Einfluss auf die Konditionen der Produkte.
Mit einer Reihe von Strukturen aus der Kategorie «Renditeoptimierung» können Anleger eine sogenannte Schreiberstrategie verfolgen. Sie treten dabei de facto als Verkäufer einer Option respektive von impliziter Volatilität auf. Naturgemäss steigt der Ertrag aus dieser Transaktion mit der Intensität der am Markt erwarteten Kursausschläge.
Aufgepeppte Konditionen weisen auf höhere Risiken hin
Gültigkeit hat dieser Zusammenhang insbesondere beim Verkaufsschlager des Schweizer Struki-Marktes, beim Barrier Reverse Convertible (BRC). Ein Erfolgsgeheimnis dieser Struktur ist ihre obligationenähnliche Bauweise. Anleger können einen Coupon erzielen, der die am Rentenmarkt erzielbaren Konditionen in der Regel deutlich übertrifft. Allerdings nehmen sie im Gegenzug das Kursrisiko von einer oder von mehreren Aktien in Kauf. Sicher ist die vollständige Tilgung des Nominalwertes nur, solange keiner der zugrunde liegenden Titel eine vorab fixierte Barriere erreicht oder unterschreitet.
Das spürbar erhöhte Volatilitätsniveau sorgt dafür, dass die Banken derzeit relativ hohe Coupons respektive besonders grosse Risikopuffer bieten können. Allerdings kommen die aufgepeppten Konditionen nicht von ungefähr: Mit der Nervosität im Markt ist auch die Gefahr einer Barriereverletzung gestiegen. Denn grössere Kursausschläge signalisieren auch höhere Risiken.
Innert Kürze deutlich höherer Coupon
Wie auch immer: Die Emissionsmaschine läuft auf Hochtouren. Bis zum 3. Februar bietet Vontobel nun einen BRC (ISIN: CH0309386388) auf Nestlé, Novartis und Roche zur Zeichnung an. Auf den 1000 Franken betragenden Nominalwert verspricht die Privatbank einen Coupon in der Höhe von 6,25 Prozent per annum Gleichzeitig verfügen die Basiswerte über einen Risikopuffer von 30 Prozent, bezogen auf das aktuelle Kursniveau. Falls dieses Polster nicht ausreicht, müssen Anleger zum Rückzahlungstermin in zwölf Monaten mit der Lieferung des schwächsten Titels aus dem Trio rechnen.
Angesichts des notorischen Zinstiefs ist dieses Derivat vor allem für Investoren interessant, welche für die kommenden Monate mit keinem allzu düsteren Szenario rechnen. Wie sich die erhöhte Volatilität in den Konditionen widerspiegelt, zeigt ein Produkt von Vontobel, das bereits am Dreikönigstag, also vor zwei Wochen, lanciert worden ist, ebenfalls auf Nestlé, Novartis und Roche (ISIN: CH0301888472). Bei einer identischen Laufzeit und Barriere war der Coupon zu diesem Zeitpunkt noch um 125 Basispunkte tiefer.
Leonteq – lukrative Konditionen gelten Risiko ab
Nestlé, Novartis und Roche sind jedoch wegen ihres Geschäftsmodells – Nahrung und Pharmazie – allgemein weniger krisenanfällig als andere Aktien, und ihre Aktien sind deshalb vergleichsweise wenig volatil. Auf der Basis von schwankungsfreudigeren Blue Chips sind jetzt sogar zweistellige Coupons drin. Einen Beweis hierfür tritt Leonteq mit einem neuen BRC (ISIN: CH0301797160) an. Dem Produkt liegen die Aktien von Julius Bär, Credit Suisse und UBS zugrunde. Bei diesem Trio geht eine Renditechance von 13,8 Prozent per annum mit einem Risikopuffer von 31 Prozent einher.
Diese Kombination ist allerdings nicht allein auf die hohe Volatilität der Finanzvaloren zurückzuführen. Leonteq verfügt bei diesem Derivat zudem über ein Kündigungsrecht. Nach den ersten sechs respektive neun Monaten der maximal einjährigen Laufzeit kann die Emittentin den BRC vorzeitig zurückzahlen. Zwar würden Anleger dann neben dem anteiligen Coupon den vollen Nominalwert überwiesen erhalten, allerdings wären sie in diesem Fall mit dem Problem der Wiederanlage konfrontiert. Dieses Risiko wird über die vergleichsweise lukrativen Konditionen abgegolten.
Sehr tiefe Barriere
Eine deutlich defensivere Alternative stellen auf Indizes basierende BRCs dar. Die UBS packt den heimischen SMI zusammen mit dem US-Leitbarometer S&P 500 sowie dem DAX in eine Neuemission (ISIN: CH0310382921). Im bisherigen Jahresverlauf kam der Deutsche Aktienindex besonders stark unter die Räder und büsste mehr als einen Zehntel an Wert ein. Folgerichtig steht der VDAX-New bei mehr als 30 Prozent. Damit übertrifft der Volatilitäts-Gradmesser für die deutschen Blue Chips sowohl den VSMI als auch das US-Pendant VIX auf den S&P 500 deutlich.
Beim neuen UBS-Produkt führt diese Gemengelage zu einem Coupon von 4,50 Prozent per annum sowie zu einer sehr tiefen Barriere. Unter folgender Voraussetzung zahlt die Grossbank den Nominalwert (1000 Franken) in drei Jahren vollständig zurück: Kein Basiswert gibt bis dahin um 46 Prozent oder mehr nach. Auch bei diesem Produkt ist eine vorzeitige Rückzahlung möglich. Dazu müssen die drei Indizes an einem der vierteljährlichen Beobachtungstage geschlossen auf oder über ihrem jeweiligen Startkurs notieren.
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