In den letzten zwei Jahren wurden wir mit immer neuen Folgen einer Sitcom beglückt, die eigentlich ein Trauerspiel ist. Ein buntes Durcheinander aus demografischen Problemen, Missmanagement, undurchsichtiger Buchführung und schlichter Abzockerei sorgte für eine abwechslungsreiche Handlung und liess uns immer stärker an der Sicherheit unserer Altersvorsorge zweifeln. Ältere Mitbürger rechneten besorgt nach, ob ihr Lebensstandard nach der bald – oder, wenn es nach Regisseur Couchepin geht, auch zwei Jahre später als bald – anstehenden Pensionierung noch gesichert sei. Jüngere Mitbürger begannen nach der Logik in einem System zu fahnden, in dem sie heute höhere Prämien bezahlen müssen, um morgen mit tieferen Renten belohnt zu werden.

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Im ersten Akt des Trauerspiels traten dramatische Unterdeckungen bei etlichen Vorsorgeeinrichtungen zu Tage. Ende 2000 wiesen 56 Prozent der Pensionskassen eine Unterdeckung aus. Worauf die Vorsorgeeinrichtungen, allen voran die Lebensversicherer, kräftig Druck auf den Gesetzgeber ausübten, den Mindestzins auf das Alterskapital im obligatorischen Bereich der Vorsorge zu senken. Nachdem sich dagegen erheblicher Widerstand formierte und gar von «Rentenklau» die Rede war, ging man etwas dezenter vor und senkte den Mindestzins in zwei kleineren Etappen, zuerst von 4 auf 3,25 Prozent und dann auf 2,25 Prozent.

Pensionskassen auf dem Seziertisch
Seit 1997 durchleuchtet Graziano Lusenti Schweizer Vorsorgeeinrichtungen. An der diesjährigen Befragung nahmen 195 institutionelle Investoren von 2600 in der Schweiz registrierten Vorsorgeeinrichtungen teil, davon 131 privatrechtliche Vorsorgeeinrichtungen, 29 öffentlich-rechtliche und 19 Gemeinschafts- und Sammelstiftungen. Den teilnehmenden Institutionen gehören rund 30 Prozent aller Versicherten der zweiten Säule an. Die Ergebnisse der Studie wurden in einem 160 Seiten starken Nachschlagewerk zusammengefasst. Es richtet sich vor allem an Stiftungsräte, Verwalter von Pensionskassen sowie Anlagefachleute bei Banken und Versicherungen. Die Studie kann in Deutsch oder Französisch zum Preis von 250 Franken bezogen werden bei:


Lusenti Partners LLC, Rue Juste-Olivier 22, 1260 Nyon, Tel. 022 365 70 70, www.lusenti-partners.ch

Die Demografie und das allgemein garstige Marktumfeld der letzten drei Jahre mögen diese Zinssenkungen wenigstens zum Teil rechtfertigen. Fragt sich nur, ob auch die Pensionskassen beziehungsweise die mit ihrer Verwaltung betrauten Sammelstiftungen das Ihre zur Sicherung der Altersguthaben beitragen. Mit einer Pensionskassenstudie, die Graziano Lusenti seit 1997 jedes Jahr durchführt, versucht er Licht ins dunkle Innenleben der Vorsorgeeinrichtungen zu bringen (siehe «Pensionskassen auf dem Seziertisch» links). Insbesondere interessiert in diesem Jahr, wie kosteneffizient die Pensionskassen eigentlich arbeiten.

Ein normales Unternehmen, dessen Rentabilität in Schieflage gerät, versucht zunächst einmal die Effizienz zu verbessern und Kosten zu senken. Pensionskassen sind aber keine normalen Unternehmen. Sie haben andere Möglichkeiten. Eine davon: den Staat anzapfen. Diese Variante haben die Pensionskassen der ehemals öffentlich-rechtlichen Unternehmen Post und SBB gewählt. Obwohl sie bereits seit vier Jahren selbstständig und vom Bundeshaushalt abgekoppelt sind, traten sie in diesem Jahr ganz un-geniert mit Nachschussforderungen in Milliardenhöhe an die Öffentlichkeit.

Andere Vorsorgeeinrichtungen, die sich nicht auf privilegierten Zugang zu Steuergeldern abstützen können, waren nicht minder kreativ: Sie beschlossen, den Gürtel enger zu schnallen – jenen der Versicherten natürlich. Führend hierbei waren die Lebensversicherer, und die Rolle des Vorreiters der Branche spielte die Rentenanstalt / Swiss Life. Sie erhöhte den Prämienanteil für das Invaliditätsrisiko im Schnitt um 27 Prozent, den Prämienanteil für die Verwaltungskosten gar um 40 Prozent. Die anderen Versicherungen zogen nach, wobei die «Winterthur» den Vogel abschoss: Sie erhöhte nicht nur die Prämien und reduzierte den Rentenumwandlungssatz, sondern lagert künftig auch noch das Anlagerisiko an die Versicherten aus.

Vorsorge-Performance
Ganz einfach ungenügend


In den letzten zwei Jahren ging es mit der Performance der Vorsorgeeinrichtungen rapide abwärts. Erzielten im Jahr 2000 noch 95 Prozent eine positive Performance, so waren es im Jahr 2001 noch 20 Prozent. 2002 hingegen konnten sogar nur 15 Prozent eine positive Rendite melden. In den letzten drei Jahren reichte die Rendite bei weitem nicht aus, um die Kosten und Zinsgutschriften zu decken. Immerhin kam die Erholung der Kapitalmärkte im Jahr 2003 den Vorsorgeeinrichtungen entgegen. Der Pictet-BVG-Index 93 wies zwischen dem 31. Dezember 2002 und Ende November 2003 eine Performance von 5,68 Prozent aus. Doch nicht alle können von diesem Aufschwung profitieren. Die Lebensversicherer, die mit ihren Sammelstiftungen etwa ein Fünftel des Pensionskassenkuchens auf sich vereinen, mussten in der Krise ihre Aktienquoten massiv reduzieren, um die Löcher in ihrer Eigenkapitaldecke zu stopfen. Heute verpassen sie mit ihrer minimalen Aktienquote den Kursanstieg an den Börsen. Die CFOs von Rentenanstalt, «Zürich» und «Winterthur» haben deshalb den Hut nehmen müssen.

Statt die eigenen Kosten zu senken, überwälzen die Vorsorgeeinrichtungen sie einfach auf die Versicherten. Dies bestätigt auch ein Funktionär des Pensionskassenverbandes: «Meines Wissens hat es bisher keine grossen Sparübungen gegeben.» Das liegt nicht nur daran, dass es den Vorsorgeeinrichtungen an Sparwillen mangelt, sondern auch daran, dass ihre Kostenstruktur bislang nicht einheitlich ausgewiesen wird und damit auch nicht vergleichbar ist. So ist der Pensionskassenleiter des Basler Staatspersonals zwar in der Lage, einen ganzen Berg von Zahlen zu präsentieren, überlässt deren Interpretation aber gerne der BILANZ. Der Verantwortliche bei der Pensionskasse von Kraft Foods kennt die Verwaltungskosten zwar, darf sie aber nicht ohne Rücksprache mit der paritätischen Kommission herausrücken. Bei den Pensionskassen des Bundespersonals und der Post kann man die Verwaltungskosten noch nicht einmal berechnen; die Kostenstellenrechnung befindet sich erst im Aufbau. Und beim Bundesamt für Sozialversicherung, dem Aufsichtsorgan der Vorsorgeeinrichtungen, stösst man mit dem Begehren nach Kostentransparenz auf grosses Verständnis, wird aber auf das Inkrafttreten der BVG-Revision im Jahre 2005 vertröstet. Erst dann müssen alle Vorsorgeeinrichtungen ihre Kosten nach dem gleichen Schema ausweisen.

Bis dahin gilt die Regel, dass man nichts Genaues weiss und schon gar nichts Vergleichbares, besonders bei den Lebensversicherungen nicht. «Winterthur», «Zürich» und Swiss Life beziffern zwar auf Anfrage ihre durchschnittlichen Verwaltungskosten mit 550 bis 650 Franken pro Versicherten und Jahr. Doch wird dieser Durchschnittswert von Experten angezweifelt. «In Wahrheit muss man bei den Lebensversicherern viel mehr an Verwaltungskosten bezahlen, als diese ausweisen», meint Urs Ernst, Präsident der Anlagekommission Transparenta. «Viele Verwaltungskosten sind versteckt, und man weiss nicht wirklich, in welchem Ausmass man den Wasserkopf der Versicherungsgesellschaften mitfinanziert.» Werner Hug von der Schutzgemeinschaft für KMUs doppelt nach: Im Durchschnitt bezahlt man für die Verwaltungskosten in den Sammelstiftungen der Lebensversicherer um die 1000 Franken pro Versicherten.

Verzinsung des Sparkapitals
Dreht der Wind, bläst er uns Versicherten ins Gesicht


Der Bundesrat hielt dem Druck der Vorsorgeeinrichtungen nicht lange stand. Trotz heftigen Protesten aus Kreisen der Versicherten, die den «Rentenklau» als Kniefall vor den in Schieflage geratenen Versicherungen sahen, senkte der Bundesrat den Mindestzinssatz gleich zweimal. Dabei galt dieser seit seiner Einführung im Jahr 1985 als sakrosankt. Noch im Jahr 2000 schrieben rund ein Drittel aller Kassen ihren Mitgliedern mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen vier Prozent im obligatorischen Teil gut. Im Jahr 2001 verzinsten bereits die meisten Vorsorgeeinrichtungen mit dem Mindestzinssatz – nur noch ein Fünftel der Vorsorgeeinrichtungen schrieben ihren Versicherten mehr als vier Prozent gut. Diese erzielten im Gegensatz zu den anderen noch eine positive Rendite auf ihrem Anlagevermögen. Im Jahr 2002 schrumpfte die Minderheit, die das Sparkapital mit mehr als vier Prozent verzinste, gar auf acht Prozent. Zwei privatrechtliche Vorsorgeeinrichtungen verwendeten im Jahr 2002 einen Satz von unter zwei Prozent. Dies war jedoch nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde möglich, und die bekommt man nur im Falle einer existenzbedrohenden Unterdeckung.

Es ginge auch anders. Einige Vorsorgeeinrichtungen setzen schon heute auf volle Transparenz und niedrige Verwaltungskosten. Die Pensionskasse der Stadt Zürich etwa weist Verwaltungskosten von 180 Franken pro Versicherten aus, die Transparenta 220 Franken. Für Unternehmen und deren Angestellte kann es sich lohnen, die Kostenstruktur ihrer Vorsorgeeinrichtung zu prüfen und allenfalls die Pensionskasse zu wechseln. Der Pensionskassenexperte Martin Wechsler hat jüngst berechnet, dass jeder bei den Verwaltungskosten gesparte Franken drei Franken mehr Rente generiert. Eine Kosteneinsparung von 1000 Franken pro Jahr erhöht das Altersguthaben eines heute Dreissigjährigen um mehr als 100 000 Franken und die daraus resultierende Rente um über 6000 Franken pro Jahr.

Noch undurchsichtiger und womöglich noch gewichtiger als die Verwaltungskosten sind die Kosten für externe Vermögensverwalter. Keine Kasse weist diese Kosten aus. «Vermögensverwaltungskosten werden direkt von der Anlagerendite abgezogen», erklärt Dieter Stohler, Geschäftsführer der Pensionskasse des Basler Staatspersonals, diesen Sachverhalt. Dabei handelt es sich bei diesen Kosten keineswegs um Peanuts, wie die beiläufige Begründung vermuten liesse. Die Vermögensverwaltungskosten sind gleich hoch wie die gesamten restlichen Verwaltungs-, Personal- und Sozial-leistungskosten zusammen.

Dass diese Kosten nicht gern an die grosse Glocke gehängt werden, liegt daran, dass seit dem Vorsorgeobligatorium Mitte der Achtzigerjahre eine ganze Industrie entstanden ist, die sich mit diesen Kosten eine goldene Nase verdient: die externen Vermögensverwalter. Rund 80 Prozent aller Pensionskassen, darunter eher die kleinen und mittleren, greifen auf externe Vermögensverwalter zurück. Geschätzte 600 Milliarden Franken harren bei den Vorsorgeeinrichtungen der möglichst rentablen Anlage, 240 Milliarden davon werden von zahlreichen in- und ausländischen Banken und Vermögensverwaltern extern verwaltet. Diese werden in über 60 Prozent der Fälle nicht performanceabhängig entschädigt, sondern in Form eines Fixums, dessen Höhe vom verwalteten Anlagevermögen abhängig ist. Was bei einem durchschnittlichen Honoraransatz von 0,35 Prozent satte 840 Millionen Franken Honorarvolumen ergibt. «Dabei gibt es keine Rechtfertigung dafür, einem Vermögensverwalter, der seine Performancevorgaben nicht erreicht, ein bequemes, fixes und noch dazu hohes Honorar zu zahlen», meint Graziano Lusenti, Projektleiter der Pensionskassenstudie.

Krisenstrategien
Aktien halten lohnt sich


Ende der Neunzigerjahre erhöhten alle Pensionskassen einträchtig ihre Aktienquote. Anfang 2000 war es mit der Einigkeit vorbei, als sich die Frage stellte, wie man auf die Baisse reagieren solle. 41 Prozent der Institutionen reagierten gar nicht. Das heisst, sie veränderten die Aufteilung des Anlagevermögens nicht. Sie sitzen die Krise wohl oder übel aus. Bei 34 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen hingegen war Aktionismus angesagt. «In den meisten Fällen wurde wohl die Aktienquote reduziert, was zu einer Erhöhung der Liquidität führte», so Sven Ebeling von Ecofin Investment Consulting. Die Umschichtung von Aktien in Obligationen ist offensichtlich in kleinerem Stil erfolgt als ursprünglich angenommen. In 20 Prozent der Fälle wurden sogar Aktien gekauft, um die strategische Aktienquote wieder zu erreichen. Dies hängt damit zusammen, dass die Kursverluste den Aktienanteil unter die strategische Quote hatten sinken lassen. Dieser Mut hat sich spätestens im zweiten Quartal dieses Jahres bezahlt gemacht. Interessant ist auch die Tatsache, dass vor allem kleine Vorsorgeeinrichtungen mit einem Vermögen von unter 50 Millionen an ihrer Strategie festhielten, während grosse Kassen sich eher zu Aktionismus verleiten liessen.

Die Pensionskassen selber finden offenbar nichts dabei. Die Pressesprecherin der grössten Pensionskasse des Landes erklärt, dass die Publica nur mit fixen Honoraren arbeite. Die Pensionskasse des Basler Staatspersonals, die Pensionskasse von Kraft Foods und viele andere hinterfragen dieses Verfahren nicht einmal. Auf die Frage, warum denn nicht perfomanceabhängig honoriert werde, antwortet der Geschäftsführer der Pensionskasse der Post, Walter Kohler: «Unsere externen Berater haben dies nicht vorgesehen.» Vielleicht hätte man sie dazu zwingen sollen.

Die Pensionskasse der Stadt Zürich funktionierte während vieler Jahre anders. Bei ihr hingen die Beraterhonorare direkt von der Performance ab, in guten wie in schlechten Zeiten. Rutschten die Erträge ins Negative, erhielten sie nicht nur kein Geld, sondern mussten sogar einen Teil des Verlustes an die Pensionskasse zurückzahlen. «Das konnte schon mal eine Million Franken sein, die wir von den beauftragten Verwaltern retour bekamen», freut sich der Geschäftsführer Ernst Welti. Die Strategie hat Früchte getragen, weist seine Pensionskasse per Ende Oktober doch einen Deckungsgrad von 122 Prozent aus.

Wo das Geld – jenes der Pensionskassenversicherten – so leicht und so reichlich fliesst, herrscht an externen Vermögensverwaltern kein Mangel. Bei den grössten Pensionskassen sind bis zu 36 externe Verwalter mit im Boot. Mittelgrosse Institutionen beschäftigen in Einzelfällen schon mal bis zu 17 externe Vermögensverwalter. Und sogar kleine Vorsorgeeinrichtungen mit einem Vermögen von weniger als 50 Millionen setzen zum Teil drei oder vier externe Verwalter pro Anlagekategorie ein. «Diese grosse Anzahl an Vermögensverwaltern erstaunt schon sehr. Je mehr Verwalter beauftragt sind, umso kleiner werden die Mandate, und die Kosteneffizienz wird somit fraglich», konstatiert Manuel Ammann, Professor für Finanzen an der Universität St. Gallen.

Anlagestrategie
Aktienanteil halbiert


In den Neunzigerjahren, als die Börsen brummten, erhöhten die Pensionskassen laufend ihre Aktienquote. Auf dem Höchststand Ende 2000 hielten sie rund 40 Prozent ihres Anlagevermögens in Aktien. Der Euphorie folgte alsbald die Ernüchterung. Die Versicherungen, die in ihren Sammelstiftungen jederzeit eine hundertprozentige Deckung ausweisen müssen, mussten schleunigst Aktien verkaufen, etliche autonome Pensionskassen folgten.


Das führte dazu, dass der Aktienteil der Vorsorgeeinrichtungen im Durchschnitt um rund 40 Prozent reduziert wurde und nun bei 25 Prozent des Anlagevermögens liegt. Dafür wurde der Anteil der in- und ausländischen Obligationen von 38 auf 42 Prozent aufgestockt. «Diese Strategie könnte bei einem starken Zinsanstieg zur nächsten Unterdeckung der Pensionskassen führen», warnt Beat Zaugg vom Beratungsunternehmen Watson Wyatt.
Weiter hat sich gezeigt, dass Institutionen mit kleinem Anlagevermögen inländische Aktien bevorzugen. Bei grösseren Vorsorgeeinrichtungen sind viel häufiger ausländische Aktien im Portfolio zu finden. Auffallend hoch ist der Anteil der Anlagen beim Arbeitgeber. «Dieses Klumpenrisiko stellt für Arbeitnehmer von krisengeschüttelten Unternehmen ein doppeltes Risiko dar: Es drohen sowohl der Verlust des Arbeitsplatzes wie auch die Gefahr, dass durch einen Konkurs des Unternehmens die Aktien im Portfolio der Pensionskasse wertlos werden», so Manuel Ammann, Professor für Finanzen an der Universität St. Gallen.

Vom grossen Pensionskassenkuchen leben etliche Beteiligte recht üppig. Und die denken gar nicht daran, den Gürtel enger zu schnallen. Im Gegenteil: Die Lebensversicherer fordern eine weitere Senkung des Mindestzinssatzes. Dies in einer Zeit, in der die Vorsorgeeinrichtungen dank den Schnitten in der Vergangenheit und der verbesserten Börsenlage heute ihren durchschnittlichen Deckungsgrad wieder auf 98 Prozent hinaufgeschraubt haben. Auch die Klage, dass man nicht einmal mit Schweizer Obligationen den Mindestzinssatz von 2,5 Prozent erreichen könne, ist reichlich bemühend. Seit 150 Jahren liegt die Rendite am internationalen Obligationenmarkt inflations-bereinigt zwischen drei und vier Prozent. «Das grosse Jammern und Klagen der Vorsorgeeinrichtungen ist unsinnig», rügte Professor Bernholz vom WWZ Basel kürzlich den CEO der Swiss Life, Rolf Dörig. «Man sollte von den Vorsorgeeinrichtungen eine längerfristigere Perspektive in Anlagedingen erwarten können.» Recht hat er, schliesslich muss ja auch der jüngere Versicherte sein Geld mit einer ziemlich langfristigen Perspektive von dreissig Jahren hergeben.

Zwar gibt es keine Lobby der Vorsorgeversicherten, die Druck auf Lebensversicherer und teure Pensionskassen machen könnte, doch hat jeder Versicherte Rechte, die er wahrnehmen sollte. Je mehr Arbeitnehmer sich für die Details ihrer Vorsorge und die Kosten der Vorsorgeeinrichtung interessieren, umso mehr Druck kann auf diese ausgeübt werden.

Zunächst einmal hat jeder Arbeitnehmer laut dem Berufsvorsorgegesetz vom 8. Mai 1988 Artikel 64, Absatz 2 das Recht, von seiner Vorsorgeeinrichtung umfassend Auskunft zu erhalten. Und zwar über alle Themen, welche die Stabilität der Vorsorgeeinrichtung, deren Deckungsgrad oder die Reservenbildung betreffen oder das eigene Vorsorgevermögen wie die Höhe des angesparten Kapitals, den Kapitalertrag und die Gesamtkosten pro Versicherten.

Sollte man keine ausreichenden Antworten erhalten, kann man sich an die Aufsichtsbehörden wenden. Bei Sammelstiftungen von Lebensversicherungen ist das Bundesamt für Sozialversicherung zuständig, bei öffentlichen und privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen die kantonalen Aufsichtsbehörden am Sitz des Vorsorgeunternehmens.

Stellt sich nun heraus, dass die eigene Vorsorgeeinrichtung hohe Verwaltungskosten berappt, sollte man dem Pensionskassenvertreter des eigenen Unternehmens einen Besuch abstatten. Er ist verpflichtet, die Kritik an die paritätische Kommission weiterzuleiten und mit dieser eine Lösung zu finden. Sollte es zu keiner Einigung kommen, kann das Bundesamt für Sozialversicherungen eingeschaltet werden, um zu überprüfen, ob ein Missverhältnis zwischen Verwaltungskosten und Beiträgen besteht.

BVG-Auskünfte

Der Verein BVG-Auskünfte beantwortet gratis jeden ersten Mittwoch im Monat von 17 bis 19 Uhr Fragen der beruflichen Vorsorge.

Basel: Sekretariat der GGG, Schmiedenhof, Rümelinsplatz 6, 1. Stock.
Bern: Belpstrasse 23
Brugg: Lesezimmer der Stadtverwaltung
Frauenfeld: Rathaus Frauenfeld, Haus zur Sonne, 3. Stock
Liestal: Sekretariat der Birmann-Stiftung, Kanonengasse 33
Luzern: Taubenhausstrasse 38
St. Gallen: Büro Bezirksgericht, Am Bohl 1
Zürich: Informationszentrum, Fraumünsterstrasse 21

Performance-Prognosen
Wasserprediger, Weintrinker


Trotz den mageren letzten zwei Jahren blicken die meisten Pensionskassenmanager zuversichtlich in die Zukunft. 45 Prozent der Befragten erwarten langfristig eine Nettoperformance von drei bis fünf Prozent aus dem verwalteten Anlagevermögen. Rund die Hälfte rechnet sogar mit fünf bis sieben Prozent pro Jahr. Nun kann man fragen, warum die Mindestzinssätze so schnell gesenkt werden mussten, obwohl die Pensionskassenmanager langfristig mit so hohen Renditen rechnen. Offenbar wird da mit gespaltener Zunge argumentiert. Dem Bundesrat gegenüber werden Krisenszenarien heraufbeschworen, damit dieser den Mindestzinssatz senkt, für den Rest der Welt markiert man Zuversicht.


Zwar ist es richtig, dass die gesamten Kosten und Zinsgutschriften mit der Rendite aus dem Anlagevermögen beglichen werden müssen. Doch eine einfache Rechnung schafft Klarheit: Das Bundesamt für Privatversicherungen hat im Jahr 2001 für die Sammelstiftungen einen durchschnittlichen Kostensatz von 1,2 Prozent des Vermögens berechnet. Sollten sich die Performanceerwartungen von 7 Prozent in der Tat realisieren lassen, blieben noch immer 5,8 Prozent zur Verzinsung der Guthaben der Versicherten – wären da nicht diese Unterdeckungen.