Mit Blick auf 2024 sehen institutionelle Investoren weltweit die Gefahr, die von geopolitischen Unruhen ausgeht, als grösste Bedrohung für die Wirtschaft an. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage der Investmentmanagement-Gesellschaft Natixis hervor. Diese Sorge ist in den USA allerdings mit 54 Prozent der Befragten ausgeprägter als in der EMEA-Region (46 Prozent).
Politikfehler der Zentralbank
Auch in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit einer Rezession sind die grossen Investoren in den USA skeptischer als die im Rest der Welt: 62 Prozent von ihnen halten sie für unvermeidbar, während dies in der EMEA-Region nur 40 Prozent tun.
Dementsprechend ist auch in den USA die Furcht vor einem Politikfehler der Zentralbank mit 46 Prozent ausgeprägter als in anderen Regionen (Lateinamerika nur 30 Prozent). Gar keine Rolle mehr spielt die Corona-Pandemie: Nur 3,5 Prozent der Befragten fürchten ihre Wiederkehr. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der «Global Survey of Institutional Investors», für die Natixis IM 500 institutionelle Anleger befragte, die zusammen 23,2 Billionen Dollar für öffentliche und private Pensionskassen, Versicherungen, Stiftungen und Staatsfonds in aller Welt verwalten.
Vor Rezession gefeit
Obwohl im Schnitt die Hälfte der Befragten eine Rezession für unvermeidlich halten und zwei Drittel von ihnen sogar schmerzvolle Auswirkungen erwarten, scheinen nur wenige ihre Anlagestrategie darauf ausgerichtet zu haben: Nur 8 Prozent halten ihre Portfolios für rezessionssicher, wobei die Investoren in der EMEA-Region offensichtlich vorsichtiger agierten: Während sich in Übersee nur 6 Prozent vor den Folgen einer Rezession gefeit fühlen, sind es hier 12 Prozent.
Immerhin haben jedoch 44 Prozent einen gewissen Rezessionsschutz in ihre Portfolios eingebaut.
Inflation auf hohem Niveau
Was die Inflationsaussichten für 2024 betrifft, sind die grossen Investoren ebenso geteilter Meinung: 40 Prozent glauben, dass die Inflation auf einem hohen Niveau bleiben wird, während 40 Prozent einen weiteren Rückgang für wahrscheinlich halten. Vor allem die Energiepreise werden nach Ansicht von zwei Dritteln der Befragten wieder steigen. Dementsprechend erwarten 61 Prozent, dass die Zinsen hoch bleiben.Insgesamt zeigen die Marktprognosen für 2024, dass die institutionellen Anleger bei den Perspektiven für Aktien geteilter Meinung sind («bearish» 54 Prozent; «bullish» 46 Prozent).
Mehr Einigkeit besteht in Bezug auf Anleihen und illiquide Assets: Für den Anleihemarkt sind 69 Prozent optimistisch, für Private Debt 64 Prozent und für Private Equity 60 Prozent.
Zahlreiche Gegenwinde
Timo H. Paul, Co-Leiter für die Schweiz bei Natixis IM, kommentiert: «In einem von anhaltenden Unsicherheiten geprägten Umfeld ist ein aktives Management für institutionelle Anleger wichtiger denn je, um die zahlreichen Gegenwinde zu bewältigen. Inflations- und Zinsängste veranlassen sie dazu, im Jahr 2024 Anleihen, Private Equity und Private Debt zu bevorzugen, also Anlageklassen, die schwieriger in passive Portfolios zu integrieren sind.
Die institutionellen Anleger bleiben jedoch insgesamt optimistisch, da nur wenige von ihnen ihre Renditeprognosen für das kommende Jahr senken und ihre langfristigen Renditeerwartungen mit durchschnittlich 8 Prozent weiterhin solide sind.»
Verschärfte Marktvolatilität
Was sich offensichtlich bewährt hat, ist die Hinwendung der institutionellen Investoren zum aktiven Management. Zwei Drittel des institutionellen Vermögens sind in aktive Strategien investiert, und ebenso zwei Drittel der Befragten geben an, dass ihre aktiven Anlagen die passiven Anlagen übertrafen. Abgesehen von der Wertentwicklung sehen sie in passiven Anlagen aber auch einen negativen Einfluss auf die Märkte: 59 Prozent glauben, dass sie Systemrisiken erhöhen, wobei 66 Prozent befürchten, dass starke Bewegungen bei Zu- und Abflüssen die Marktvolatilität verschärfen.
KI: Produktivitätsschub oder existenzielle Bedrohung?
In der rasanten Entwicklung künstlicher Intelligenz sehen institutionelle Anleger sowohl Positives als auch Negatives. Mehr als zwei Drittel (66 Prozent) befürchten, dass KI zu geopolitischen Unruhen führen könnte, aber 75 Prozent glauben, dass KI Anlagechancen eröffnen wird, die sonst nicht zu erkennen wären.
Die Hälfte der Befragten glaubt, dass der KI-Boom grösser sein wird als das Internet, und nur 34 Prozent machen sich Sorgen über eine KI-Blase.
Allerdings befürchten immer noch 38 Prozent, dass KI eine existenzielle Bedrohung für die Zivilisation, wie wir sie kennen, darstellen könnte. (pd/hzi/hoh)