Nach der Ohrfeige, welche die Anleiheninvestoren Ende letzten Jahres erhielten, reagierten mehrere grosse Pensionskassen in der Romandie offenbar reaktiver auf diese Situation als ihre deutschsprachigen Kollegen und trafen die wichtige Entscheidung, sich für eine aktive Verwaltung zu entscheiden. Bei der aktiven Verwaltung ist die Auswahl der Unternehmen ein wesentliches Element. Selbst in der Schweiz, einem Land, in dem die Unternehmen als sicher gelten, ist eine intensive Recherchearbeit unerlässlich. Die Vorkommnisse rund um die Credit Suisse sind lediglich ein exemplarisches Beispiel von vielen. Diese Bank erweckt gewissermassen Parallelen zu einem anderen prominenten Namen, der Swissair, die ebenfalls in einem Debakel mit Anleihen endete. Im internationalen Kontext erinnert man sich an die Desaster, die durch die Insolvenzen von Enron und Lehman Brothers ausgelöst wurden.
Christophe Julen, Direktor Asset Management Services der bei der Bank Piguet Galland & Cie SA, Genf.
Daniel Varela, Chief Investment Officer bei der Bank Piguet Galland & Cie SA, Genf.
Vorsicht vor Ratingagenturen
Im Bereich der Anleihen muss die Auswahl der Unternehmen heute rigoros erfolgen. Unabhängig von ihrer Grösse müssen die Unternehmen mit den solidesten Bilanzen und Cashflows ausgewählt werden. Für die Verwalter von Pensionskassen reicht die Arbeit der Ratingagenturen nicht aus. Vor allem darf man ihnen nicht blind vertrauen, wie es bei einer passiven Verwaltung allzu oft der Fall ist. Jeder seriöse Vermögensverwalter muss die Unternehmen, die er in sein Portfolio aufnehmen will, selbst unter die Lupe nehmen, insbesondere im Hinblick auf die Durationen (Laufzeiten), aber auch auf die Qualität der Schuldner und die Positionierung auf der Zinskurve.
Die Durationen müssen genau überwacht werden. Bei Anleihen hat der Manager die Wahl, entweder den Indizes zu folgen oder die Grundsätze des aktiven Managements anzuwenden. Das erste Szenario funktionierte, als wir uns in einem günstigen Zyklus befanden, aber an dem Tag, an dem sich der Zyklus umkehrte, zahlten diejenigen, die die Laufzeiten nicht aktiv antizipiert hatten, einen hohen Preis dafür. War es im Jahr 2021 angesichts der langen Niedrigzinsphase und der Energiekrise so schwierig, eine Verkürzung der Durationen in Betracht zu ziehen? Allzu oft haben die Experten für passives Management nicht die notwendigen Vorkehrungen getroffen.
Längere Durationen
Heute hat sich die Welt verändert, indem sie in vielerlei Hinsicht viel unruhiger geworden ist, beispielsweise. in Bezug auf die Geopolitik und die Inflation. In den USA kompensieren die Anleiherenditen die für die nächsten Jahre erwartete Inflation weitgehend. Die Realrendite nach Inflation ist so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Die wichtigste Entscheidung für den aktiven Manager einer Pensionskasse ist jedoch die Duration.
Bei der derzeitigen Konjunkturlage weiss niemand, ob der Zinsanstieg vorbei ist, sicher ist jedoch, dass man in diesem Umfeld eher versuchen sollte, die Durationen zu verlängern. Heute muss ein Teil des Anleihenportfolios Erneuerungen mit einem langen Zeithorizont enthalten. Im Klartext heisst das, dass diejenigen, die keine Verlängerungen haben, in Betracht ziehen müssen, einige Anleihen zu verkaufen, um einige andere mit sehr langen Durationen zurückzukaufen. Auf diese Weise werden die sehr kurzen Laufzeiten von 2024 und 2025 eliminiert und der Durchschnitt der Laufzeiten im Portfolio kann steigen.
Vorteil der Schweizer Anleihen
Konkret gibt es mehrere Möglichkeiten, eine durchschnittliche Duration von 7 Jahren zu erreichen. Entweder enthält ein Portfolio nur Anleihen mit einer Laufzeit von 7 Jahren oder die Hälfte des Portfolios enthält Anleihen mit einer sehr kurzen Duration und die andere Hälfte konzentriert sich auf extrem lange Laufzeiten, z. B. 15-16 Jahre, was zu einer durchschnittlichen Duration von 7 Jahren führt. Die angestrebte Wirkung ist nicht unbedingt dieselbe, weil je nach der beabsichtigten Verschiebung der Kurve die zu implementierenden Entscheidungen unterschiedlich sind. In der aktuellen Konjunkturlage muss man sich für das zweite Szenario entscheiden und somit die fällig werdenden Anleihen durch sehr lange Laufzeiten ergänzen. In einem Umfeld, in dem die Zentralbanken die Zinserhöhungen wahrscheinlich abgeschlossen haben, ist dies eine seltene Gelegenheit, die hohen Zinsen für lange Durationen über mehrere Jahre hinweg zu blockieren. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren derzeit über 1 Prozent, was den höchsten Stand seit zehn Jahren darstellt. Aber man kann noch mehr erreichen, wenn man Unternehmensanleihen mit guter Bonität auswählt, wodurch sich die Rendite von Staatsanleihen fast verdoppeln lässt.
Fingerspitzengefühl der SNB
Auf der Zentralbankseite war die SNB mit einer besonderen Situation konfrontiert, da der starke Franken eine inflationshemmende Wirkung entfaltete, d. h. eine natürliche Art der Inflationsbekämpfung. Die SNB wartete nicht auf eine potenzielle Intervention der EZB, um zu handeln. Sie tat dies im Anschluss an die US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Im Ergebnis erholten sich die Frankenanleihen und erzielten zum ersten Mal seit Jahren wieder attraktive Renditen. Die Pensionskassen in der Westschweiz haben dies schnell erkannt und ihren Anteil an CHF-Anleihen durch aktive Verwaltungsmandate erhöht.
Es ist anzumerken, dass Schweizer Anleger bei Investitionen auf dem heimischen Markt aufgrund seiner Nähe und Konzentration stets über bessere Kenntnisse verfügen als auf den ausländischen Märkten. Es ist einfacher, Schweizer Unternehmen perfekt zu verfolgen als Tausende von US-Unternehmen. Viele einheimische Manager fühlen sich wohl dabei, die Schweizer Indizes zu schlagen, während die Aufgabe bei den grossen ausländischen Märkten viel schwieriger ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die extremen Veränderungen der globalen Lage, vor allem für die Vermögensverwalter, die jahrelang auf der Passivseite geschlafen haben, brutal war. Von nun an sollte man dort aktiv handeln, wo es am einfachsten ist, nämlich auf dem Schweizer Markt, sowohl bei Aktien als auch bei Obligationen, wo die Nähe besteht. Es ist beruhigend zu sehen, dass mehrere wichtige Westschweizer Pensionskassen diese Botschaft sehr gut verstanden haben.
Dieser Beitrag ist erstmals am 27. November in französischer Sprache auf HZ Insurance erschienen.