Arbeitnehmende in der Schweiz, die bei einem Arbeitgeber in einem Jahr mehr als 22’680 Franken verdienen und mindestens 18 Jahre alt sind, werden in der 2. Säule für die Risiken Tod und Invalidität versichert. Das schreibt das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invaliditätsvorsorge (BVG) fest. Erst sieben Jahre später – mit 25 Jahren – beginnt auch der obligatorische Sparprozess für das Alter.
Warum diese Diskrepanz besteht, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Die Regelung stammt aus dem Jahr 1985 und wurde seither nicht mehr überarbeitet. Doch in den vergangenen vierzig Jahren hat sich viel verändert. Der Mindestzinssatz für das obligatorische Vorsorgevermögen lag damals bei stolzen 4 Prozent – heute beträgt er lediglich noch 1,25 Prozent. Zwischenzeitlich lag er sogar noch tiefer, bei 1 Prozent. Beim überobligatorischen Vorsorgevermögen gibt es keine gesetzlichen Vorschriften für den Mindestzinssatz. Entsprechend liegt die Verzinsung in diesem Bereich zum Teil noch tiefer. Alles in allem wächst das Vorsorgevermögen der Versicherten heute also viel weniger schnell als bei der Einführung des BVG vor 40 Jahren.
Mario Bucher ist seit 2023 Produkt- und Prozessentwickler bei der PensExpert AG.
Höhere Rente dank Zinseszins
Ein längerer Sparprozess würde Abhilfe schaffen. Unternehmen könnten bereits heute den Vorsorgeplan unkompliziert so anpassen, dass Angestellte bereits ab zwanzig Jahren damit beginnen, das Vorsorgevermögen aufzubauen. Die Verwaltungskosten, die die Versicherten für die Versicherungsleistungen bei Tod und Invalidität bezahlen müssen, existieren ohnehin – unabhängig davon, ob der Sparprozess mit 20 oder 25 einsetzt.
Eine Person mit einem durchschnittlichen Jahreslohn von 60’000 Franken und einem Koordinationsabzug von 26’460 Franken zwischen 20 und 25 Jahren würde so pro Jahr 2'350 Franken als Sparbeiträge in die Pensionskasse einzahlen – je zur Hälfte finanziert durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmendenbeiträge. Bei einer durchschnittlichen Verzinsung von 2 Prozent hätte die 25-jährige Person nach fünf Jahren bereits ein Vorsorgevermögen von 12’218 Franken aufgebaut, selbst aber lediglich 5'870 Franken eingezahlt. Die anderen 5'870 Franken finanziert der Arbeitgeber und 480 Franken kämen durch den Zins- und Zinseszins zustande.
Auf den ersten Blick erscheint diese Summe bescheiden. Doch über das gesamte Erwerbsleben hinweg wächst die Summe dank dem Zinseszinseffekt beachtlich: Bis zur Pensionierung mit 65 Jahren würden sich diese 12’218 Franken auf rund 27’500 Franken mehr als verdoppeln. Dieser Berechnung unterliegt die eher konservative Annahme, dass das Vermögen jährlich zu 2 Prozent verzinst wird. Bei einem jährlichen Zins von 3 Prozent resultierte nach vierzig Jahren ein Vorsorgeguthaben von 41’900 Franken und bei einem Zins von 4 Prozent sogar 63’500 Franken.
Positiven Effekt erzielen
Der Effekt könnte noch grösser sein, wenn der Sparprozess bereits mit 18 Jahren gestartet würde. Doch zu diesem Zeitpunkt befinden sich viele Junge noch mitten in der Lehre oder haben einen Jahreslohn, der unter der BVG-Eintrittsschwelle von 22’680 Franken liegt. Mit zwanzig Jahren erreichen bereits deutlich mehr Personen diese Schwelle.
Gleichzeitig sind die Fixkosten in diesem Alter meist noch tief und erlauben es in vielen Fällen, monatlich rund 100 Franken in die 2. Säule einzuzahlen. Wer sich später selbstständig macht oder ein selbstbewohntes Eigenheim kaufen möchte, kann unter bestimmten Bedingungen auf das angesparte Vorsorgekapital zugreifen. Die Aussicht auf diese Flexibilität kann die Bereitschaft von unter 25-Jährigen deutlich erhöhen, Pensionskassenbeiträge zu leisten.
Einkaufspotenzial wird grösser
Will ein Arbeitgeber den unter 25-jährigen Angestellten den Einstieg in das Vorsorgesparen zusätzlich erleichtern, besteht die Möglichkeit, die gesamten BVG-Sparbeiträge zu übernehmen. Aufgrund der eher tiefen Einkommen von Angestellten zwischen 20 und 25 Jahren hält sich der finanzielle Zusatzaufwand für Firmen in Grenzen. Gleichzeitig hat es einen positiven Effekt auf die Attraktivität als Arbeitgeber.
Vorteilhaft ist ein tieferes Eintrittsalter auch mit Blick auf das Einkaufspotenzial in die Pensionskasse und die sich daraus ergebenden Steuervorteile. Wird der Beginn des Sparprozesses für alle Mitarbeitenden in einem Unternehmen auf zwanzig Jahre hinuntergesetzt, profitieren auch ältere Angestellte, die ihrerseits erst mit 25 Jahren begonnen haben, in die Pensionskasse einzuzahlen.
Das höhere Einkaufspotenzial beträfe nicht nur das Obligatorium, sondern auch das Überobligatorium, inklusive allfälliger 1e-Pläne für Einkommen über 136’080 Franken. Wichtig ist hierbei aus steuertechnischer Perspektive, dass eine Senkung des Eintrittsalters nicht ausschliesslich für Kaderpläne erfolgt, sondern für alle Arbeitnehmenden in einem Unternehmen.
Dieser Beitrag ist Teil des am 20. März 2025 erschienenen HZ-Insurance-Print-Specials «Vorsorge».