Alleinerziehende Frauen leben im Vergleich zu Menschen in anderen Lebensumständen am häufigsten in schwierigen finanziellen Situationen. 35 Prozent der von Frauen geführten Einelternhaushalte verfügten 2015 nur über geringe oder sehr geringe finanzielle Mittel. Sie hatten damit zwischen 38'082 und 31'735 Franken pro Jahr zur Verfügung. Das zeigt eine Studie, die das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) am Dienstag veröffentlichte.
Das BSV hält fest, dass die Förderung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie, die Integration in den Arbeitsmarkt und die Investition in Bildung wesentliche Voraussetzungen bleiben, um die finanzielle Situation von Eineltern- und Einpersonenhaushalten zu verbessern.
17 Prozent mit tiefen Einkommen
Für die Studie wurden Steuerdaten von 4,5 Millionen Personen in 11 Kantonen durchleuchtet. Das BSV orientierte sich am Medianeinkommen eines Haushalts von 63'470 Franken pro Jahr. Einkommen, die zwischen 50 und 60 Prozent des Medianwerts betragen – also zwischen 38'082 und 31'735 Franken –, werden als «geringe» beziehungsweise «sehr geringe» Einkommen bezeichnet.
8,6 Prozent aller Haushalte mussten 2015 mit einem Einkommen innerhalb dieser Spannweite auskommen, und bei 8,2 Prozent lag das Einkommen gar unter der Schwelle von 50 Prozent. Somit hatten insgesamt rund 17 Prozent der Schweizer Haushalte ein tiefes oder sehr tiefes Einkommen.
Rentner eher von Armut betroffen
Neben den alleinerziehenden Frauen waren häufig auch die alleinerziehenden Männer betroffen (17 Prozent), bei Ehepaaren mit einem oder mehreren Kindern waren es 15 Prozent. Auch ein Teil der Selbstständigerwerbenden und der Migrantinnen und Migranten sowie der Landwirtinnen und Landwirte verfügten oft über ein Einkommen unterhalb des Grenzwerts von 60 Prozent. Bei Paaren ohne Kinder lagen nur 9 Prozent unter dem Grenzwert.
Vergleicht man die Situation bei den Rentnerinnen und Rentnern mit jener der Erwerbstätigen, wird ersichtlich, dass erstere häufiger von einem tiefen Einkommen betroffen sind (22 Prozent gegenüber 15 Prozent). Bei den sehr tiefen Einkommen hingegen gab es kaum einen Unterschied (8 Prozent bei den Erwerbstätigen, 9 Prozent der Rentnerinnen und Rentner).
Gemäss BSV steht es bei Rentnerinnen und Rentnern deswegen schlechter um ihre Finanzen, weil viele davon lediglich über Leistungen aus der 1. Säule und Ergänzungsleistungen verfügen und damit knapp unter dem Grenzwert von 60 Prozent liegen. Das BSV schliesst daraus, dass die Leistungen der 1. Säule zwar nur geringe Einkommen ermöglichen, aber auch sehr schwierige wirtschaftliche Situationen verhindern.
Die Studie zeigt demnach weiter, dass die Ergänzungsleistungen zahlreichen Haushalten ein Einkommen in der Nähe des Grenzwerts von 38'082 Franken überhaupt erst ermöglichen. Zudem tragen gemäss Studie die Witwen- und Invalidenrenten «erheblich» dazu bei, Situationen mit geringen und sehr geringen finanziellen Mitteln zu vermeiden.
Höhere Einkommen seit 2003
Werden die Zahlen mit den Steuerdaten von 2003 verglichen, zeigt sich, dass das Medianeinkommen seither insgesamt zunahm. Laut BSV ist dies auf die Teuerung, höhere Löhne einer immer besser qualifizierten Bevölkerung und die gestiegenen Leistungen für Rentnerinnen und Rentner in der 2. Säule zurückzuführen. So hat sich etwa die Situation der Rentnerinnen und Rentner verbessert.
Eine Ausnahme bilden unverheiratete Männer im Rentenalter. Ihr Jahreseinkommen ist zwischen 2003 und 2015 konstant geblieben, während das von verheirateten Rentnern und unverheirateten Rentnerinnen etwas angestiegen ist. Dadurch hat sich gemäss BSV die Situation von unverheirateten Männern im Rentenalter jener von unverheirateten Frauen im Rentenalter angeglichen.
Zwischen 2012 und 2015 hat sich ausserdem insgesamt die finanzielle Situation bei rund einem Viertel der Haushalte im Erwerbsalter verbessert. Rund ein Viertel der Personen mit tiefen Einkommen hat sich seit 2012 aus dieser Situation befreien können.
Allerdings rutschten auch 11 Prozent unter den Schwellenwert. Grund dafür können vor allem die Herkunft und die Erwerbssituation sein. Die Situation von Personen aus nichteuropäischen Ländern verschlechterte sich demnach im Vergleich zu Personen aus der Schweiz oder einem EU/EFTA-Land häufiger. (sda/hzi/sec)
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