Die Länder Italien, Spanien und Deutschland werden nach dem aktuellen Report von Allianz Economic Research «European labor markets: Migration matters» sogar noch stärker vom demografischen Wandel betroffen sein. Vor diesem Hintergrund haben die Allianz-Experten untersucht, was nötig wäre, um die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Arbeitsmärkte in den vier grössten Volkswirtschaften abzufedern.
Auswirkungen des demografischen Wandels
Würde man sich nur auf die Zuwanderung stützen, wäre allein in den vier grössten Volkswirtschaften ein Zustrom von 100’000 bis 500’000 Migrantinnen und Migranten pro Jahr erforderlich. Selbst wenn Deutschland sein Renteneintrittsalter auf 68 Jahre anhebt und Anstrengungen unternimmt, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen, älteren Arbeitnehmenden und Ausländern auf das Niveau Schwedens anzuheben, wird es durchschnittlich 200’000 Zuwandernde pro Jahr benötigen, so der Allianz-Report. Es wären sogar rund 482’000 Zuwandernde nötig, wenn das Nachbarland sich nur auf Zuwanderung beschränkt, um die Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt abzufedern. In einem solchen Szenario wäre die Nachfrage nach Arbeitsmigranten in Italien und Spanien ähnlich hoch, mit einem benötigten Zustrom von durchschnittlich 414’000 bzw. 338’000 Migranten pro Jahr. Allerdings verfügen Italien und Spanien aufgrund ihrer im Vergleich zu Deutschland niedrigeren Erwerbsbeteiligungs- und Erwerbstätigenquoten über relativ höhere interne Reserven. Das Gleiche gilt für Frankreich, das zusätzlich von einer günstigeren demografischen Entwicklung profitiert.
Notwendige Reformen
Mit Arbeitsmarktreformen zur Steigerung der Erwerbsbeteiligung bräuchte Italien nur 89’000 Zuwanderer pro Jahr, während diese Zahl in Spanien auf 131’000 sinken würde. In Frankreich würde eine Erhöhung der Erwerbsquote sogar ausreichen, um die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden langfristig stabil zu halten und eine Produktivitätssteigerung von 10 Prozent hätte denselben Effekt.
Verschärfter Wettbewerb
Allerdings: Der globale Wettbewerb um qualifizierte Migrantinnen und Migranten wird sich verschärfen, prophezeien die Allianz-Experten. Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter nimmt auch in den wichtigsten osteuropäischen Entsendeländern ab. Bis 2050 wird die Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren in Bulgarien voraussichtlich um ein Drittel, in Polen um 26 Prozent und in Rumänien um 22 Prozent schrumpfen. Auch die grossen Volkswirtschaften Asiens und Lateinamerikas werden mit dem demografischen Wandel fertig werden müssen. Da der Pool der 20- bis 39-Jährigen in allen Weltregionen mit Ausnahme Afrikas schrumpfen wird, müssen die europäischen Volkswirtschaften ihre Anstrengungen verstärken, um qualifizierte Migranten anzuziehen.
Beschäftigungsfähigkeit verbessern
In Deutschland, aber auch in Frankreich, Italien und Spanien liegt die Erwerbsbeteiligung von Ausländern immer noch unter dem Niveau von Schweden oder der Schweiz. Dies gilt insbesondere für weibliche Migrantinnen. Darüber hinaus gibt es deutliche Unterschiede im Hinblick auf das Bildungsniveau. Daher könnten die Zusammenarbeit mit potenziellen Herkunftsländern bei der Berufsausbildung, Massnahmen auf Unternehmensebene sowie die Einführung von Sprachkursen an Schulen gemäss Allianz dazu beitragen, mehr qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen und ihre Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern. (pd/hzi/bdw)