Die Finanzkrise hat den Pensionskassen (PK) arg zugesetzt. Sie haben Vorsorgekapital in Milliardenhöhe verloren, und so ist der Grossteil von ihnen in eine Unterdeckung geraten. Das heisst, dass die Kassen mit ihrem Kapitalstock die Verpflichtungen gegenüber den Versicherten nicht mehr voll zu decken vermochten.

Die Situation hat sich freilich schnell geändert. Die gute Performance der Aktienmärkte im letzten Jahr brachte Linderung. Derzeit steht gemäss Umfragen noch rund die Hälfte der Pensionskassen auf unsicherem Grund. Viele sind nur beschränkt risikofähig: Sie haben zwar einen Deckungsgrad von 100 Prozent, verfügen aber nicht über genügend Schwankungsreserven, um allenfalls einsetzenden Turbulenzen an den Finanzmärkten trotzen zu können.

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Um den Fallstricken der Märkte auszuweichen, haben viele Pensionskassen nach der Dotcom-Krise 2001 begonnen, den ihnen offenstehenden Spielraum zu nutzen und an den Renten zu schrauben. Dies ist möglich, weil nur das Obligatorium – der versicherte Lohn bis 82  080 Franken – den gesetzlichen Einschränkungen wie Mindestzins- und Umwandlungssatz unterstellt ist. Im sogenannten Überobligatorium, also bei Löhnen über dieser Limite, sind die Pensionskassen in der Gestaltung der Versicherungsbedingungen vollkommen frei.

Bei den höheren Löhnen sind eine Verzinsung des Sparkapitals und Umwandlungssätze (UWS) üblich, die jeder Beschreibung spotten. Beim Sparkapital sprechen die BVG-Spezialisten von «Minderverzinsung», womit sie beschönigend den Umstand beschreiben, dass nicht einmal der Mindestzins von derzeit zwei Prozent resultiert. Umwandlungssätze unter 6,8 Prozent sind im Moment fast schon die Regel (siehe BILANZ-Umfrage auf Seite 58). Bei einem Alterskapital von 100  000 Franken resultiert so eine Rente von weniger als 6800 Franken pro Jahr statt 7000 im Obligatorium. Kein Wunder, sprechen Fachleute davon, dass die Renten seit 1985 real um rund 30 Prozent gesunken seien.

Die Frage stellt sich jedem Versicherten: Wie sicher sind meine Pensionskasse und meine Rente, und wie kann ich dies überprüfen? BILANZ zeigt, worauf besonders zu achten ist.

1. Aussagekräftiges Reglement.
Es regelt die Rechte und Ansprüche der Versicherten. Ein eingehendes Studium des Reglements – vorteilhafterweise vor dem Eintritt in die PK – ist unabdingbar. Das versicherte Einkommen ist entscheidend für die Höhe der künftigen Rente. Es sollte den gesamten Lohn und nicht nur das BVG-Minimum bis 82  080 Franken erfassen. Die Altersguthaben werden verzinst. Aus dem Reglement muss klar hervorgehen, wie hoch der Zins ist, oder doch zumindest, wie er bestimmt wird. Bei den Altersleistungen, also der Altersrente, muss definiert sein, wie hoch der Umwandlungssatz für das ordentliche Rücktrittsalter ist und ob für Männer und Frauen der gleiche Satz gilt. Geregelt sein müssen auch die flexible Pensionierung, die Möglichkeit von Einkäufen und einem Kapitalbezug statt einer Rente. Zu beachten ist auch, dass die Risikoversicherung für den Fall von Tod oder Invalidität ausgewiesen ist.

Hinweis: Schauen Sie genau hin, wenn das Reglement während Ihrer Anstellung geändert wird, und wenden Sie sich an den Stiftungsrat Ihres Wahlkreises, falls Fragen offen bleiben.

2. Transparenter Jahresbericht.
Einmal im Jahr muss die PK den Versicherten einen Rechenschaftsbericht mit allen Eckdaten vorlegen. Daraus müssen die Vermögensentwicklung, die Gesamtrendite aus Anlageerträgen und Wertveränderungen des Vermögens (Performance) sowie die Entwicklung des Deckungsgrads ersichtlich sein. Liegt der Deckungsgrad unter 100 Prozent, so muss die Kasse saniert werden. Achten Sie darauf, dass alle Daten zur Einsicht vorliegen. Nur so erhalten Sie ein reelles Bild über die finanzielle Lage der PK und davon, wie sie wirtschaftet. Wichtig sind auch zwei weitere Punkte: Die PK muss den effektiven Zinssatz ausweisen und nicht nur den vom BVG vorgeschriebenen Mindestzins, und sie sollte die Verwaltungskosten pro Versicherten offenlegen. Zudem ist es wichtig zu erfahren, wie hoch der Rentneranteil ist.

Hinweis: PK mit einem hohen Anteil von Aktiven sind risikofähiger als solche mit 50 und mehr Prozent Rentnern.

3. Detaillierter Vorsorgeausweis.
Dieser gibt dem Versicherten jeweils Anfang Jahr Auskunft über den Stand der persönlichen Vorsorge. Das BVG verlangt von den PK zwingend folgende Angaben: erstens die Höhe des Jahreslohns und welcher Teil davon versichert ist, zweitens den Stand des aktuellen Altersguthabens, dessen mutmassliche Höhe im Pensionierungsalter und den Zinssatz, der diesen Berechnungen zugrunde liegt. Drittens werden die Leistungen der Risikoversicherung offengelegt, und viertens sind die Risikoprämie und die Sparbeiträge im Detail aufgelistet. Ausgewiesen sind auch die gesetzlichen Zusatzkosten etwa für den Sicherheitsfonds und die Austrittsleistung per Stichdatum.

Hinweis: Der Versicherungsausweis sollte die maximal mögliche Einkaufssumme für fehlende Beitragsjahre beziffern.

4. Laufende oder Bevorstehende Sanierung.

Ist die PK aufgrund der Finanzkrise in eine Unterdeckung geraten, so muss sie wieder auf Vordermann gebracht werden. Der Deckungsgrad darf 100 Prozent nicht unterschreiten. Dazu müssen je nach Anlagestrategie Schwankungsreserven von 15 bis 20 Prozent gebildet werden. Eine Sanierung ist oft nur mit Beteiligung der Versicherten möglich. Bei einer leichten Unterdeckung verfügt der Stiftungsrat oft eine Minder- oder Nullverzinsung der PK-Guthaben. Manche Kassen ordnen beim überobligatorischen Teil gar eine Negativverzinsung an. Bei einer starken Unterdeckung kann die PK von den Versicherten aber auch vom Arbeitgeber Sanierungsbeiträge einfordern. Drohen krisenbedingt Entlassungen, dann liegt eine sogenannte Teilliquidation vor. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber mehr als zehn Prozent des Personals abbaut. Die entlassenen Versicherten müssen die Unterdeckung mittragen und erhalten nur einen Teil ihres Vorsorgekapitals – frühere Einkäufe eingeschlossen.

Hinweis: Wer während Sanierungsmassnahmen oder einer Teilliquidation ordentlich kündigt, hat Anspruch auf sein ganzes individuelles Vorsorgekapital.

5. Massgeschneiderte Anlagestrategie.

Die Anlagestrategie entscheidet letztlich über die Performance der PK. Ihre Wahl ist von verschiedenen Faktoren abhängig, die zu beachten sind. Zuerst sollte die Risikofähigkeit der PK überprüft werden. Diese ist im Wesentlichen abhängig vom Deckungsgrad und davon, ob Reserven vorhanden sind oder nicht. Ansonsten ist die Kasse nicht oder nur eingeschränkt risikofähig. Eine wichtige Rolle für die Risikofähigkeit spielt auch die Struktur der PK. Ist die Altersstruktur bei den Aktiven ausgewogen? Zählt die PK überdurchschnittlich viele Pensionierte? Mit gut zwei Dritteln jüngeren Versicherten und einem Rentneranteil von deutlich unter 30 Prozent ist eine PK gut durchmischt – und somit risikofähig. Was nicht heisst, dass sie bei der Anlage der Vorsorgegelder völlig frei wäre. Das Gesetz auferlegt den PK Einschränkungen, an die sie sich zu halten haben.

Eine klassische Anlagestrategie widerspiegeln die Pictet-Indizes BVG-25 plus und BVG-40 plus mit einem ausgewogenen Mix von Aktien, Obligationen und Immobilien (siehe Grafik «Starke Performance» unten). Nichtklassische Anlagen wie Hedge Funds oder Rohstoffe haben sich in der Vergangenheit nicht ausgezahlt. Gut entwickelt haben sich hingegen konservative Anlagen wie Indexfonds mit tiefen Management Fees und Immobilien.

Hinweis: Kontrollieren Sie die Anlagepolitik des Stiftungsrats. Dieser muss im Geschäftsbericht sowohl die Performance der einzelnen Anlagen wie auch des Gesamtportfolios ausweisen.

6. Hohe Verwaltungskosten.
Um die Verwaltungskosten in der zweiten Säule ist in jüngster Zeit eine heftige Debatte entbrannt. Kritiker werfen den PK vor, die Sparkapitalien der Versicherten mit viel zu hohen Kosten zu belasten. Gemäss neusten Berechnungen des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) kommen die Gesamtkosten (allgemeine Kosten plus Vermögensverwaltung) auf 856 Franken pro Versicherten und Jahr zu stehen, während die AHV (ohne IV) beim gesamten Aufwand bei moderaten 79 Franken liegt. Tatsache ist, dass für die Verwaltung der rund 800 Milliarden Franken Kapital der zweiten Säule Jahr für Jahr acht bis zehn Milliarden verpuffen, weit mehr als das BSV ausweist. Die Kassen rechtfertigen die hohen Kosten mit viel höheren Umtrieben und einer komplexeren Geschäftsführung als bei der AHV. Die Kritiker werfen ihnen vor, ein ganzes Heer von hoch bezahlten Vorsorgeberatern, Vermögensverwaltern und Investment-Controllern zu beschäftigen.

Hinweis: Achten Sie darauf, dass die gesamten Verwaltungskosten im Geschäftsbericht ausgewiesen sind, und intervenieren Sie beim Stiftungsrat, falls sie Ihnen zu hoch erscheinen.

7. Qualität des Stiftungsrats.
Die Stiftungsräte von Pensionskassen sind mit der ihnen vom Gesetzgeber überbundenen Verantwortung oft überfordert. Sie sind paritätisch zusammengesetzt und funktionieren im Milizsystem. Im Allgemeinen tagen sie rund viermal pro Jahr – nicht eben viel für die Verwaltung der riesigen Summen, die ihnen überantwortet sind. Aus diesem Grund haben sie die Tendenz, sich mit einer zunehmenden Schar von Beratern zu umgeben, was die Verwaltungskosten hochtreibt. Vielfach kennen sich die Stiftungsräte weder im gesetzlichen BVG-Dschungel aus, noch verstehen sie die zum Teil komplizierten Anlagevehikel wie Hedge Funds oder strukturierte Produkte, die ihnen die Anlageberater empfehlen.

Es gibt einige Parameter, an denen die Qualität des Rats gemessen werden kann. Die Stiftungsräte müssen von Fachleuten seriös ausgebildet und auf ihr Amt vorbereitet werden. Der Rat sollte eine klare Organisationsstruktur aufweisen, die für alle Versicherten transparent ist. Kontinuität ist ebenfalls ein nicht zu unterschätzendes Qualitätsmerkmal. Herrscht im Stiftungsrat Unruhe, und kommt es zu häufigen Wechseln im Rat oder bei der Anlagestrategie? In solchen Fällen besteht Handlungsbedarf.

Hinweis: In Verdachtsfällen hat jeder Versicherte das Recht, an die Aufsichtsbehörde zu gelangen.

8. Stellenwechsel mit Fallstricken.
Viele Firmen sind seit dem Ausbruch der Finanzkrise in zum Teil existenzielle Nöte geraten. Umsätze und Gewinne sind eingebrochen, das Unternehmen versucht sich mit Kurzarbeit über Wasser zu halten, künftige Entlassungen sind nicht ausgeschlossen. In dieser Situation die Stelle zu wechseln, ist mit Risiken verbunden. Unabdingbar ist deshalb, sowohl die neue Firma als auch ihre PK genau unter die Lupe zu nehmen. Ist die Firma ein Restrukturierungsfall, und könnte es allenfalls zu Massenentlassungen kommen? In einem solchen Fall wäre man wohl noch einige Zeit bei der alten Firma besser aufgehoben. Aber auch bei der PK lohnt es sich, gut hinzuschauen. Versicherte zwischen 25 und 35 Jahren sollten unbedingt darauf achten, wie hoch die Sparbeiträge und die Leistungen im Fall von Tod und Invalidität sind. Für Versicherte in mittlerem Alter, die schon über einen gewissen Kapitalstock verfügen, werden die Höhe der Verzinsung und die Einkaufsmöglichkeiten bedeutender. Ältere Stellenwechsler sollten zudem darauf achten, welchen Umwandlungssatz die neue Kasse anwendet und ob eine vorzeitige Pensionierung zu Vorzugskonditionen möglich ist.

Hinweis: Versicherte im Kaderbereich sind oft in der Lage, bei den Vorsorgeleistungen bessere Konditionen auszuhandeln. Diesen Spielraum gilt es zu nutzen.

9. Lohnende Einkäufe.
Die Stabilität der Kasse ist entscheidend bei der Frage, ob sich der Versicherte bei fehlenden Beitragsjahren oder neu auch für die Vorfinanzierung der Frühpensionierung in die PK einkaufen soll. Einkäufe können bekanntlich von den Steuern abgesetzt werden und mithin eine hohe Progression brechen. Doch der Steueraspekt darf für den Einkaufsentscheid nicht ausschlaggebend sein. Zuerst ist unbedingt abzuklären, ob die PK auf der sicheren Seite ist: Besteht eine Unterdeckung, wie hoch ist diese? Beträgt der Deckungsgrad unter 90 Prozent, so sind Sanierungsmassnahmen erforderlich. Dann wird der Stiftungsrat auf dem überobligatorischen Teil vermutlich eine Minder-, Null- oder gar Negativverzinsung anordnen – mit negativen Folgen für die Rendite auf dem Vorsorgekapital. Wichtig ist auch zu wissen, in welchen Topf der Einkauf geht. Steckt ihn die PK in den überobligatorischen Bereich, dann wird das Kapital unter Umständen auch längerfristig wenig oder gar nicht verzinst. Insbesondere bei hohen Einkaufssummen ist diesem Aspekt grösste Aufmerksamkeit zu widmen.

Hinweis: Berechnungen haben ergeben, dass sich ein Einkauf erst ab einer Unterdeckung von deutlich unter 90 Prozent nicht mehr lohnt.

10. Vor- und Kapitalbezug.
Wer seiner PK misstraut, hat zwei Möglichkeiten, sich das Vorsorgekapital auszahlen zu lassen. Die Wohneigentumsförderung mit der zweiten Säule erlaubt es, mit dem Kapital ein Haus zu kaufen oder Hypotheken zu amortisieren. Der Bezug muss mindestens 20  000 Franken betragen und kann nur alle fünf Jahre geltend gemacht werden. Vor Einkäufen in die PK muss der Vorbezug zurückgezahlt werden. Der Höchstbetrag ist das Vorsorgekapital, das im Alter 50 vorhanden ist. Es ist indessen zu beachten, dass die Leistungen der PK bei Tod und Invalidität nicht mehr im alten Umfang gewährleistet sind. Der Kapitalbezug wird erst bei der Pensionierung oder im Vorruhestand aktuell. Jeder Versicherte kann sich mindestens ein Viertel seiner Vorsorgeleistung auszahlen lassen. Viele Kassen erlauben aber einen weit höheren Anteil bis zu 100 Prozent.

Hinweis: Wer den Bezug des Kapitals wählt, muss sich zutrauen, dieses gewinnbringend zu verwalten.

Fachliche Beratung: Martin Wechsler, Pensionskassen-Experte der BILANZ.
Quellen: «Beobachter»-Ratgeber: «Pensionskasse. Vorsorge, Finanzierung, Sicherheit, Leistung», Zürich 2009; Schweizerische Sozialversicherungsstatistik 2009; Faktenblätter des BSV zur beruflichen Vorsorge.