Als Führungskraft hatte Thomas S. schon fast zehn Jahre in einem mittelständischen Unternehmen nahe bei Basel gearbeitet, als der Chef erstmals von einem Kadervorsorgeplan sprach. Allerdings galt es zunächst, aus den Offerten von drei verschiedenen Anbietern den idealen 1e-Plan für das Dutzend Managerinnen und Spezialisten auszuwählen. Eine keineswegs einfache Aufgabe, denn innerhalb der Führungstruppe mussten die Vor- und Nachteile der einzelnen Angebote sorgfältig geprüft werden.
Weil die Aufwendungen für die Vorsorgelösung doch erheblich voneinander abweichen, wählte man den kostengünstigsten Kaderplan. Unter den zehn offerierten Anlagestrategien entschied sich Thomas S. für die risikoarme Variante. Ohne grosse Erfahrung in der Geldanlage wählte er für den überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge ein Portfolio mit wenig Risiko. Vor allem aber setzte er sich erstmals intensiv mit der Altersvorsorge auseinander.
Interesse gestiegen
Individuelle Vorsorgepläne für gut verdienende Arbeitnehmende helfen einem Unternehmen bei der Suche nach einem talentierten Nachwuchs und der Abwerbung von Spitzenkräften. Und diese Lösungen werden auch immer häufiger genutzt. Auslöser war vor einigen Jahren eine Änderung in den Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes: Die Pensionskassen müssen ihren Versicherten im Austrittsfall keine Mindestgarantien mehr gewähren.
Seit dieser kostenlose Kapitalschutz in den 1e-Plänen entfällt, ist das Interesse gestiegen. Das zeigt auch die jüngste Studie des Beratungsunternehmens PwC. Die Anzahl der Mitglieder in 1e-Plänen hat sich im letzten Jahr um 13 Prozent erhöht. Mittlerweile nutzen ungefähr 9 Prozent oder rund 46’000 der berechtigten Arbeitnehmenden einen solchen Kadervorsorgeplan. Dabei schätzt PwC das verwaltete Vermögen auf knapp 10 Milliarden Franken.
Anlagerisiken selbst tragen
Die Kaderleute und Spezialistinnen können für das Lohnsegment über 132’300 Franken selbst entscheiden, wie die Vorsorgebeiträge investiert werden. Dafür gehen auch alle Anlagerisiken auf den Versicherten über. Die gewählte Anlagestrategie ist meist abhängig vom Alter und der individuellen Risikobereitschaft. Zur Auswahl stehen zehn Investmentvarianten, darunter mindestens eine risikoarme Version. Als risikoarm gelten Bargeld, Geldmarktanlagen, Bankguthaben oder Kassenobligationen.
Dazu kommen risikomässig abgestufte Fondslösungen, die maximal 50 Prozent an Aktien umfassen können. Das Geld wird in passiven Indexfonds, Exchange Traded Funds (ETF) oder in aktiv verwalteten Fonds angelegt, die höhere Gebühren aufweisen. Für die Mitarbeitenden schaffen die 1e-Pläne eine klare Trennung zwischen dem obligatorischen und überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge. Das sichert im Gegensatz zu den umhüllenden Pensionskassen, mit Obligatorium und Überobligatorium, eine maximale Transparenz. In diesen Kassen findet wegen der unterschiedlichen Umwandlungs- und Verzinsungssätze oft eine Quersubventionierung statt.
Höhere Verwaltungskosten
Die Umsetzung von Vorsorgeplänen für Kaderleute und Spezialistinnen in der 2. Säule gestaltet sich für Unternehmen anspruchsvoll. Notwendig sind zwei getrennte Stiftungen. In der ersten werden Löhne im Obligatorium und Überobligatorium bis zu 132’300 Franken abgedeckt, in der zweiten die ausserobligatorische Vorsorge für Löhne oberhalb dieser Grenze. Für diese zusätzliche Kasse kann man eine neue Stiftung gründen oder sich einer Sammelstiftung anschliessen.
Kommunikation nutzen
Massgebend für die Wahl der einen oder anderen Variante sind die Struktur der Versicherten, der Deckungsgrad der Pensionskasse, die gewünschte Einflussnahme und Kostenüberlegungen. Apropos Kosten: Die PwC-Studienautoren stellen fest, dass die durchschnittlichen Verwaltungskosten einer 1e-Sammelstiftung nach wie vor höher sind als bei kollektiven Stiftungen von Pensionskassen. Sie bemängeln zudem, dass bei den 1e-Plänen nur 5 von 14 Anbietern die Mitgliederzufriedenheit messen. Dabei eignet sich die individuelle Kadervorsorge bestens für Transparenz und eine gute Kommunikation.
Stärkere Individualisierung
Zahlreiche Experten beurteilen die stärkere Individualisierung in der beruflichen Vorsorge auch kritisch. Sie verweisen auf die Gefahr einer Entsolidarisierung. Mit der Einführung von 1e-Plänen werden Gelder in eine neue Stiftung verschoben. Das führt bei der Pensionskasse im Krisenfall zu einer eingeschränkten Sanierungsfähigkeit.
Andererseits gilt es zu berücksichtigen, dass die Guthaben aus den 1e-Plänen bei der Pensionierung bar bezogen werden. Entsprechend fallen bei der Pensionierung für die Vorsorgeeinrichtung weniger hohe Neurenten an. Thomas S. wird auch in diese Kategorie fallen. Allerdings dürften bis dahin noch zwei Jahrzehnte vergehen. Dieser lange Zeithorizont hat ihn davon überzeugt, dass er zugunsten einer besseren Rendite durchaus in einen etwas riskanteren 1e-Plan mit mehr Aktien investieren kann.
Dieser Artikel erschien erstmals am 10. Oktober 2024 im Special Unternehmensversicherungen der Handelszeitung.