Mit einem Gesamtschaden von 46 Milliarden Euro war das Tief «Bernd» im vergangenen Jahr das zweitteuerste Naturereignis weltweit, wie aus dem heute veröffentlichten Naturkatastrophenbericht der Münchener Rück hervorgeht. «Der Klimawandel hat solche Ereignisse wahrscheinlicher gemacht», stellte Ernst Rauch, Chef-Klimaforscher des Rückversicherers, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters fest. «Es wird eine Generationenaufgabe, unser Land wetterfest zu machen.»
Prägende Erfahrung für Versicherer
Weltweit verursachten Stürme, Hochwasser, Waldbrände oder Erdbeben 2021 Schäden von 280 Milliarden Dollar (2020: 210). 120 Milliarden (82) davon mussten Versicherer und Rückversicherer tragen – mehr war es Rauch zufolge nur 2017 (146 Milliarden). 10 000 Menschen kamen dabei ums Leben, ähnlich viele wie 2020.
Mehr Schaden als «Bernd» richtete im vergangenen Jahr nur der Hurrikan «Ida» an, der Ende August über den Süden und Osten der USA hinwegzog. Von den 65 Milliarden Dollar Gesamtschaden mussten die Versicherer 36 Milliarden zahlen.
«Bernd» kostet die Branche nach Berechnungen der Münchener Rück elf Milliarden Euro, davon 8,2 Milliarden in Deutschland. Das ist knapp ein Viertel des Gesamtschadens. Die Sturzfluten etwa an Ahr und Erft hatten im Juli ganze Dörfer überschwemmt. «Dass auf so engem Raum ein so grosser Schaden entstehen konnte, hat viele überrascht», sagt Rauch. Das sei eine neue Dimension: Der versicherte Schaden liege beim Vierfachen dessen, was die grössten Überschwemmungsunwetter in Deutschland je angerichtet haben. «Das sind Erfahrungen, die für die Versicherungswirtschaft prägend sein werden», sagt der Klima-Experte.
Klimawandel hinterlässt seine Spuren
Der Einfluss des Klimawandels sei nicht von der Hand zu weisen. Die warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aus den Meeren aufnehmen, damit werden starke Niederschläge wahrscheinlicher. Und weil sich mit den Temperaturunterschieden auch Luftströme verändern, bleiben Hochs und Tiefs länger an einem Ort. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Welt das Ziel einer Erwärmung von maximal 1,5 Grad verfehle, steige Monat für Monat, sagt Rauch. «Es wird immer klarer, dass wir uns dem Klimawandel anpassen müssen – auch mit Blick auf künftige Generationen. Das geht vom Verbot, zerstörte Gebäude in Risikozonen wieder aufzubauen, bis zur Renaturierung von Flüssen.»
Die Sicherheitspuffer bei Schutzmassnahmen müssten grösser werden. «Hochwasserschutz ist in Deutschland meist auf ein 100-jähriges Hochwasser ausgelegt.» Die Niederlande erhöhten ihre Deiche bereits für Fluten, wie man sie bisher nur alle 10 000 Jahre erwartet habe, erklärt Rauch. Dass sich Schutzmassnahmen lohnten, zeige der Hurrikan «Ida». Als er auf das amerikanische Festland traf, war er sogar stärker als 2005 der Wirbelsturm «Katrina», der New Orleans verwüstet hatte. Dennoch richtete «Ida» nur halb so grosse Schäden an wie «Katrina», weil die verstärkten Deiche rund um die Stadt hielten. (reuters/hzi/sec)